HOLY KINGS

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Klischeefreie (Street)Punkverräte

Was passiert in Regensburg eigentlich, wenn Pete Doherty mal nicht in Plattenläden einbricht, um Gitarren zu stehlen? Nun, die Punkrock-Szene der bayerischen Domstadt ist ganz lebhaft: es werden regelmäßig gute, mal kleinere, mal größere Shows in unterschiedlichsten Locations organisiert, und immer wieder formieren sich hier wirklich interessante, eigenständige Bands. Eine der derzeit wohl aktivsten sind THE HOLY KINGS – seit 2006 bestehend aus Schtifn (Gesang, Gitarre), Andi (Gitarre), Dede (Bass) und Dennis (Schlagzeug) –, die dieses Jahr bereits mit ihrem Album „Freakshow“ und einer Split-7‘‘ Aufmerksamkeit auf sich ziehen konnten. Höchste Zeit, die Band der Ox-Leserschaft einmal vorzustellen.

Vor kurzem erschien eure Split-7“ mit WHITE FLAG. Wie kam es dazu?

Ein guter Freund von uns steht schon seit längerem in Kontakt mit Pat Fear und hat uns ins Spiel gebracht, als WHITE FLAG eine Band aus Deutschland für einen Split-Release suchten. Natürlich fühlten wir uns gleich geehrt, waren aber ehrlich gesagt auch etwas unsicher, ob das tatsächlich zustande kommt, zumal das erst unser zweites Release ist – und das gleich mit einer Band aus L.A., die sich zehn Jahre vor unserer Geburt gegründet hat. Deswegen konnten wir es dann kaum glauben, als wir die Platte in der Hand hielten, zumal mit dem schönen Artwork von Raymond Pettibon.

Die Songs für die Split-7“ und das Album habt ihr bei Benedikt Hain/Down the Drain aufgenommen.

Ein großartiger Mann mit einem super D.I.Y.-Label und ein absoluter Meister seines Fachs. Wir empfinden die Arbeit mit ihm immer als sehr familiär, was auch daran liegt, dass unser Gitarrist Andi mit Benedikt schon bei DRIVING THE SALT gespielt hat. Während der letzten Aufnahmen bei ihm ergab sich dann auch mehr oder weniger naturgemäß das Vorhaben, die Split-7“ dann auch über sein Label rauszubringen.

Wie kam es zum Gastauftritt von Annie von OLD MAN MARKLEY?

Wir haben Johnny und Joey, OMM/YOUTH BRIGADE, auf einer gemeinsamen Show mit YOUTH BRIGADE kennen gelernt. Das war so zu der Zeit, als OLD MAN MARKLEY bei Fat Wreck ihr erstes Album rausgebracht haben, deswegen kamen die letztes Jahr dann auch nach Deutschland. Zufällig waren wir dann zusammen Support bei einem DEAR LANDLORD-Konzert und haben da die ganze Band und eben auch Annie kennen gelernt. Unglaublich, wie sympathisch OLD MAN MARKLEY allesamt sind! Aus der neuen Bekanntschaft entstand schon bald unser fester Wunsch, Annies Goldkehlchen auf unserem nächsten Release zu haben. Annie fand das spitze, wir freuten uns alle wie kleine Löwen und das Ergebnis ist traumhaft schön.

Euer Sound hat sich über die Zeit ja doch ein wenig vom Streetpunk entfernt – wollt ihr euch von diesem Etikett lösen und wohin soll es in Zukunft gehen?

„Lösen“ ist vielleicht übertrieben, aber natürlich hat jeder von uns in den letzten Jahren neue Bands lieb gewonnen und lässt sich davon auch beeinflussen. Mit Anfang 20 verliert eben manches seinen Reiz, was man mit 15 noch total abgefeiert hat. Unser Sänger Schtifn ist auch ein wenig vom Tim-Armstrong-Gegröle-Trip runtergekommen, haha. Auf unseren nächsten Veröffentlichungen wird es wohl soundmäßig so weitergehen wie auf der Split-7“. Das heißt: Es ist nicht gleich Punkverrat, den Rotz auch mal zurück zu schrauben, wenn Platz für nachdenklichere und melodischere Töne sein soll.

Welches Klischee sollte im Genre Streetpunk unbedingt umschifft werden?

Wir sehen uns nicht in der Position, bestimmte Bands oder Leute wegen ihres Auftretens zu kritisieren. Allerdings ist das Genre unserer Meinung nach anfällig für den Zwang, bestimmte Image-Vorgaben zu erfüllen, wodurch die Musik leider oft in den Hintergrund gerät. Wir finden wir fahren gut damit, wenn wir auf Bad-Boy-Image und Macho-Attitüden weitestgehend verzichten. Freilich müssen wir uns in Sachen Posertum da auch selber ans Schnäuzchen fassen, wenn man sich unser erstes Video anschaut, haha.

Auf dem Bandfoto der Split kokettiert ihr so ein bisschen mit Homosexualität, fasst euch gegenseitig in den Schritt und so weiter. Worum geht es euch dabei?

Wir sind schon öfter darauf angesprochen worden, ob wir schwul seien, wenn wir gerade beim Rummachen im Backstage erwischt wurden. Sind wir zwar nicht, aber ab und zu überkommt uns die Zuneigung zueinander. Interessant ist es dann, schockierten Gesichtern zu begegnen, die das alles ziemlich ekelhaft finden. Da merkt man einfach, dass selbst im Jahr 2012 das Thema Homosexualität gemischte Gefühle verursacht, à la „Toleranz ja, aber macht das doch bitte nicht in meiner Gegenwart“. Schade, dass solche Reaktionen auch im „alternativen“ Punkrock-Umfeld nicht selten sind, was uns zeigt, wie wenig ernst man es teilweise mit der Sensibilität gegenüber Homophobie meint. Das Kokettieren, das du ansprichst, hat also hoffentlich den Nebeneffekt, die entsprechenden Leute ein bisschen von ihrer etwas verqueren Vorstellung von Akzeptanz wegzubringen. In erster Linie sind wir aber nicht Moralapostel, sondern etwas intimere beste Freunde, haha.