Auf fast allen Fotos und Platten der australischen Band ist er zu sehen, der Holden Commodore. Die gepimpte, verspoilerte Version des biederen deutschen Opel Rekord aus den späten Siebzigern. Logisch, dass ich von Mick „Two Fingers“ Simpson wissen wollte, was es damit auf sich hat, und natürlich auch, was das eigentlich für Typen sind, diese Bier trinkende Spaßmaschine GRINDHOUSE, irgendwo zwischen AMYL & THE SNIFFERS und COSMIC PSYCHOS.
Also ... du musst mir vom Mythos des Commodore erzählen. Meine Lehrerin in der 2. Klasse, sie war schon über sechzig, hatte einen, und auch der Vater meines Freundes, als ich etwa sieben war. Und das war natürlich ein Opel Commodore, kein Holden. Wem gehört also das Auto auf den Fotos? Warum gerade dieses Modell? Es ist auf euren Albumcovern zu sehen, die 12“ trug sogar den Titel „Can I Drive Your Commodore?“.
Mick: Das Auto auf dem Cover unseres aktuellen Albums „Sex Punk Power“ ist ein VC HSV Commodore, ein sehr berühmtes australisches Auto. Der Besitzer war ein GRINDHOUSE-Fan, der uns sein Auto für das Albumcover geliehen hat. Ich habe noch nie einen Opel Commodore in echt gesehen und würde gerne mal in einem fahren. Vielleicht auf der nächsten Tour!
Ich weiß, dass der Holden Commodore in Australien so etwas wie eine „heilige Kuh“ ist. Hier hatten wir nur maximal sechs Zylinder – ihr hattet sogar acht Zylinder!
Haha, wir dürfen nicht vergessen, dass Deutschland uns den Verbrennungsmotor geschenkt hat und auch Mercedes in der Vergangenheit einige tolle Autos gebaut hat. Außerdem kann man auf den Autobahnen sehr schnell fahren, was sehr cool ist. Aber ja, wir Aussies lieben benzinfressende V8-Motoren. Sie klingen einfach sexier, seien wir ehrlich, und die Autos fahren damit schneller.
Ihr habt sogar einen Holden-Song auf dem Album, „Holden goodbye“. Im Jahr 2017 wurde mit Holden die letzte australische Autofabrik geschlossen, 2021 wurde die zu General Motors gehörende Marke Holden „beerdigt“. Warum dieser Song, wofür steht der Untergang von Holden in einem australischen Kontext?
Es ist der Abschied von etwas, das tief in der australischen Kultur verankert ist und einen großen Teil unserer Kindheit ausmachte. Mein erstes Auto war ein Holden, das Auto meiner Eltern war ein Holden und ich machte sogar meine ersten sexuellen Erfahrungen auf dem Rücksitz eines Holden. Und eines Tages war alles vorbei, daher der Song. Wir haben fünf Songs über Holden-Autos auf unseren Alben, also gibt es da eine starke Verbindung. Unser aktueller Schlagzeuger besitzt sogar zwei!
Lass uns über Menschen sprechen, nicht nur über Autos. Bitte stell uns GRINDHOUSE vor. Wie hat alles angefangen, wer hat die Band gegründet, was war und ist die allgemeine Idee, das Konzept oder was auch immer?
Ich habe die Band gegründet, um schnellen Punkrock zu spielen und eine gute Zeit zu haben. Wir rocken mit nacktem Oberkörper und geben einen Scheiß darauf, was die Leute denken. Regeln sind langweilig, also haben wir uns einfach unsere eigenen ausgedacht. Bei GRINDHOUSE geht es darum, viel Bier zu trinken, schnell zu spielen und über coole Autos zu reden. Jeder ist gleich, wir sorgen dafür, dass jeder, der zu einer GRINDHOUSE-Show kommt, einfach hallo sagen und mit uns abhängen kann. Einfach mit coolen Leuten Bier trinken.
Du scheinst ziemlich zuversichtlich zu sein, dass die Philip Morris Company es nicht merkt, dass ihr das Marlboro-Logo für eure Bandshirts geklaut habt ...
Wir sind nicht RAMMSTEIN, also glaube ich nicht, dass wir damit viel Aufmerksamkeit erregen werden haha. In der goldenen Ära der Formel 1 hat Keke Rosberg sich eine Zigarette angezündet, bevor er in seinen Rennwagen stieg, Verdammt, die Zeiten haben sich geändert.
Euer aktuelles Album wurde im März 2020 aufgenommen, kurz bevor die Kacke so richtig am Dampfen war. Wie hast du diese Zeit in Erinnerung? Und wie habt ihr die Pandemie und die Shutdowns überlebt, einzeln und als Band?
