HIVES

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Musik, Image, Majordeal

Die HIVES sind eine der Bands, die mich 2004 überraschten. Mit ihrem jüngsten Album „Tyrannosaurus Hives“ lieferten sie ihr Debüt für Universal ab. Der Hype, der aber vor Veröffentlichung des Albums um die Band gemacht wurde, wirkte eher unbegründet. Denn die erste Single „Walk idiot walk“ war okay, von den HIVES und ihren früheren Alben, etwa „Veni Vidi Vicious“, war man aber besseres gewöhnt. Der Pfiff und die straighte Energie, welche Songs wie „A.k.a. idiot“ ausgezeichnet hatten, fehlten dem Song. Dann bekam ich aber „Tyrannosaurus Hives“ in voller Länge zu hören und war begeistert.

Das Album hält sehr viel mehr, als die Single verspricht. Die Songs sind hektisch, energisch, straight und fast alle sehr gut. Die dünnen Gitarren treffen auf gradliniges Hämmern, Rhythmus-Sektion und Howlin’ Pelle Almqvist steuert einen nervösen, sehr guten Gesang bei. Tja, ich hatte mich in der Band getäuscht und stehe nun mit der Erkenntnis da, dass die HIVES mit ihrem Majordebüt ein Album gemacht haben, das überraschend hart ist und wenige Kompromisse macht. Damit aber nicht genug, neben straighten Songs finden sich mit „Diabolic scheme“ ein balladesker Song und mit „Love in plaster“ eine New-Wave-Spielerei auf dem Album. Beides hätte man von den HIVES nicht unbedingt erwartet. In England sind die fünf Schweden längst eine feste Größe und angesichts der Tatsache, dass „Walk idiot walk“ auch auf dem Festland die Musikkanäle rauf und runter lief und dass die Band ein gehöriges Medienecho auf „Tyrannosaurus Hives“ erhielt, war es kein Wunder, dass die HIVES auf ihrer im Herbst absolvierten Tour hierzulande Hallen größerer Machart füllten. Spätestens seit der Tour steht fest, dass die HIVES-Mania auch hier angekommen ist, und dass die HIVES nicht mehr nur eine Szene-Band sind, sondern auch dem Studenten von nebenan und seinem Papa gefallen.


„Die Tour lief wirklich gut, was uns sehr glücklich macht“, hustet HIVES-Bassist Dr. Matt Destruction.

„Sorry, ich habe mich erkältet, lass dich nicht stören, falls ich zwischendurch ein paar Hustenanfälle habe.“

In den ersten Minuten des Interviews wird deutlich, dass der schnauzbärtige Schwede nicht das Image eines redefaulen Interviewpartners bestätigt – ein Ruf, der den HIVES vorauseilt –, denn Mr. Destruction ist weder einsilbig noch wortkarg. Aber auch er hat gehöriges Selbstbewusstsein, ganz getreu dem Ruf der Band, ist dabei aber nicht zu großmäulig oder unangenehm. Vielmehr wahrt der Herr das sympathische Augenzwinkern, etwa bei Aussagen wie: „Na ja, wir sind eben Genies“.

Gerne redet er über das neue Album seiner Band, das, einmal mehr, aus der Feder von Randy Fitzsimmons, der grauen Eminenz hinter den HIVES, stammt.

„Du findest die Platte gut? Cool. ‚Tyrannosaurus Hives‘ bedeutete für uns, viele Dinge neu zu machen. Einerseits sind wir auf einem neuen Label und andererseits haben wir uns mit dem Schreiben der Platte sehr viel Zeit gelassen. Wir haben uns nicht dazu gezwungen, Songs auf Teufel komm raus fertig zu bekommen. Für ein paar Monate sind wir von der Bildfläche verschwunden und haben verfolgt, was über uns gesagt oder geschrieben wurde. So konnten wir in Ruhe an ‚Tyrannosaurus Hives‘ arbeiten und einige neue Dinge ausprobieren, zum Beispiel Synthesizer- und Computer-Einsätze. Es blieb aber beim Ausprobieren, fast alle Songs sind live aufgenommen.“

Diese raue Live-Energie hört man dem Album an. Wenig Experimente, sondern trockene, auf den Punkt gespielte Songs, die wenig Fragen offen lassen, charakterisieren das 30-minütige Werk.

