THE INTERSPHERE sind zurück! Angefangen hat die Band an der Popakademie Baden-Württemberg, mittlerweile haben sich die vier Mitglieder zu Profimusikern entwickelt. Doch parallel haben sie stets am gemeinsamen Projekt festgehalten, das bisher nur einen Besetzungswechsel verschmerzen musste. Davon leben können sie jedoch nicht. Vielleicht ist auch das der Grund dafür, warum so viel Herzblut in dieses Projekt fließt, wie Christoph im Mannheimer Dialekt freudig erzählt.
Wir können selbst entscheiden, welchen Weg wir gehen wollen.“ Dadurch kann das Quartett uneingeschränkt an neuer Musik arbeiten. So können aber auch schnell mal vier Jahre ins Land gehen, wie nach „Relations In The Unseen“, bis der Nachfolger „The Grand Delusion“ das Licht der Welt erblickt.
Das letzte Album erschien 2014 und war Grundlage für zwei Jahre exzessives Touren. 2016 jedoch wurde es ruhig um die Band. Man traf sich gelegentlich zum Proben und um zu quatschen. In diesen vier Jahren ist jedoch einiges geschehen. Besetzungswechsel, Familiengründung, die fortschreitende Digitalisierung des Musikmarktes und der generelle Musikkonsum – all das hatte Einfluss auf „The Grand Delusion“. Zweifel kamen auf und es gab Überlegungen, die Band möglicherweise aufzulösen. Die Frage nach dem Sinn beantwortete sich für die einzelnen Bandmitglieder jedoch schnell. Mit einem Label im Rücken, einer bereits aufgebauten Reputation und Fanbase sowie der Liebe zur Musik stand es außer Frage, den nächsten Schritt zu gehen. Und so entschied man sich Anfang 2018 dazu, ein neues, viertes Album zu schreiben.
Die Entstehung von „The Grand Delusion“ unterschied von ihren anderen Alben dahingehend, dass die Band nun wie zuletzt bei ihrem Debütalbum wieder gemeinsam an den Songs gearbeitet hat. „Wir haben uns in den Proberaum gehockt und gejammt“, erinnert sich Christoph, „außerdem haben wir ein Studio gebucht, also hatten wir den Druck, mit dem Material zu einem bestimmten Termin fertig zu werden.“ Dies war für THE INTERSPHERE gänzlich ungewohnt. Das führte sogar dazu, dass Christoph einen Text noch kurz vor der Aufnahme im Studio zu Ende bringen musste. Doch aus anfänglichen Zweifeln wurde Selbstbewusstsein und aus Liedfragmenten wurden Songs. Eine bereits gebuchte Releasetour erhöhte den Druck zusätzlich und so waren THE INTERSPHERE in Zugzwang.
Bei „The Grand Delusion“ wagte man personell keine Experimente. Daher arbeiteten die Musiker erneut mit der selben Studiobesetzung zusammen wie bereits bei „Relations In The Unseen“. Der Grund dafür ist so simpel wie genial, schmunzelt Christoph: „Wir wussten ja, dass die Leute einen geilen Job machen.“ Mit dieser Sicherheit im Rücken konnte man sich vollends auf das Schreiben der Musik konzentrieren. Dabei entstanden die Songs fast ausnahmslos in Probesessions vor dem Studioaufenthalt. Einzig „Secret place“, die erste Singleauskopplung des neuen Albums, existiert schon seit knapp drei Jahren, merkt Christoph an.
Im Genre der progressiven Rockmusik ist es heutzutage schwierig, gar unmöglich, Grenzen zu ziehen. Meist ist es nur der Sound, der eine Divergenz kreiert. Stellen wir uns also vor, „The Grand Delusion“ hätte einen härteren, verzerrteren Gitarrensound und ein paar dezent platzierte Shouts, man würde THE INTERSPHERE zweifelsohne als Progressive-Metal-Band bezeichnen können. Abstrakte Taktarten, progressive Windungen, eine gesunde Portion Catchiness und virtuoses Instrumentenspiel – all das haben THE INTERSPHERE auf „The Grand Delusion“ zu bieten und wirken auch in ihrem Sound viel bissiger und aggressiver als bisher. Eine Entwicklung, die laut Christoph aus reiner Lust entstanden ist: „Wir hatten einfach Bock, mal wieder draufzuhauen.“ Die Idee, härter zu werden und mit Progressive Metal assoziiert zu werden, findet der Sänger allerdings weniger interessant. „Ich habe früher gerne ab und zu mal Metal gehört, aber eher die Schweden-Death-Schiene, Sachen wie AT THE GATES. Manchmal höre ich das noch, aber das ist nichts, was ich mit THE INTERSPHERE versuchen würde.“
Das Songwriting der Band geschieht immer auf Basis einer Vokalmelodie, wie Christoph erläutert: „Wir haben zuerst eine Gesangsstimme und bauen das Musikalische darauf auf.“ Oft wird zunächst in einer Fantasiesprache gesungen, um diverse phonetische Elemente herauszukitzeln und sich nicht direkt auf einen Text festlegen zu müssen. Doch speziell bei diesem neuen Album fällt auf, dass der Gesang einen besonderen Fokus hat und viel stärker geworden ist. Christoph scherzt: „Jeder, dem ich das neue Zeug vorgespielt habe, sagt das, haha. Weißt du, als wir mit der Band angefangen haben, hatten wir ursprünglich eine Sängerin. Ich habe dann notgedrungen mit dem Singen angefangen und es wurde wohl mit der Zeit immer besser.“
So wurde auch das Songwriting der Mannheimer immer stärker, ist jedoch auf dem letzten Album etwas in die poppigere Ecke gedriftet. THE INTERSPHERE drücken sich mit englischen Texten zwar auf international verständliche Weise aus, dennoch sind sie außerhalb Deutschlands noch weitestgehend unbekannt. Mit „The Grand Delusion“ soll sich das jetzt ändern. Es ist eines ihrer großen Ziele, auch im Ausland ihr Publikum zu finden. „Ich bin mir sicher, dass es da draußen jede Menge Menschen gibt, die unsere Musik potenziell geil finden. Jetzt ist es an uns, diese Leute zu finden und zu erreichen.“ Dank neuer Medien, Streamingdiensten und der Aufgeschlossenheit der internationalen „Prog-Szene“ wird das für THE INTERSPHERE einfacher sein als je zuvor.
Auch wenn in den letzten vier Jahren innerhalb des Musikmarkts, innerhalb der Band sowie im Leben der einzelnen Musiker viel passiert ist, scheint es doch, als hätte es diese Zeit gebraucht. Eine Zeit, die THE INTERSPHERE den Reifeprozess ermöglichte und „The Grand Delusion“ zu einem so starken und überzeugenden Produkt machte. Wie ein guter Wein, der nicht nur reifen, sondern auch atmen möchte, bevor er genossen werden kann.
© by Fuze - Ausgabe #73 Dezember/Januar 2018 und Rodney Fuchs
© by Fuze - Ausgabe #100 Juni/Juli 2023 und Dennis Müller
© by Fuze - Ausgabe #73 Dezember/Januar 2018 und Rodney Fuchs
© by Fuze - Ausgabe #100 Juni/Juli 2023 und Sebastian Koll