GHOST IRIS

Foto

Entwicklungen

Mit ihrem vierten Studioalbum sind GHOST IRIS einer der etabliertesten Metalcore-Acts Dänemarks. Ihr Sound hat sich seit dem 2015 veröffentlichten „Anecdotes Of Science & Soul“ von djentigem Metalcore hin zu geerdetem Modern Metal entwickelt. Etwas, das Sänger Jesper Vicencio Gün auch als Reifeprozess beschreibt. Im Interview erzählt er uns mehr darüber, außerdem von ihrer Tour im September 2020 und warum GHOST IRIS keine Livestream-Konzerte spielen würden.

Ein Sound im Wandel

Nach dem 2019 veröffentlichten „Apple Of Discord“ folgt mit „Comatose“ nun ein Album, das den Sound von GHOST IRIS erfrischt. So standen die Simplizität und die Funktionalität einzelner Riffs im Vordergrund und nicht etwa technisch versierte Passagen wie auf dem Debütalbum der Band. Der Sound von „Comatose“ ist folglich auch härter als bisher. „Wir nennen es ‚horns‘, was wir gemacht haben“, sagt Jesper. „Die Riffs haben einen klaren Metal- und Hardcore-Einfluss. Ich will nicht sagen, dass es eher Basic-Riffs sind, aber wir nutzen mehr Powerchords und verfolgen auf dem Album eine direktere Art.“

Hinter dieser musikalischen Entwicklung steht auch eine Produktion, die Jesper als viel präziser und besser beschreibt. Auch beim Gesang sieht er Unterschiede wie Tag und Nacht im Vergleich zum ersten Album der Band. „Wir mögen die Einflüsse unseres ersten Albums noch immer, aber wir wollten uns weiterentwickeln und auch Neues ausprobieren. Du kannst nicht immer dasselbe machen, sondern musst dich entwickeln. Das bedeutete für uns auch live-dienlichere Musik, die nicht so ‚shreddy-shreddy‘ ist, sondern eher klar strukturiert und bei Auftritten leichter umzusetzen.“ Das hat zur Folge, dass der zukünftige Sound von GHOST IRIS nie vorhergesagt werden kann. Stattdessen verlässt sich die Band auf das, was sich natürlich anfühlt, und versucht sich nicht zu wiederholen.

Live-Shows während einer Pandemie
Nur wenigen Bands war das Privileg vergönnt, innerhalb der Pandemie Konzerte zu spielen. Für GHOST IRIS ging es im Spätsommer des letzten Jahres auf eine Tour mit JINJER, die aber nicht wie gewohnt in Konzerthallen, sondern open air vor sitzendem Publikum stattfand. Diese Shows waren zwar kleiner als üblich bei JINJER, aber mit einer Kapazität von 900 Menschen in Mönchengladbach durchaus groß. Neid auf die Bands, die diese besonderen Konzerte spielen durften, hat Jesper nicht wahrgenommen. „Stattdessen fragten viele, wie wir es hinbekommen haben, diese Tour auf die Beine zu stellen und letztlich zu spielen. Das war kein Neid, sondern Bewunderung und Staunen, verbunden mit vielen Fragen danach, wie es war.“

Am 7. Mai, zum Release von „Comatose“. spielten GHOST IRIS nun aber ein richtiges Konzert in einer Location, in die normalerweise 200 Menschen passen. Stattdessen gab es nur 42 Sitzplätze und jubeln war nicht erlaubt, wie Jesper hinzufügt. „Wir wissen ja wie es ist, dort vor vollem Haus zu spielen. So hatte es eher etwas von einem klassischen Konzert. Aber auch die Shows mit JINJER waren am Ende gar nicht so seltsam, wie ich befürchtet hatte.“ Für ihn zählt die Devise, besser solche Konzerte zu spielen als gar keine.

Das Verhältnis zwischen Konzerten und Streaming
Ein Livestream-Konzert, wie es etliche Bands innerhalb der letzten Monate gespielt haben, war für GHOST IRIS aber kein Thema. „Die meisten Bands, die das machen, haben entweder kein großes Budget oder kein Team, das einen guten Sound und gutes Bild garantiert“, sagt Jesper. „Wir schwimmen nicht in Fördergeldern oder verfügen über Summen, die uns das ermöglichen, und deshalb würden wir uns nicht zutrauen, einen solchen Stream in Angriff zu nehmen.“ Zudem ist es für die Band wichtig, ein Publikum zu haben und dieses vor Ort zu begeistern. Auch weil Konzerte für viele als Ausgleichsventil funktionieren. „Viele freuen sich darauf, nach einem harten Tag oder einer Arbeitswoche auf ein Konzert zu gehen, ein Bier zu trinken und die Musik zu genießen, insbesondere in Dänemark. Die Dän:innen lieben Bier und gehen gerne auf Konzerte.“
Wenn alles gut läuft, wird es im November 2021 wieder soweit sein, wenn GHOST IRIS zusammen mit SKYWALKER­ auf Europatour gehen. Die Erwartungshaltung des Sängers ist jedoch gering. „Ich erwarte gar nichts, das tue ich generell nicht, solange es noch mehr als eine Woche bis dahin ist. Das war aber auch schon vor der Pandemie so, da im Musikbusiness so enorm viel schiefgehen kann und von so verschiedenen Faktoren abhängt. Es reicht, wenn einer kurz vor der Tour plötzlich krank wird, um alle Pläne über den Haufen zu werfen.“ Dennoch ist die Hoffnung auf diese Tour bei der Band groß.

Merchandise statt Konzerttickets
Innerhalb der Pandemie haben viele Menschen Geld gespart, weil sie keine Konzerttickets kaufen konnten und meist zu Hause waren. Sind diese Gelder eventuell in höhere Merchandise-Umsätze geflossen? „Es ist für Bands natürlich immer am besten, wenn sie auf den Konzerten selbst Merch verkaufen. Das zeigt, wie groß der Impact der Show war und ob man die Leute von sich überzeugt hat. Es war dadurch, dass wir nun nur online Merchandise verkaufen können, also definitiv weniger. Aber ich muss sagen, dass die Preorder-Zahlen wirklich hoch sind. Also könnte es durchaus sein, dass viele ihr Konzert- und Bierbudget genommen haben und es in Merchandise und Preorder-Optionen stecken. Wir haben viel Support erfahren und das fühlt sich wirklich gut an.“

GHOST IRIS sind eine Band, die vor allem über Spotify an Bekanntheit gewinnen konnte. Wie fühlt es sich also an, wenn ausgerechnet Vinylplatten große Umsätze generieren? „Ich finde das großartig. Ich will nicht elitär wirken und sagen, dass nur Vinyl oder nur CDs gut sind, denn auch jemand, der streamt, unterstützt uns. Der Weg, wie die Leute uns supporten wollen, steht ihnen frei. Am besten ist es jedoch immer, direkt über die Band zu gehen.“