GIT SOME

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Der Phoenix aus der Asche

Was machen eigentlich ... PLANES MISTAKEN FOR STARS? Ach ja, die haben sich aufgelöst ... Beklagenswert, denn ich schätzte die Band aus Denver sehr. Umso besser, dass Gitarrist Chuck French und Bassist Neil Keener eine neue Formation am Start haben und sich damit noch ein Stück weiter Richtung R-O-C-K bewegen, als das mit dem PMFS-Abschiedsalbum „Mercy“ schon der Fall war: „Cosmic Rock“ nennen sie das, so heißt auch das vorzügliche erste Album auf dem kleinen Bay Area-Label 1–2–3–4 Go!, und so war klar, dass ich mich vor dem Konzert in der Solinger Cobra mit der Band zum Interview treffen musste. GIT SOME sind Andrew (Drums), Luke (Gesang), Chuck (Gitarre) und Neil (Bass).

Wie ging das los mit eurer Band?


Chuck: Die gab es schon, bevor Neil und ich 2002 bei Planes einstiegen. Wir wollten mit ihnen als ihre Vorband auf Tour gehen, aber dann stieg Bassist Jamie aus und Gared fragte mich, ob ich nicht bei ihnen spielen wolle. Neil und unser damaliger Drummer zogen dann mit mir von Chicago nach Denver. Wir spielten mit GIT SOME vor allem in Denver und Umgebung, weil wir ja meist mit PMFS unterwegs waren. Irgendwann schmissen wir unseren Sänger raus, „persönliche Gründe“, wie man so schön sagt, und Luke kam stattdessen, dessen Band namens BLACK DIAMOND sich aufgelöst hatte. Wir nahmen mit ihm ein paar Songs auf, und alles passte.

Und dann kam Ende 2007/Anfang 2008 das Ende von PMFS.

Chuck: Ja, dafür gab es verschiedene Gründe: Im Sommer 2007 wurde Abacus Records, wo unser letztes Album „Mercy“ erschienen war [in Europa auf Alveran, jh], geschlossen, und Promo hatten die dafür sowieso nicht gemacht. Die Europatour mussten wir ohne Album machen, und Geld haben wir auch nicht gesehen für die Platte.

Neil: Als Planes dann Geschichte waren, war mir klar, dass ich unbedingt weiter aktiv in einer Band spielen will, auch auf Tour gehen und so, und so konzentrierten wir uns dann auf GIT SOME.

Das Ende von PMFS kam für viele Fans auch insofern überraschend, weil es ja eine etablierte Band war, der man noch eine erfolgreiche Karriere zutraute.

Chuck: Viele Leute und auch wir selbst dachten das. Aber mit dem Ende des Labels, mangelnder Promo für das Album und ständigem Touren waren wir einfach ausgebrannt, sahen keine Zukunft mehr. Wir steckten alle wegen der Band tief in Schulden, und Neil und ich sind immer noch dran, 20.000 Dollar abzubezahlen. Mit GIT SOME versuchen wir jetzt, aus den Fehlern von Planes zu lernen, wir wollen es jetzt einfach noch mal wissen, und wir werden ja alles nicht jünger – was wir jetzt nicht tun, tun wir nie mehr! Und so haben wir auch auf die Schnelle das Album gemacht, das zu Hälfte aus Songs besteht, die vor Andrews Einstieg entstanden sind, und zur anderen Hälfte aus neuen Stücken. Stevo von 1-2-3-4 Go! brachte die Platte raus, und seit dem Frühjahr spielen wir jetzt so viele Shows wie möglich, sind eigentlich seit sechs Monaten permanent auf Tour.

Andrew: Wir haben versucht, noch so viel Schwung von PMFS mitzunehmen wie möglich. Diese Europatour jetzt war eigentlich für Planes gedacht gewesen, stattdessen sind wir jetzt hier.

„Verkauft“ euch mal: Warum sollte man GIT SOME mögen, wenn man PMFS mochte?

Neil: Ich denke, die Ähnlichkeit beruht auf der Intensität und der Energiegeladenheit der Konzerte. Dafür waren Planes bekannt, auch schon vor dem Einstieg von Chuck und mir. Wir sind musikalisch schon etwas anders, aber die Energie ist die Gleiche, finde ich.

Andrew: Planes gaben als Einflüsse BLACK FLAG und BLACK SABBATH an, und darauf können wir uns auch verständigen. Der Unterschied zwischen beiden Bands ist, dass Planes mit den letzten Resten der Emo-Szene in Verbindung gebracht wurden, und das ist bei uns sicher nicht der Fall. Und Luke ist eine andere Art von Frontmann als Gared. Das führt mich zu einem anderen Aspekt dieser Band: Wir sehen uns als Kollektiv an, keiner von uns dominiert den Sound, und das finde ich an GIT SOME so spannend: Wir sind eine Band, die nur mit diesen vier Elementen funktioniert.

