Im Sommer 2017 gründete sich in Hamburg die Oi!-Streetpunk-Band HARBOUR REBELS um Sängerin Jule, die sogleich mit ihrer ersten, im DIY-Verfahren hergestellten CD „Leinen los“ bei mir für ein größeres Aufhorchen sorgte. So fand ich es angemessen, die Band zu ihrem Fußball- und St. Pauli Umfeld, rechten Skins und Politikerlügen zu befragen. Sängerin Jule, selbst angetane Ox-Leserin, gab bereitwillig Auskunft.
Jule, HARBOUR REBELS haben sich vor zwei Jahren gegründet. Wie habt ihr zusammengefunden und habt ihr vorher auch schon Musik gemacht?
Auf irgendeinem Konzert im Mai 2017 hatten Dennis, unser Ex-Basser und jetzt zweiter Gitarrist, und ich das erste Mal die Idee, zusammen eine Band zu gründen. Wir spielten beide damals bereits in anderen Bands, hatten aber Bock, etwas gemeinsam aufzuziehen. Gitarrist Benny und Schlagzeuger Chris kannten wir ebenfalls schon seit Jahren, zum Teil auch über die Musik. Wir haben uns dann zu einer ersten Probe getroffen und es hat sofort auch musikalisch gepasst. Dabei entstand dann übrigens direkt der erste Song „Arbeitstier“. Seit Januar 2019 ist auch der neue Bassist Dennis dabei, ein langjähriger Freund.
Früher startete eine Band für gewöhnlich mit einer ersten Single, bei euch war gleich ein ganzes Album auf CD. Ist es angedacht, das feine Stück auch auf Vinyl zu veröffentlichen?
Wir hatten irgendwie sehr schnell neun eigene Songs geschrieben, ganz ohne das zu planen, das passierte einfach so. Na ja und dann entschieden wir, einfach direkt ein ganzes Album aufzunehmen. Geplant war eine Vinylscheibe, da wir aber alles DIY machen, war das nach Studio, Mix und Mastern finanziell dann doch zu schwierig. Also machten wir eine CD und haben es zudem für jeden online zugänglich gemacht. Wenn wir mal stinkreich sind oder uns ein cooles Label, das zu uns passt, unbedingt unterstützen will, wird es das Album auch auf Vinyl geben.
Im Song „Stadionvagabunden“ geht es um eure Liebe zum FC St. Pauli, oder?
Haha, das ist fast richtig. Ursprünglich war das Lied als St. Pauli-Song gedacht, da aber unser einer Gitarrist brennender Anhänger des HSV ist, haben wir es ihm zuliebe umgetextet. Es ist somit ein Song für alle Fußballfans, die diese Leidenschaft mit uns teilen. Ich freue mich immer auf die Bekannten und engen Freunde im Block, da hängen auch einige Musiker rum, auch mit Dicken von SLIME lamentiere ich mal nach dem Spiel über selbiges.
Die Skinheads in Hamburg waren ja früher zu nicht unwesentlichen Teilen ziemlich rechtslastig. Wie verhält es sich heute?
Auf St. Pauli wohnen wir gefühlt in einer Art Blase. Die Skinheads aus unserem Umfeld haben alle eine klare antifaschistische Haltung so wie wir. Wie auch alle anderen Menschen, mit denen wir uns umgeben. Es gibt in Hamburg auf jeden Fall auch noch rechte Strukturen, aber die sehe ich jetzt nicht explizit bei den Skinheads. Die findet man in allen Szenen und vor allem auch in der normalen Bevölkerung. Hamburg hat aber eine eher geringe Dichte an rechten Idioten und das ist auch gut so.
Sehr gut gefällt mir auch der Song „Gegen die Welt“, vor allem wegen dem tollen Basslauf. Wer komponiert bei euch in erster Linie und wer textet?
Vielen Dank für die warmen Worte! Ich bin auch echt ein Fan von dem Basslauf, den hat Dennis sich ausgedacht. Das Songwriting geschieht eigentlich immer gemeinsam. Die beiden Gitarristen schreiben hauptsächlich die Riffs, die wir dann meistens noch gemeinsam anpassen und umbauen. Die Texte sind meine Aufgabe. Zumeist fühle ich beim Hören des Riffs, welches Thema der Song haben wird. Oder die anderen nennen mir Themenwünsche oder Ideen, die ich dann versuche umzusetzen.
Im Song „Arbeitstier“ geht es um allzu fleißige Leute. Wie haltet ihr den Ball in dieser Hinsicht flach?
Also wir arbeiten alle gefühlt natürlich viel zu viel und viel mehr, als wir wollen, Working Class passt also absolut. Aber ein Großteil unseres wahren Lebens findet in unserer Freizeit statt, auf Konzerten, in dieser Band, bei all unseren anderen Leidenschaften. „Arbeitstier“ beschreibt die kleingeistigen Menschen, die sich ausschließlich über ihre Arbeit definieren, sich dort richtig aufspielen und anderen Kollegen das Leben schwermachen. Die verpassen ihr Leben, ohne es zu merken. Das wird uns nicht passieren.
Ihr covert „Skinhead times“ von THE OPPRESSED aus Wales von deren 1996er Album „Music For Hooligans“. Warum den?
Wir mögen das Original echt gern und er macht einfach richtig viel Spaß. Den Song gut hinzukriegen, das war für uns echt wichtig. Das war auch im Studio so, der lief einfach gut. Darüber hinaus haben wir ihm mehr Tempo gegeben. Das war’s aber auch schon.
Viele verstehen den Skinhead-Kult nicht, unterstellen Gewaltbereitschaft. Was sucht ihr, wenn ihr feiern geht? Stress?
Skinhead zu sein bedeutet ja einiges mehr, als prügelnd durch die Gegend zu rennen. Heute wie damals. Wobei es damals wahrscheinlich mehr Gewalt gab. Ich weiß ja nicht, was andere Leute suchen, wenn sie feiern gehen. Wir sind meistens auf der Suche nach vernünftigen Leuten, guter Musik und Bier.
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