GENERATION X

Punkrock, Punkrock, immer und immer wieder Punkrock!!! Ah, wie sagte doch jüngst mein Intimus Bastiane: "Schade, dass man Punkrock nicht ficken kann!" Wie recht er doch hat. Punkrock geht nun schon ins 22 Jahr, 22 Jahre lang diesen verfickten Planeten in den Anus koitiert, 22 gottgleiche Jahre werden wir von Punkrock felliert; ich liebe diese laute, undisziplinierte und entartete Affenmusik wie mit 16!!!

Meine Punkrockers da draussen, ich erinnere mich noch ganz genau, es war Februar 1978: vor neun Monaten, Ende Mai 1977 hatte ich meinen ersten Orgasmus, als ich zum ersten Mal in meinem Leben, im zarten Alte von gerade mal sieben Jahren (Oder waren es 12 oder doch 35 Jahre? Wer weiss das schon genau?) "God Save The Queen" von den SEX PISTOLS hörte. Von diesem Urknall an wurde mein Leben in einer neuen Zeitrechnung geschrieben, es war das erste Mal, dass ich richtig geile Mucke gezogen hatte, es war schier unglaublich, orgasmisch, nicht von dieser Welt, wie der erste Sex, so etwas hatte ich noch nie zuvor in meine Ohren bekommen. Und durch meinen weltberühmten Bruder, der damals allwöchentlich John Peels Radioshow "Rock Today" (1979 wurde sie in "John Peels Music" umgetauft) in sich aufsog, lernte ich Woche für Woche neue fantastische Punkbands kennen und ich konnte es einfach nicht begreifen, dass auf einmal so viele brillante Bands an die Front traten und mit dem ganzen anderen Bullshit endlich aufräumten. Heute hört mein weltberühmter Bruder übrigens Schwanz-Rock-Spandex-Eunuchen-Poser-Metal... Naja, jeder so wie er kann!

Jetzt aber schleunigst zurück zum Februar 1978: in einer wieder mal überragenden John Peel Show wurde ich gleich dreimal nach allen Regeln der Kunst zum Höhepunkt getrieben: in dieser Sendung lernte ich zunächst einmal die BUZZCOCKS kennen, die gerade ihre grandiose "What Do I Get"-7" rausgebracht hatten; die nächste Klimax stellten die mir schon bereits seit einigen Monaten ans Herz gewachsenen CLASH mit ihrer phänomenalen 7" "Clash City Rockers" b/w. mit dem nicht minder genialen "Jail Guitar Doors" dar, und schliesslich hörte ich in dieser Show zum ersten Mal das Thema unserer heutigen Nachhilfestunde, GENERATION X mit ihrer superben Single "Ready Steady Go".

Anfang Dezember 1976 traten GENERATION X (der Name stammt von einem Buch über die 60er Jahre-Jugendkultur - ich muss kotzen, wenn ich daran denke, dass dieser Name gut 15 Jahre später für die degenerierte Grunge-Scheisse missbraucht wurde!) mit dem Line-Up Billy Idol (Vocals), Tony James (Bass), Bob Andrews (Guitar) und John Towe (Drums) an, um als dritte Kraft neben den Helden SEX PISTOLS und CLASH - zu diesen beiden Bands pflegte Idol enge Kontakte - die Punkrock-Welt aus den Angeln zu heben. James, Idol (nee, William Broad) und Towe hatten gerade zwei Wochen zuvor Gene Octobers legendäre Formation CHELSEA verlassen, da October es kategorisch ablehnte, irgendwelches Idol/James-Material zu singen. CHELSEA kamen im Spätsommer 1976 in London auf Initiative von October zusammen, der Towe mitbrachte, und James, der dann später Idol anschleppte, über den traditionellen Weg einer Melody Maker-Anzeige (wie orginell) und spielten einige mehr oder minder mässige Gigs, u.a. als Support für die STRANGLERS. Billy Idol gehörte vor seiner CHELSEA-Zeit zum Kern des legendären "Bromley Contingent", den ersten britischen Punkfans überhaupt - benannt nach dem Londoner Vorort Bromley, wo die Haupt-Contingent-Members Simon Barker, die beiden späteren BANSHEES Sue Ballion (a.k.a. Siouxsie Sioux) und Steve Severin (a.k.a. Havoc), Billy Idol und Sid Vicious, den der eine oder andere vielleicht auch kennt, sowie Catwoman Sue Lucas die SEX PISTOLS bei einem ihrer allerersten Auftritte im Ravensbourne Art Collage erleben durften. Das "Bromley Contingent" verkör

perte die besessenste SEX PISTOLS-Anhängerschaft, die der Band bei jedem Gig in und um London nachreiste, bei dem genialen Bill Grundy Fernsehinterview glänzte und schon nach kurzer Zeit als DIE Prototypen des typischen Punkfans galten. Tony James hatte zuvor im März 1975 zusammen mit dem späteren CLASH-Mastermind Mick Jones das Proto-Punk-Outfit LONDON S.S. (was für ein Name) gegründet, das in den folgenden Monaten eine Unmenge an Musikern ancheckte, zu denen der spätere DAMNED Rat Scabies, die späteren CLASH-Members Paul Simonon und Topper Headon, Terry Chimes (später bei CLASH als Tory Crimes, dann bei unseren GENERATON X) sowie die späteren BOYS Matt Dangerfield und Casino Steel gehörten. LONDON S.S. spielten jedoch keinen einzigen Gig und brachten auch keine Platte heraus; das einzige akustische Vermächtnis ist ein Demotape von November 1976 mit Brian James (später DAMNED-Gründungsmitglied) an der Gitarre und Drummer Roland Hot.

