Eigentlich kennt man Bart Thompson, Mastermind und einziges festes Mitglied von GRADUATING LIFE, seit 2017 vor allem durch seine Rolle als Gitarrist der aufstrebenden Emo-Band MOM JEANS, in der er auch den Part des Songschreibers innehat. Doch da nun endlich wieder ein neues Soloalbum von ihm ansteht, nehmen wir dies zum Anlass, mit Bart einmal über die Unterschiede zur Band, aber auch seine Art zu arbeiten zu sprechen.
Gut gelaunt lächelt uns Bart durch die Kamera seines Laptops an. Bei ihm an der US-Westküste ist es gerade 9:30 Uhr und Bart befindet sich schon seit ein paar Stunden am Schreibtisch. Wobei Schreibtisch sinnbildlich zu verstehen ist, denn links und rechts türmen sich um ihn herum die Instrumente auf. „An diesem Ort habe ich im letzten Jahr viel Zeit verbracht“, berichtet er begeistert „Hier ist ein Großteil des neuen Grad Life-Albums entstanden, ich arbeite gerne bei mir zu Hause. Meistens sitze ich den ganzen Tag hier und bastle an neuer Musik.“ Dass Bart ein echtes Arbeitstier ist, merkt man ihm sogleich an, immer wieder macht er sich kleine Notizen für Songs, die er später ausprobieren möchte. Während er bei MOM JEANS eher nur einzelne Melodien und Textfragmente für Gitarrist und Sänger Eric Butler beisteuert, genießt er bei seinem Soloprojekt die volle Kunstfreiheit: „Dass ich das einzige Mitglied der Band bin, erlaubt mir, deutlich mehr auszuprobieren, so kann ich nicht nur intimere und persönlichere Themen in den Liedern verarbeiten, sondern mich auch beim Sound auszuprobieren.“ So finden sich immer wieder kleine Elektrospielereien in der Musik, aber auch poppige Anleihen bei der Emo-Bewegung und Bands wie PANIC! AT THE DISCO und MY CHEMCIAL ROMANCE, wo ihn vor allem die Kombination aus Musik und theatralischer Umsetzung begeistert: „Ich versuche immer, diese Elemente, die ich gerne als ‚larger than life‘ beschreibe, mit einfließen zu lassen.“
Dabei profitiert Bart vor allem von seinem kleinen Homestudio, das ihm erlaubt, Dinge so oft und lange auszuprobieren, wie er möchte. „Wenn man den ganzen Tag Zeit hat, mit Ideen herumzuspielen, dann kommt am Ende meistens ein gutes Ergebnis dabei raus. Wenn du mich fragst, wird Musik in Zukunft wohl immer mehr in diesem Rahmen entstehen, denn ist einfach großartig, welche Möglichkeiten wir haben. Ich glaube, deshalb haben so viele Rapper aktuell Erfolg. Sie sind nicht mehr auf Studiozeiten angewiesen. Wenn sie Lust und Kreativität verspüren, dann machen sie fix einen Song. Diese Ungezwungenheit hört man heraus und die Leute spüren und feiern es. Oder sieh dir Billie Eilish an, sie hat so lange an den Gesangsspuren von ‚Bad Guy‘ gearbeitet, das hätte sie sich in keinem Studio leisten können.“ Auf dem neuen GRADUATING LIFE-Album mit dem simplen Titel „II“ können auch wir uns überzeugen, wie Bart Thompson seine Visionen zum Leben erweckt hat, die im letzten Jahr in seinem Arbeitszimmer entstanden sind.
© by Fuze - Ausgabe #89 August/September 2021 und Christian Heinemann
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