Wir haben das Album aufgenommen, als die ersten Beschränkungen in Kraft traten, und haben dann etwa sechs Monate damit verbracht, es mit Steve abzumischen. Ich bin nicht der geduldigste Mensch, wenn es darum geht, eine Platte herauszubringen, aber wir mussten lernen zu warten. Außerdem lebt Steve in L.A., also war es ein ziemliches Hin und Her, bis wir den richtigen Sound für die Platte hatten. Was die Lockdowns angeht, so hatten wir alle Jobs, also hatten wir großes Glück. Nachdem das endlich vorbei war, mussten wir im Grunde alle neuen Songs neu lernen, was im Proberaum ziemlich lustig war. Ich glaube, für jeden Einzelnen ist es schwer, so lange nicht live zu spielen, aber wir saßen alle im selben Boot. Als Band mussten wir einfach in Kontakt bleiben und uns gegenseitig auf dem Laufenden halten, wir sind alle gute Kumpels.
Du erwähntest es eben: Steve McDonald von REDD KROSS hat das Album abgemischt und gemastert. Warum fiel eure Wahl auf ihn?
Steve hat alle OFF!-Alben abgemischt und aufgenommen, deshalb habe ich ihn kontaktiert. Jetzt hat er „Crazy Pussy“ und „Can I Drive Your Commodore?“ abgemischt und aufgenommen und „Sex Punk Power“ abgemischt und gemastert. Er ist der Schlüssel zu unserem Sound und hat einigen unserer Songs einen ziemlich coolen Dreh verpasst. Er ist einfach der Beste und ein echt netter Kerl. Der Mix von „Crazy Pussy“ wird immer mein Favorit bleiben, denn wir haben das Album in zwei Tagen in L.A. im Proberaum von REDD KROSS aufgenommen – tolle Erinnerungen, aber eine verdammt lange Anfahrt, um ein Album aufzunehmen. Vielleicht liebe ich es deshalb so sehr.
Woher kommen GRINDHOUSE musikalisch, was ist der Kontext? Ich hatte zum Beispiel noch nie von der australischen Seventies-Subkultur „Sharpies“ gehört, bis ich AMYL AND THE SNIFFERS interviewte. Und betrachtet man COSMIC PSYCHOS allein aus europäischer Perspektive, wird man kaum kapieren, worum es bei denen geht.
Australien hat durch den Rock’n’Roll eine starke Verbindung zu seinen kulturellen Wurzeln. Von AC/DC bis ROSE TATTOO, diese Bands kommen aus den Vorstädten der Arbeiterklasse und sind so hart wie Stahl. Australien ist eine Kneipenkultur und australische Bands haben sich in unzähligen verschwitzten Bars bereits die Finger wundgespielt, bevor sie mal groß rauskommen. Und die COSMIC PSYCHOS singen hauptsächlich über Kneipen, Traktorfahren und Biertrinken, haha.
Eure Texte sind durch die Bank, nun, „schlüpfrig“ und direkt. Woher kommt das und was sind die Reaktionen darauf? Viele Bands sind in letzter Zeit für Texte mit sexuellen Konnotationen heftig kritisiert worden. Ich musste gerade erst Kritik einstecken, weil ich im Ox eine Festivalanzeige mit einem gezeichneten Pin-up-Girl abgedruckt hatte ...
Wir versuchen, dabei immer respektvoll zu bleiben. Die meisten unserer Fans mögen Sex und Punk, und es geht ja darum, dass alle Spaß haben. Punk bewegt sich seit jeher an der Grenze des guten Geschmacks, aber ich versuche bei unseren Songs immer, beide Geschlechter mit einzubeziehen. Ich bin ein Mann und schreibe natürlich oft über meine eigenen Erfahrungen, aber ich treffe auch viele Frauen, die mir erzählen, wie sehr sie unsere Songs mögen. Außerdem haben wir jetzt mit Candy Cocaine ein weibliches Mitglied, also sorge ich dafür, dass auch sie in alles einbezogen wird, besonders auf dem neuen Album. Es geht darum, dass sich jeder sexy fühlt und Spaß hat. In Deutschland wird man das schon richtig verstehen, da bin ich mir sicher.
Bitte erzähl mir mehr über ein paar eurer Texte. Zuerst „Ass tonight“ mit der Zeile „Are you gonna lick my ass tonight?“ ...
Es geht um zwei Leute, die jede Menge Spaß zusammen haben, hahaha.
„Holy carburetor“ ...
Ich habe diesen Song geschrieben, weil ich mich in eine Speedway-Fahrerin verliebt hatte, es geht um schnelle Autos und Liebe. Was für eine Kombi!
„Hello Hamburg“ ...
Wir haben diesen Song auf der letzten Europatournee geschrieben, es ist meine Lieblingsstadt in Deutschland. Hier entstand die Turbojugend, was schon alles sagt.
„Do it all the time“ ...
In diesem Song geht es darum, immer wieder die gleichen Fehler zu machen, was mir auch ab und zu passiert, aber hier geht auch um gewisse andere Leute. Wir sind alle nur Menschen, also kann sich sicher jeder mit diesem Lied identifizieren.
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