INTER ARMA

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Gut oder schlecht?

Das Quintett aus Richmond, Virginia präsentiert sich dissonant und unbequem. INTER ARMA sind sowohl Nische als auch ein Extrem-Act mit dem Potenzial einer Gateway-Band. Das ist kein Widerspruch. „New Heaven“ bietet verstörende Extremkost und skurrilen Psychedelic Rock, aber auch organisch-schwere Dunkelheit.

Was die Band anbelangt, steht unsere Motivation niemals infrage“, gibt Schlagzeuger TJ Childers zurück. „Zur Hintergrundgeschichte des neuen Albums sollte man wissen, dass wir in der Corona-Zeit bis zum August 2020 nicht mehr geprobt haben. Seit der Gründung der Band hat es keine solch lange Pause gegeben. Pünktlich zur ersten Probe ist dann unser Bassist ausgestiegen. Ersatz haben wir schnell gefunden, aber nach circa anderthalb Jahren hat er uns wieder verlassen. Es folgte eine Phase ohne Bassisten, bis schließlich Joel kam. Dieses Personalproblem hat uns mehr aufgehalten als die Pandemie. Weil die Motivation bei uns immer stimmt, machen wir uns um unsere Zukunft keine großen Sorgen. Wir wissen, dass es stets weitergeht. Sobald wir wieder proben und auftreten konnten, haben wir alles daran gesetzt, wieder in unseren Rhythmus zu kommen.“ Im Fall von TJ umfasst das schon eine lange Zeitspanne: „Mit dem Schlagzeugspielen habe ich im Alter von drei Jahren angefangen. Mit fünf habe ich mein erstes Konzert gespielt. Mein Dad hatte eine Coverband, mit der ich aufgetreten bin. Mein erster Auftritt überhaupt war auf einer Rollschuhbahn. Da habe ich noch spontan ausgeholfen. Als ich dann offiziell Teil der Band wurde, haben wir auf der Hochzeit eines Freunds gespielt – klassischen Rock und Sachen von AC/DC und LED ZEPPELIN, aber auch frühen Heavy Metal-Gruppen wie JUDAS PRIEST und UFO.“

Wer das weiß, findet vielleicht leichter Zugang zum Klangkosmos der Gruppe: „Technisch gesehen sind wir eine Heavy-Metal-Band“, ist der Musiker überzeugt. „In unseren Songs finden sich Anklänge an die ganzen klassischen Metal-Alben, die ich und alle anderen in der Band gerne hören. Unsere Platten integrieren Einflüsse von allem, womit wir aufgewachsen sind und was wir mögen. Diesbezüglich sind wird nicht anders als viele andere. Unsere Songs sind breit angelegt. Es gibt Rock’n’Roll-Nummern, die an LED ZEPPELIN erinnern, akustische Passagen, brachial-düstere Tracks und vieles mehr. Das zeichnet wirklich gute Platten für mich aus: Diversität. Wir legen es nicht bewusst darauf an, stilistisch vielseitig aufzuspielen. Als wir begannen, Songs zu schreiben, kam das einfach aus uns heraus. Das eine Stück fiel psychedelisch aus, das nächste akustisch und das dritte reichte stark in den Death Metal hinein. Es geht uns allein um die Frage, ob etwas gut oder schlecht ist. Das ist der einzige Gradmesser. Prinzipiell streben wir danach, den bestmöglichen Song zu schreiben – unabhängig von der Frage, in welchem Genre er stilistisch anzusiedeln ist. Uns ist jedes musikalische Subgenre willkommen, denn so bleiben die Dinge interessant. Wie sind keine zweiten AC/DC. Für das, was sie tun und repräsentieren, liebe ich sie. Als Künstler strebe ich aber nach etwas anderem. Wir brauchen und lieben die Abwechslung.“ Ob das Quintett seine Hörer damit überfordert, interessiert den Songwriter nicht: „So lange die Leute überhaupt auf uns reagieren, bin ich zufrieden“, so TJ. „In jeder Kunstform geht es darum, Emotionen hervorzukitzeln. Was die Hörer empfinden, kann ich nicht beeinflussen und will ich nicht vorgeben. Selbst wenn jemand sagt, dass er nichts mit uns anfangen kann, ist alles gut. Mit negativen Rückmeldungen kann ich umgehen. Das Titelstück der neuen Platte haben wir bewusst misstönend angelegt. Unsere Intention ist es, die Leute zu einer Meinungsäußerung zu bewegen. So bewusst wie bei diesem Track tun wir das zumeist aber nicht.“

Auf Nachfrage bestätigt der Schlagzeuger, dass die Gruppe eher intuitiv als planvoll agiert: „Alles startet mit einer Idee, auf die wir uns festlegen. Wir versuchen, sie auszuarbeiten und herauszufinden, wohin sie uns führt. Um das zu erreichen, ergründen wir unsere Emotionen und folgen ihnen. Uns geht es darum, Stimmungen und Gefühle mittels Musik festzuhalten. Nicht darum, Empörung vorzugaukeln oder Brutalität um der Brutalität Willen umzusetzen. Daran ist per se nichts falsch und ich schätze viele Bands, die genau das tun. Doch bei INTER ARMA stehen die Atmosphäre und Stimmungen im Mittelpunkt unseres Interesses. Die Güte jedes einzelnen Songs ist das Wichtigste überhaupt. Stimmt das Songwriting nicht, ist alles andere egal. Warum sollte man ein Stück dann überhaupt hören? Es braucht Riffs oder Gesangslinien, die dazu motivieren, um sie herum einen Songs zu bauen. Erinnerbarkeit ist ebenfalls wichtig. BLACK SABBATH haben bei ,Iron man‘ ein sehr einfaches Riffs genutzt, doch jeder kennt es. Selbst Menschen, die keinen Metal hören. Nach so etwas streben wir.“ Der US-Fünfer wandelt zudem auf den Spuren einer weiteren Legende: „Hört man eine Band, die auf einem eigenen Weg unterwegs ist, nimmt man sowohl all ihre Einflüsse als auch ihre eigenen Gedanken und Ideen wahr“, weiß TJ. „Denke nur an ‚Sgt. Pepper’s Lonely Hearts Club Band‘ von THE BEATLES. Auf diesem Album gibt es einen Ragtime-Song und ein Zirkus-Stück, aber auch Rock’n’Roll, Britpop und Psychedelic. Man hört all diese Dinge und noch viel mehr, was die musikalische Herkunft der Band bestimmt. Und erst dann kommt die eigene Note hinzu. Wir befinden uns ebenfalls in der komfortablen Lage, das tun zu können, wonach uns der Sinn steht. Ein gutes Beispiel dafür ist ,Gardens in the dark‘. Dieses Stück ist Ausdruck meiner Wertschätzung für NINE INCH NAILS, die ich schon mein ganzes Leben lang verehre. Einen solchen Song wollte ich schon lange umsetzen. Er spiegelt unsere Sicht auf die Industrial-Sparte wider, passt aber dennoch gut zu uns. ‚Sulphur English‘ war ein trostloses, drückendes Album. Wir standen vor der Entscheidung, diesen Weg fortzusetzen oder den Fokus des Songwriting zu verändern. Mit ‚New Heaven‘ haben wir uns für letzteres entschieden.“