„Wir haben allen unnötigen Ballast abgeworfen. Hey, wir könnten einen Popsong machen und er wäre immer noch großartig. Wir wollen es aber nicht. Es gab einige Songs, die drohten, zu poppig zu werden. Sie wurden gekürzt und gestrafft, so dass wir alles, was die Energie der Platte bremsen würde, los wurden. Es gab ja dieses Gerücht, dass Universal unser Album nicht akzeptiert hätte, und dass sie uns zurück ins Studio schickten, um das Album zu ändern. Gelogen! Wir lassen uns in nichts reinreden, wir haben volle kreative Kontrolle, sonst wären wir nicht THE HIVES.“

Seit Jahr und Tag macht die Band ein Geheimnis um Randy Fitzsimmons. Wie gesagt schrieb der Herr „Tyrannosaurus Hives“ sowie alle anderen HIVES-Alben. Darüber hinaus steht er wie ein Schirmherr hinter der Band, ist für das Image, den Kleidungs- und Musikstil der HIVES verantwortlich und lenkt die Geschicke der Band. Auf dem Backcover von „Tyrannosaurus Hives“ finden sich somit sechs Beinpaare, fünf von den HIVES und eines von Randy Fitzsimmons. Wer der Herr aber ist, weiß man nicht, und gesehen haben ihn wohl nur die HIVES. In Interviews lässt die Band den Leser und Interviewer über Mr. Fitzsimmons genüsslich im Unklaren. Wenn man darüber nachdenkt, wirkt dies fast wie Effekthascherei und die HIVES wie Marionetten eines mysteriös gemachten Mr. X. Und kaum überraschend ist, dass Dr. Matt Destruction bei diesem Thema einsilbig wird: „Randy Fitzsimmons und wir entwickeln unsere Songs gemeinsam. Wir tauschen unsere Ideen aus und dadurch entstehen die Stücke. Es ist also nicht so, dass wir strikt das befolgen, was er sagt.“

Und ganz gleich, wie man versucht nachzuhaken, mehr ist dem Guten nicht zu entlocken. Tja, ist es am Ende doch nur eine selbstgestrickte Legende ...?
Auch darüber, ob einzelne Songs Personen der Weltpolitik gewidmet sind, schweigt der Herr sich aus. Ehrlich gesagt, hätte es aber auch überrascht, wenn der Gute ohne Umschweife bestätigt hätte, dass „Walk idiot walk“ George Bush Junior gewidmet ist, wie ein Gerücht besagt.


„Ich finde, es gehört zu unserem Image, dass wir nicht alle Fragen klar beantworten. Somit entsteht ein kleines Mysterium. Dazu kommen ein bisschen Ironie, ein bisschen Augenzwinkern und ein paar Tatsachen, z.B. dass wir Genies sind. Das alles macht unser cooles Image aus und uns unverwechselbar. Interpretier das aber bloß nicht falsch. Nur weil unser Image wie ein Konzept wirkt, heißt das nicht, dass wir die Musik nicht ernst nehmen. Die Musik ist wichtiger als das Image und wir knien uns wirklich rein, gute Songs zu schreiben. Letztlich ist das der Grund, warum es mit ‚Tyrannosaurus Hives‘ so lange gedauert hat.“

Womit sich der Herr wieder im Redefluss befindet. Sell-out-Vorwürfe lassen ihn kalt und auf dem neuen Label fühlt er sich wohl. Denn hier tut man ihm zufolge alles für die Band, was man von einem Label erwartet. Nur ist die Labelheimat der Band ein minder ruhmreiches Kapitel der HIVES. Nach zwei Platten für Burning Heart verließen sie das schwedische Label und setzen ihre fünf Namen unter einen Vertrag mit Universal. Wohl ungeachtet dessen, dass noch ein Album für Burning Heart ausstand. Was folgte, war das Release der „Your New Favorite Band“-Compilation der HIVES auf Burning Heart und der Wechsel der HIVES zu Universal.

„Hm, viel kann ich dazu nicht sagen. Nur soviel, dass einiges schief gelaufen ist und dass der Prozess noch läuft.“

Mittlerweile scheint sich die Situation zu beruhigen und Burning Heart und die HIVES nähern sich einander wieder an. Gut so, aber die feine englische Art ist es nicht, zu einem anderen Label zu wechseln, wenn ein Vertrag noch nicht erfüllt ist. Ob der Wechsel zu Universal ihnen gut getan hat? Wir werden sehen, einen Auftritt bei den „MTV Europe Music Awards“ gab es jedenfalls schon. Quo vadis HIVES?