Mit ihrem aktuellen Album „Rebels Are Back“ haben die fünf HARBOUR REBELS aus Hamburg ein Streetpunk-Album der Sonderklasse hingelegt, das bei mir immer noch in Dauerschleife läuft. Nicht nur vom Sound her ist die Platte ein Knaller, auch ihre klare Haltung spricht für sich. Und mit „Grrrls on stage“ gibt es einen harten Tritt gegen ein veraltetes Frauenbild in der Punk-Szene. Nachdem das letzte Interview schon vier Jahre zurückliegt, ein guter Grund, um mal wieder nachzufragen. Unsere Fragen beantwortete Jule.
Euer erstes Lebenszeichen auf Vinyl war im Jahr 2022 euer Beitrag zum „Sankt Pauli Skinheads 25 Years!“-EP-Sampler. Wie ist es dazu gekommen?
Die St. Pauli Skinheads, wo zwei von uns auch Mitglied sind, haben uns gefragt, ob wir einen Song zu diesem Sampler zu ihrem 25. Geburtstag beisteuern wollen. Wunsch: stumpf und schön. Das können wir, haben wir gedacht. Und das war das Ergebnis.
Mit „Rebels Are Back“ habt ihr letztes Jahr nach „Leinen los“ euer zweites Album veröffentlicht. Ist die LP praktisch eure Coronapauseüberbrückungsplatte?
Nein, nicht wirklich. Die Lieder waren zum Teil schon vorher, direkt nach der EP „On A Journey“, in der Mache. Andere sind während der Corona-Zeit entstanden, was natürlich ein gutes Projekt war, während weniger Konzerte liefen.
Das Album ist in Kooperation mit Fire and Flames und Riot Bike erschienen. Wie ist es dazu gekommen?
Das waren unsere Wunschlabels für eine Zusammenarbeit – das sind richtig gute Leute mit einer richtig guten politischen Haltung. Also haben wir die einfach auf gut Glück angeschrieben und gefragt, ob sie sich eine Zusammenarbeit vorstellen können. Et voilà! Es hat uns mega gefreut, dass das geklappt hat.
In „Die Masken sind gefallen“ beschreibt ihr ja die üble Gemengelage auf den Schwurbel-Demos. Habt ihr selbst damit Erfahrungen gemacht?
Uns hat es gereicht, diese Bilder zu sehen und nicht zu raffen, wie so viele – und selbst vermeintlich linke – Leute fröhlich neben deutlich erkennbaren Reichsfahnen und Ähnlichem mitlaufen können. Und dann auch noch zu behaupten, es gäbe keine Meinungsfreiheit in Deutschland und sie würden sich „wie Sophie Scholl fühlen“. Diese Verharmlosungen der NS-Zeit machen uns wirklich fassungslos und richtig sauer. Und das haben wir mit diesem Song ausgedrückt.
„Geilste Zeit“ beschreibt Punk/Skinhead als Way of Life. Nie erwachsen werden lautet das Motto! Gefühlt seid ihr eine der wenigen Bands, die sich aktuell klar dazu bekennen.
Wir glauben, dass es schon ein paar mehr Bands gibt, die dieses Thema gern mal in einen Song packen, aber da müssten wir jetzt recherchieren. Aber es ist ja nun mal so, du bist Punk oder Skinhead nicht aus Showgründen oder als Hobby, also zumindest nicht nach unserem Verständnis. Das ist einfach ein Lebensgefühl, eine Haltung, ein Way of Life. Das bist du oder eben nicht. Und wir sind das und leben das und finden das alles auch ganz richtig und gut so. Wir singen eigentlich ausschließlich über das, was uns bewegt, also auch gern über unseren persönlichen Way of Life.
Ihr habt eine neue Version von „Gib nicht auf“ von der ersten LP eingespielt. Gab es dafür einen besonderen Grund?
Erstens gefiel er uns in der neuen Version mit etwas mehr Wumms besser, die entstand irgendwann mal im Proberaum. Und dann behandelt er ein für uns sehr wichtiges Thema: Depressionen. Uns wurde von einigen Betroffenen gesagt, dass der Song ihnen Halt und Mut gibt. Und da wollten wir ihn noch mal mitnehmen und ihm noch mal mehr Energie verpassen.
Mit „1312“ gibt es ja nicht nur Offbeat-Klänge, sondern auch ein gutes Statement gegen die Damen und Herren in Blau. Verarbeitet ihr im Text eigene Erfahrungen?
Das sind sowohl die eigenen, die von Freund:innen wie auch ein paar Erdachte. Wir denken, dass der Titel für sich selbst spricht.
Wie oft wollt ihr selber mit dem Oneway-Ticket „Raus aus dem Dreck“. In welchem Kontext habt ihr den Song geschrieben?
Das Gefühl, mal ausbrechen zu wollen aus allen Zwängen und Pflichten, kennt wahrscheinlich jeder Mensch. Der Song entstand bei einem Bandwochenende im Winter 2021 an der Ostsee. Wir waren alle leicht melancholisch aufgrund der anhaltenden Pandemie, waren stundenlang am Jammen und guckten dabei aufs Meer. Dann entstand die Melodie und plötzlich kam der Text innerhalb von 15 Minuten aufs Papier. Damit war auch klar, es wird auch wieder deutsche Texte auf dem neuen Album geben. Für uns drückt dieses Stück unseren Drang nach Freiheit aus.
„Grrrls on the stage“ ist mein Hit des Albums. Was war der Anlass für den Song, bei dem Lisa Dork, Elisa Dixan sowie Rike von FAST SLUTS euch beim Gesang unterstützen? Ist das euer Beitrag zur #PunkToo-Debatte?
Es ist auf jeden Fall ein Beitrag für eine Debatte. FLINTA*-Personen müssen noch immer zu viel sexistische Scheiße erleben, sei es in der eigenen Szene, anderen Szenen oder gesamtgesellschaftlich. Der Antrieb, darüber zu schreiben, war schon lange da. Erst als der Song fertig war, kam die Idee, ganz unterschiedliche Frauen aus der Szene mit an Bord zu holen. Um ihm einfach noch mehr Stimme, Farbe und Diversität zu geben. Und um mit tollen Menschen zusammenzuarbeiten. Uns ist es wichtig, Menschen für Feminismus und Antisexismus zu sensibilisieren. Beides ist für uns zum einen zentraler Bestandteil einer antifaschistischen Haltung, zum anderen können wir nur durch mehr Aufmerksamkeit für das Thema etwas an den bestehenden Verhältnissen verändern.
Ihr habt sowohl englische als auch deutsche Texte. Entscheidet ihr spontan, welche Sprache ihr verwendet?
Ja, absolut. Wir schreiben die Songs immer so, wie sie sich am besten anfühlen und uns am meisten Spaß machen. Spaß hat bei uns immer Prio 1. Danach kommt Bier.
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