HAWAIIANS

Foto© by Band

Tourtagebuch Südamerika März 2024

14.03.24 Morgens um fünf landen Paul, Hank und ich, Beppo, plus Labelboss Mike in São Paulo, Brasilien. In Empfang genommen werden wir von unserem argentinischen Promoter Leandro González, der mit der Band LEANDRO EN SOLITARIO auch mehrfach den Support übernehmen wird. Mit dem Uber geht es in ein Hotel, wo alle noch mal etwas schlafen, um sich von der 19-stündigen Anreise zu erholen, dann direkt ab zu den Red Star Studios, wo der Tourauftakt stattfinden wird. Der Saal ist gut gefüllt und wir werden von Leuten angesprochen, die 400 Kilometer zurückgelegt haben, um uns zu sehen. Wir sind erstaunt und gerührt.

Die Show wird von den BUBBLEGUMERS eröffnet, die direkt eine Qualität vorlegen, die uns auf dieser Tour bei ausnahmslos jeder südamerikanischen Band begegnen wird. Mehrstimmig vorgetragener Pop-Punk mit Ohrwurmgarantie. Es folgen ROSA TIGRE, eine witzige Truppe mit ziemlich langen Bärten und vielen Singalongs. Die erste Show von THE HAWAIIANS könnte kaum besser laufen. Die Gäste feiern, tanzen, singen mit und geben uns das Gefühl, lange erwartet worden zu sein. Während wir hinterher mit dem Publikum weiterfeiern und unseren eigenen Cocktail, „Hawaiian Love“, wegbrettern, spielen noch FIBONA77IS und bringen den ganzen Saal zum mitsingen. Ein toller Abend!

15.03.24 Nach nur zwei Stunden Schlaf klingelt der Wecker und es geht wieder zum Flughafen, wir fliegen nach Porto Alegre. Von dort aus geht es im Uber nach Sapucaia do Sul. Hier wird der Abend im Trilha Hub Club von LEANDRO EN SOLITARIO eröffnet. Toller Powerpop mit grandiosen Gesangsharmonien. Es folgen ROOSTER mit melodischem Punkrock, bevor die zweite Live-Show von THE HAWAIIANS auf südamerikanischen Boden startet. Das Publikum feiert und nach der Show stellen sich viele Besucher in eine Reihe auf, um sich mit uns fotografieren zu lassen. Verrückt! Währenddessen wird der Konzertabend von CORPO PRESENTE (einer BAD RELIGION-Coverband) und CHORD ATTACK (einer PENNYWISE-Coverband) abgeschlossen. Verdammt, sind wir müde! Heute Nacht dürfen wir bei Paulinho Tscherniak von FLANDERS 72 schlafen.

16.03.24 Die Nacht hat 31 Grad und dauert anderthalb Stunden, dann fährt der Vater von Paulinho uns zum Flughafen. Es geht erst nach São Paulo zurück und von dort aus weiter nach Argentinien, wo wir mittags in Buenos Aires ankommen. Wir beziehen ein Apartment, das Leandro für den Rest der Woche gemietet hat. Nachmittags geht es zur St. Patrick’s Day Party in die legendäre Strummer Bar. Es geht los mit FRACASO ITALIANO, die lustigerweise ausschließlich italienisch singen, weil der Sänger italienischer Abstammung ist. Danach kommen die sehr jungen BASTARDOS DEL UNDER, die bereits Vorband für GREEN DAY waren. Heute spielen sie vor uns, es geht also steil bergab, haha! Die Show ist top und bevor wir auf die Bühne müssen, werden fleißig Sticker getauscht. Es folgt unser erster Gig auf argentinischem Boden und trotz eines fast in sich zusammenfallenden Schlagzeugpodests und aufgeschlagener Finger bei Drummer Paul können wir absolute Professionalität vortäuschen. Der gut gefüllte Saal tanzt und singt mit. Nach dem Gig wird gefeiert, und während RAISE MY KILT und EN BAJADA auftreten, lernen wir im Minutentakt neue nette Leute kennen. Nur Labelboss Mike macht in irgendeiner Ecke Nickerchen Nummer 37. Gute Nacht!

17.03.24 Heute ist eigentlich ein Day-Off, aber Leandro hat da was organisiert. Nach dem Mittagessen fahren wir zum Studio des TV-Senders Canal 3, wo wir in einer riesigen Redaktion zwischen hunderten von Monitoren ein kurzes Interview geben dürfen. Danach geht es weiter zum Radiosender Trend Topic. Hier dauert das Interview eine halbe Stunde und am Ende spielen wir spontan eine Unplugged-Version von „Fourty feet spider“. Wahnsinn, wie nett die hier alle sind. Dabei sind wir doch nur drei Trottel aus Westerkappeln. Für den Rest des Tages ist Relaxen angesagt. Das ist auch mal schön, wir sind ja schon alt. Hank und Paul fahren jeden Tag unendliche Kilometer mit dem Fahrrad durch die Stadt.

