Seit 1994 veröffentlicht der Kalifornier Louis Posen auf seinem Label Punkrock-Platten. Angefangen hat es mit heutigen Klassikern wie GUTTERMOUTH oder DILLINGER FOUR, später waren es Alben von ALL TIME LOW, THE WONDER YEARS, NECK DEEP und vielen anderen.
Louis, warum ist es für dich immer noch wichtig, als unabhängiges Label zu agieren? Es scheint, als gäbe es immer weniger echte Indielabels und immer mehr werden von der großen Macht der Majors aufgesaugt.
Vielleicht liegen wir da falsch, aber wir haben das Gefühl, dass uns die Unabhängigkeit die Kontrolle und die Flexibilität gibt, das zu tun, was wir wollen, und das ist gut so. Wir wollen so lange mit Bands zusammenarbeiten, wie wir wollen, und das Marketing machen, das wir wollen, und nicht eine große Firma über uns zu haben, die uns vorschreibt, was wir zu tun haben, zum Beispiel wenn wir nicht so viel Geldverdienen mit einer Band, dass wir sie fallen lassen müssen oder dass es heißt, ich soll Leute entlassen. Wir wollen unser Schicksal selbst in der Hand behalten. Teil unseres Punkrock-Ethos ist, dass wir es auf unsere Art machen wollen, so wie wir es schon seit dreißig Jahren tun. Es ist nicht wirklich aufregend, in einem größeren Unternehmen zu arbeiten. Man bekommt vielleicht kurzfristig ein paar Dollar mehr oder man hat größere Marketingmöglichkeiten, was sich im Moment gut anfühlt, aber ich weiß nicht, wenn man sich diese Plattenfirmen ansieht die gekauft wurden, ist der Höhenflug nach drei oder fünf Jahren vorbei, in der Zeit wird die ganze Kultur aus de Label herausgezogen, das Herz und die Seele, die es zu einem einzigartigen Ort für die Entwicklung eines Künstlers machen, und das ist einfach nicht unser Ding. Wir haben Spaß an der Sache. Warum sollte der Spaß aufhören?
Es ist so ein harter und zeitraubender Job. Wenn man also den Spaß nimmt, wenn man bis spät in die Nacht arbeiten muss, was bleibt dann noch übrig? Man bleibt bei einem Job, der Überstunden bedeutet und keinen Spaß macht.
Genau, dann könntest du genauso gut bei McDonald’s arbeiten.
Damals hast du dir zur Gründung des Labels Rat von Fat Wreck Chords geholt.
Er ist der Grund, warum ich mit Hopeless angefangen habe, als ich 1992 das NOFX-Video gemacht habe. Und wir haben eine Freundschaft entwickelt, weißt du, es hat sich wirklich gezeigt, dass wir gut zusammenpassen.
Ich glaube, ich habe sogar noch irgendwo in meiner Plattensammlung etwas von früher aufbewahrt, es ist die „Cinema Beer Goggles“-Compilation mit der Sonderverpackung.
Total gut, ja. „Cinema Beer-té“ war sozusagen die erste Punkrock-Videocompilation, die jemals herauskam, da war dieses NOFX-Video „Bob“ drauf und noch ein paar andere, das war sozusagen der Anfang eines Vertriebskanals für Punkvideos. Das hat einen großen Anteil daran, dass wir das Label gegründet haben. Und ja, diese verrückten Verpackungen, was mit den „Beer Nuts“ anfing, aber dann haben wir begonnen, uns mit der „Hopelessly Devoted To You“-Reihe zu beschäftigen. Ja, wir haben probiert, sie etwas herausstechen zu lassen, weißt du?
Ich erinnere mich tatsächlich, dass ich diese erste Videokompilation auf VHS habe. Ich habe sie damals gekauft und konnte sie nicht abspielen, weil es eine NTSC-Version war und die hat auf meinem europäischen Videorecorder nicht funktioniert. Ich habe sie bis heute nicht gesehen.
Wir haben auch unser eigenes Fanzine herausgegeben, um den Jahrestag zu feiern, zusammen mit einer Ausstellung, die erst durch die Vereinigten Staaten gewandert ist und jetzt im Funk Rock Museum in Las Vegas zu sehen ist. Davor war sie in der Rock and Roll Hall of Fame in Cleveland, in New York auf der Indie Week, und für eine Weile in L.A. in einer Galerie. Wir wollten also ein Fanzine als Begleitheft haben, weil Fanzines so wichtig waren für die Entwicklung von Hopeless. Ich meine, wenn das Maximum Rocknroll oder das Ox nicht gewesen wären, würde es auch Hopeless so nicht geben, also wollten wir auch das feiern.
Wie wichtig war Europa in den letzten paar Jahrzehnten für dich? Ich erinnere mich, dass ich damals wirklich überrascht war, als ich herausfand, dass einige Labels im Großraum Los Angeles mehr Platten verkaufen konnten als in ganz Europa. Aber inwieweit hat sich das geändert?
Ja, in den Anfängen, also in den 1990er und frühen 2000er Jahren, waren etwa 30% unserer Verkäufe, wenn man es so nennen will, international. Jetzt sind es etwa 45%. Es ist also fast fifty-fifty zwischen den USA und dem Rest der Welt. Unser zweitgrößter Markt ist das Vereinigte Königreich. Ich meine, die englischsprachigen Märkte wie Australien und Kanada sind groß für uns, aber Deutschland ist unser nächst größter Markt nach diesen. Und dann verteilt es sich interessanterweise sehr eng zwischen Ländern wie Frankreich, Holland, Indonesien und Japan. Das sind alles sehr ähnlich große Märkte für uns. Europa und das Vereinigte Königreich machen ungefähr das gleiche Geschäft aus, wenn man Europa als Ganzes betrachtet. Zum Teil liegt es sicher an der Sprache und zum Teil an der Kultur. Ich meine, Europa besteht aus so vielen verschiedenen Kulturen, dass es in Spanien ganz anders sein kann als in Deutschland. ALL TIME LOW wurden in Großbritannien groß, bevor sie in den USA groß wurden. Es war irgendwie zur gleichen Zeit, aber sie wurden in den USA erst zehn Jahre später im Radio gespielt. Bei der BBC waren sie eine ganze Weile lang in der A-Liste. Im Vereinigten Königreich wurden sie also eher auf dem Niveau von FALL OUT BOY oder PARAMORE gehandelt. Und das war ungefähr die Zeit, als Hopeless zu einem größeren und internationaleren Label wurde. Das hat also wirklich den Grundstein gelegt. Dann haben wir angefangen, einige britische Künstler unter Vertrag zu nehmen, besonders NECK DEEP, die ziemlich groß geworden sind. Sie sind auch in Europa recht erfolgreich, aber das Vereinigte Königreich ist ihr Heimatland und zumindest ihr größter Live-Markt. Das britische Publikum mag diese Bands wirklich, wohingegen andere Märkte durchwachsener sind. Manchmal sind sie auch einfach schneller. Sie haben sich zuerst im UK etabliert. Wir brauchen ein bisschen mehr Zeit, damit sie auch hier in den USA die Aufmerksamkeit bekommen, die sie dort haben, aber ich denke, NECK DEEP werden hier das gleiche Niveau erreichen, das sie im Vereinigten Königreich und in vielen europäischen Staaten haben.
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #37 IV 1999 und
© by Fuze - Ausgabe #109 Dezember 2024 /Januar 2025 2024 und Dennis Müller