Neil: Exakt. Das Musikalische ist uns an dieser Band sehr wichtig, wir können uns alle gleichberechtigt ins Songwriting einbringen und mit der Band wachsen, ohne in irgendwelchen Genregrenzen gefangen zu sein.

Habt ihr denn ein bestimmtes Ziel vor Augen?

Andrew: Wir unterhalten uns viel über die Fehler, die wir beim Aufnehmen von „Cosmic Rock“ gemacht haben. Wir haben es zwar geschafft, die Energie unseres Sounds einzufangen, aber wir wissen natürlich auch, wo wir das nicht so ganz gut hinbekommen haben. Deshalb wollen wir uns für die Aufnahmen zur nächste Platte etwas mehr Zeit lassen, nicht alles so schnell durchziehen wie beim letzten Mal.

Neil: Wir haben ja nicht mal in einem richtigen Studio aufgenommen, sondern im Haus eines Freundes. Das war also alles eher improvisiert. Idealerweise würden wir mit Steve Albini aufnehmen – wir mögen seinen Ansatz, dass er eben der ist, der nur dokumentiert, was die Band da tut.

Chuck: Wir lernen ständig dazu, und „Cosmic Rock“ war für uns nur der erste Schritt. Und so ist unser Ziel, als Band zu wachsen, immer besser zu werden, auf das Bestehende aufzubauen.

Was hat es mit dem Begriff „Cosmic Rock“ auf sich? Klingt ja beinahe wie „Space Rock“.

Neil: Der Name kommt von diesem Aufnäher hier auf meiner Jacke, den ich in Japan gefunden habe. Da steht einfach nur „Cosmic Rock“ drauf, und das gefiel uns. Und ich finde, der Begriff passt zu uns und unserer Musik.

Andrew: Ja, denn in einer Band zu sein, das hat auch immer einen gewissen „spirituellen“ Aspekt: Du machst das ja nicht aus materiellen Gründen, du musst an das glauben, was du da tust.

Chuck: „Cosmic Rock“ beschreibt unseren Sound einfach gut: Es ist kein Metal, kein Punkrock, kein Hardrock, sondern deckt verschiedene Genres ab.

Neil: Diese Band ist für jeden von uns derzeit das Wichtigste im Leben, und mit „Cosmic Rock“ bringen wir irgendwie zum Ausdruck, was für ein Glück es ist, dass sich vier so gut zueinander passende Menschen gefunden haben. Zuletzt ging mir das so mit 14, als ich meine erste Band hatte und mein Gefühl mir sagte, dass genau das es ist, was ich den Rest meines Lebens machen will. Ich frage mich deshalb immer wieder: Was für Musik hätte ich wohl mit 14 gespielt, wenn ich damals schon die musikalischen Fähigkeiten gehabt hätte, die ich heute habe? Aus dem Versuch, dieses Gefühl zu ergründen, entsteht ein guter Teil unseres Sounds – diese Leidenschaft, die man hat, wenn man jung ist, die man nicht aufgeben sollte, wenn andere sagen: „Ach, ich sollte endlich mal erwachsen werden, mir einen Job suchen und eine Familie gründen.“ Dabei sind es doch die Dinge, die du mit Leidenschaft verfolgst, die dich wirklich glücklich machen.

Was kommt nach dieser Tour?

Luke: Wir werden am nächsten Album arbeiten, aber erst mal müssen wir diese Tour zu Ende bringen. Bislang war es eine gute Erfahrung.

„Erfahrung“ – das klingt nach einem Euphemismus ...

Andrew: So eine Tour ist wie eine Achterbahnfahrt: Der eine Tag ist perfekt, der nächste nicht der Rede wert. Wichtig ist, dass sich die Highs und Lows am Ende der Tour ausgleichen.

Neil: Wir werden am Ende 63 Konzerte gespielt haben, und wir sind eben eine unbekannte Band mit zwei Leuten, die ein paar Menschen noch von ihrer vorherigen Band kennen.

Andrew: Manche Leute zu Hause denken, wir wären hier auf einer Art Urlaubsreise, von wegen „Wow, zwei Monate Europa“, aber die wissen ja nicht, wie es ist, als unbekannte Band so was auf sich zu nehmen. Und jede Stadt ist anders. Immerhin: bislang sind wir uns noch nicht gegenseitig an die Kehle gegangen, und die 45 Minuten Konzert jeden Tag wiegen eigentlich alle Anstrengungen auf.