Soo, jetzt aber genug Vokabeln abgefragt und schleunigst zurück zu GENERATION X, die ihren ersten Gig Mitte Dezember als Support für die STRANGLERS in Londons Central College Of Art & Design zelebrierten und kurz vor Weihnachten den legendären Roxy-Club eröffneten. Im März 1977 verliess John Towe das Quartett, um kurze Zeit später Gründungsmitglied von ALTERNATIVE TV zu werden und ein Jahr später bei den ADVERTS einzusteigen. Seinen Platz übernahm kurz vor der ersten UK-Tour ex-SUBWAY SECT Mark Laff. Im Juli wurden GENERATION X dann von Chrysalis gesignt, wo einen Monat später die famose Debütsingle "You Generation" - eine Verarschung des WHO-Klassikers - herausgebracht wurde, die auf Anhieb auf Rang 36 chartete (Fuck the charts!). Es folgte die grosse Follow-Up-Single "Wild Youth" (auf der Flipside gibt es die sehr reggaemässie und passend betitelte Version "Wild Dub"), man spielte zusammen mit der Reggae-Formation THE CIMARONS auf einem "Rock Against Racism"-Benefit, und im Februar 1978 räumte dann ihr Jahrhundertklassiker "Ready Steady Go" die Punkwelt auf (wen's interessiert: diese 45 erreichte die Top 30). Kurze Zeit später liessen GENERATION X mit dem gleichnamigen Debütalbum ihr unangefochtenes Punkmeisterwerk ab, das neben "Ready Steady Go" noch jede Menge weiterer Punkklassiker wie "From The Heart", "One Hundred Punks", "Kleenex", "Promises, Promises" und "Youth Youth Youth" vorweist, und neben dem "Give Em Enough Rope"-Album von CLASH die beste Punk-LP des Jahres 1978 darstellt. Textlich machte sich die Band auf diesem Meilenstein über alles und jeden lustig, musikalisch wurde aggressiver, hochenergetischer und wütender Punkrock vom Allerfeinsten geboten, der sich jederzeit durch ein brillantes Gespür für "catchy melodies" auszeichnete (Rang 29 in den Charts). Gleichzeitig dokumentierte dieser Output den absoluten Punkzenit von GENERATION X. Das Jahr 1979 war zwar in kommerzieller Hinsicht das erfolgreichste Jahr von GENERATION X, musikalisch entwickelte sich die Band aber nicht zuletzt wegen der Zusammenarbeit mit dem Producer Ian Hunter auf ihrem zweiten Album "Valley Of The Dolls" zu sehr in die rockige Richtung. Trotz allem glänzte diese Langrille mit einigen straighten Krachern wie der gleichnamigen 7", dem Top Ten-Chartbreaker "King Rocker" und "Running With The Boss Sound". Die Single-Auskopplung "Friday's Angels" schloss das Jahr 1979 ab.

Auch im Jahr 1980, in dem Jahr, in dem man den Namen auf GEN X (jeder nannte die Band ohnehin nur so) verkürzte, waren GENERATION X unentwegt auf Tour, unter anderem nahm man Nippon-Land auseinander, doch leider stellten sich gegen Ende des Jahres hin zum ersten Mal wegen unterschiedlicher Ansichten über die weitere musikalische Entwicklung ernsthafte Differenzen ein, die die Band, die bis dato eine völlige Einheit bildete, so stark beeinträchtigten, dass im November Drummer Mark Laff und Gittarero Bob Andrews ihre Koffer packten. Den vakanten Platz an der Schiessbude übernahm der Ur-CLASH-Drummer Terry Chimes und die Gitarre übernahm James Stevenson, der von CHELSEA kam. Unter Mithilfe von Ex-SEX PISTOL-Guitar-Hero Steve Jones (inzwischen mit seinem PISTOLS-Intimus Paul Cook mit den PROFESSIONALS zugange) und Ex-MAGAZINE Saitenzauberer John McGeoch (der anschliessend bei SIOUXSIE & THE BANSHEES einstieg) nahmen GENERATION X das vergleichsweise sehr gemässigte Album "Kiss Me Deadly" auf, das im Januar 1981 releast wurde und nur durch den Hammeropener und den Punkevergreen "Dancing With Myself" und der Punkballade "Revenge" ein Raison D'Etre erlangt. Zum Veröffentlichungstermin war die Auflösung von GENERATION X bereits beschlossene Sache, und die neben den SEX PISTOLS, den CLASH, den BUZZCOCKS und den RAMONES wichtigste und wegweisendste Punkrock-Band der ersten Stunde, die mit ihrem epochalen Debütalbum und dem Smasher "Dancing With Myself" Punkgeschichte geschrieben haben, damit Geschichte.

Ich weigere mich an dieser Stelle entschiedenst zu erwähnen, mit welchen affigen Eskapaden sich Billy Idol und Tony James nach dem Split sich selbst disqualifiziert haben; einzig erwähnenswert bleibt, dass Tony James 1984 zusammen mit Johnny Thunders den HEARTBREAKERS-Klassiker "L.A.M.F." (a.k.a. "Like A Mother Fucker") unter dem neuen Titel "L.A.M.F. Revisited" reproduced hat. Bob Andrews tauchte Ende der Achtziger mit einer passablen Pop-Punk-Combo kurzzeitig wieder auf, deren Namen mir aber partout nicht einfallen will (ich hab's befürchtet, ich werde langsam senil). In diesem Sinne ihr Punkrockers da draussen: Pogt, slamt, sauft, kifft und koitiert was das Zeug hält, und gebt verdammt noch mal keine Ruhe, bis auch das letzte Nazi-Arschloch erschossen worden ist! Ich wünsche euch auf alle Fälle das Allerbeste und verbleibe mit einem gepflegten BRIGADE ROSSE RULES!

Euer Punkrock-Diktator