18.03.24 Heute können alle ausschlafen. Mittags machen wir einen Ausflug zum berühmten Cementerio de la Recoleta und laufen staunend zwischen den gruseligen Gruften und Grabstätten herum. Hier könnte man super ein Musikvideo drehen, wenn nur die Touristen nicht wären. Nachmittags freuen wir uns auf ein besonderes Highlight. Man erwartet uns im Studio Montiel, wo im Rahmen der „1234! Sesiones“ zwei Lieder vor laufender Kamera live eingespielt werden. Leandro hat Pizza und Bier besorgt. Während der Aufnahmesession feiern wir mit der extrem netten Sound- und Kameracrew. Die Live-Versionen von „Blitzkrieg rockin’ doll“ und „Be true to your girl“ gibt’s online auf deren Kanal.

20.03.24 In der Casa Colombo in Buenos Aires werden wir heute mit einigen meiner südamerikanischen Lieblingsbands auftreten. Den Anfang macht wieder LEANDRO EN SOLITARIO und wir staunen erneut, wie gut die Gesangsharmonien sind. Es folgen die CARTONES mit perfektem Ramonescore. Zwischendurch taucht Sebastian von den argentinischen Punkrock-Stars EXPULSADOS im Backstage auf und lobt uns in den höchsten Tönen, das geht runter wie Öl. Euphorisch stürmen wir die Bühne und geben alles! Das Publikum feiert und wir feiern mit. Von den danach spielenden REWINDERS können wir uns leider nur die ersten Songs angucken, denn heute Nacht wartet ein zweiter Termin im TV-Studio von Canal 3. Dort wird bei unserer Ankunft bereits alles für ein Interview mit Live-Performance aufgebaut. Gegen zwei Uhr morgens geht es los. Eine halbe Stunde lang sind wir live auf Sendung und dürfen sechs Songs unplugged spielen. Eine Stunde später fallen wir glücklich ins Bett.

21.03.24 Der Tag beginnt mit Sightseeing, alles krass. Nachmittags geht es nach Campana. Das El Patio del Porteñito ist eine Hinterhofkaschemme mit Biergarten und Pizzaverkauf. Auch heute eröffnet wieder Leandro mit seiner Band, der jedes Mal freiwillig als Erstes spielt, um sich danach für den Rest des Abends um uns kümmern zu können. Er ist wie eine Mutter zu uns, ein echter Freund. Wie gestern spielen die CARTONES als zweite Band und der Konzertraum ist gut gefüllt. Beim Umbau merken wir, dass die schlechten Lichtverhältnisse sowie der mit Bier bespritzte, glatte Fliesenboden nicht optimal sind, um eine wilde Rock’n’Roll-Show mit Sonnenbrillen und Känguru-Hopsern zu spielen, aber wir hopsen trotzdem und das Publikum hopst mit! Hinterher rufen alle: „Hawaaaaiians, Hawaaaaiians ...!“ Warum macht so was in Deutschland niemand? Nach uns spielen noch NEUROTICOS und wir stellen erneut fest, dass es in Südamerika ausnahmslos richtig gute Pop-Punk-Bands zu geben scheint.

22.03.24 Heute werden wir zwei Shows spielen. In der Strummer Bar dürfen wir erneut auf die Bühne, denn hier gibt es ab 14 Uhr einen Punk Rock Lunch, zu dem zahlreiche Punkrock-Familien anrücken. Wir eröffnen mit „Pop punk VIP“. Überall zücken Besucher und Personal ihre Handys, um uns zu fotografieren und zu filmen. Nach dem Auftritt fahren wir direkt weiter, denn heute Abend gibt es ein letztes Mal „Hawaiian Fun“ im Salon Pueyrredon. NOFX-Fans kennen diese Location aus der Doku „Backstage Passport“. Der Saal ist für uns eigentlich viel zu groß und die Bühne höher als jede andere, auf der wir jemals standen. Erstaunlicherweise füllt sich der Saal recht schnell und im Publikum sind mehrere Personen, die im Laufe der Woche bereits eine der anderen Shows besucht haben. Leandro beginnt den Abend ein letztes Mal auf dieser Tour und die Stimmung lässt erahnen, dass die letzte Nacht wild wird. Es folgt eine herausragende Show der sehr jungen Band FIEVRE, die modernen Pop-Punk spielen, der auch Freunden des klassischen Punkrock gut gefallen dürfte. Die dritte Band ist die HELLACOPTERS-Coverband TURBOCOOPERS und diese ist nicht nur unglaublich professionell, sondern hat auch zahlreiche Fans im Schlepptau. Schwer vorstellbar, dass sich die Stimmung noch toppen lässt, aber zu unserem Erstaunen geht nach diesem Auftritt noch niemand nach Hause. Während wir hinter einem Vorhang die Backline vorbereiten, füllt sich der Saal sogar noch etwas mehr. Minuten später spielen wir ein letztes Mal genauso wild, wie man eben spielt, wenn man dafür extra um den halben Erdball gereist ist. Nach knapp einer Stunde ist alles vorbei, Leandro vergießt ein paar Tränchen und alle wollen ein Abschiedsbier mit uns trinken. Morgen werden wir müde und erschöpft die Rückreise antreten und uns fragen, ob das alles wirklich passiert ist ...