GALLOWS

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Post für Happy Tom

GALLOWS, Kapitel vier: Seit Wade MacNeils Einstand mit „Gallows“ vor drei Jahren hat sich bei der Besetzung der Band erneut etwas getan: Steph Carter, Bruder des recht spektakulär ausgeschiedenen Alpha-Männchens Frank, hat die Band ebenfalls verlassen. GALLOWS, mittlerweile verteilt auf Kanada, Kalifornien und eben Großbritannien, haben nun als Quartett das neue Album „Desolation Sounds“ aufgenommen, das mit der ungezügelten Wut seines 2012er Vorgängers nur noch wenig gemein hat. Wir sprachen mit Sänger Wade MacNeil (ex-ALEXISONFIRE).

Wade, mit eurem vierten Album „Desolation Sounds“ habt ihr euch etwas vom Hardcore-Punk entfernt.


Ich denke, die Band wollte nie einen bestimmten Sound verfolgen. Jeder von uns hat einen sehr vielseitigen Musikgeschmack und so haben wir auch Einflüsse aus allen möglichen Richtungen. Trotz dieser haben auch die „leichten“ Momente der neuen Songs etwas sehr Apokalyptisches und Düsteres an sich. Es gibt ein paar Death-Rock-Momente und Parts, die von Goth-Rock wie THE BIRTHDAY PARTY und Siouxsie Sioux inspiriert sind. Bei den härteren Sachen wurden wir eher von Bands wie CURSED beeinflusst. Manches erinnert mich aber auch an THE CRAMPS. Es klingt für jeden anders und das macht es so einzigartig.

War es ein schwieriger Schritt vom „Gallows“-Klang zu „Desolation Sounds“?

Nein. Ich glaube, es gab zum ersten Mal keine Einschränkungen dabei, wie die Band Songs geschrieben hat. Bei „Gallows“ waren wir sehr streng mit uns selbst bezüglich des Sounds, den wir erreichen wollten. Wir wollten, dass es wie ein schneller Energieausbruch wird. Ich bin froh, dass wir dieses Album gemacht haben, und es war das, was wir damals alle machen wollten. Dieses Mal haben wir alles einfach geschehen lassen. Es war nicht schwierig, sondern ziemlich befreiend, sich selbst nicht diesen Druck aufzuerlegen.

Glaubst du, dass diese Entwicklung ein Resultat des Älterwerdens ist, oder hättet ihr die gleichen Songs auch schon vor drei Jahren schreiben können?

Ich denke, wir hätten sie auch schon vor drei Jahren schreiben können. Wir wollten nur einfach nicht. Wenn die Mitglieder einer Band wechseln, kommen bei den Fans viele Fragen auf. Deswegen wollten wir damals ein Album veröffentlichen, das ein sehr direktes Statement ist. Wir wollten damit zeigen, dass die Band nicht „weicher“ wird. Wir alle haben aber auch schon immer Musik geliebt, die nicht so aggressiv ist. Während meiner Zeit bei ALEXISONFIRE habe ich viele Sachen gemacht, die um einiges softer waren. Insofern hat dieser Schritt für uns nichts mit dem Älterwerden zu tun.

Die Stücke, die für mich am meisten herausstechen, sind die B-Seiten-Songs eurer 7“ „Bonfire Season“. Dafür habt ihr „Denim demon“ von TURBONEGRO und „Scare me“ von MAJOR LAZER gecovert. Warum diese beiden?

Wenn ein Album fertig ist und wir uns an die Extras machen, wollen wir etwas tun, das die Leute nicht erwarten, wir aber einfach sehr mögen. TURBONEGRO und MAJOR LAZER sind zwei unserer liebsten Bands. Wir haben Diplo im Sommer getroffen und er hat uns erzählt, dass er ein Fan von GALLOWS ist. Wir sind ihm danach immer wieder begegnet und sind dann irgendwann auf die Idee gekommen, ein Cover von „Scare me“ aufzunehmen, weil wir das den ganzen Sommer lang gehört haben, während wir auf Tour waren. TURBONEGRO sind gute Freunde von uns, mit denen wir auch ein paar Mal spielen durften. Ich bin sehr gespannt auf ihre Reaktion. Ich habe gerade erst eine 7“ in den Briefkasten geworfen und hoffe, dass sie bald bei Happy Tom ankommt.

Viele Sänger mit Hardcore-Hintergrund haben ihre Schwierigkeiten, clean zu singen. Hattest du je Probleme damit, diese Seite deiner Stimme zu zeigen oder sie erst mal zu entdecken?

Dadurch, dass meine Stimme auch dann noch sehr rauh klingt, wenn ich clean singe, habe ich mir darüber noch nie Sorgen gemacht. Viele softe Momente des Albums sind dennoch sehr bedrückend und haben eine gewisse Dringlichkeit. Sie sind immer noch heavy, aber auf eine andere Art und Weise. Zwar nicht brutal, aber spannungsgeladen. Darauf bin ich sehr stolz.

Dies ist dein zweites Album mit GALLOWS. Wie lange hat es gedauert, bis du dich als volles Mitglied der Band gefühlt hast und von den Fans als neuer Sänger akzeptiert wurdest?

Die Band selbst hat das sehr direkt und simpel gelöst. Sie haben mich gefragt, ob ich vorbeikommen und mit ihnen jammen möchte. Als ich ankam, war ich mir noch nicht richtig sicher, was da los war. Ich habe einige alte Songs gelernt und wir haben eigentlich sofort damit angefangen, neue Musik zu schreiben. Für sie war von Anfang an klar: Wade ist es. Sie haben mich sehr unterstützt und mir gleich erlaubt, für die Band zu sprechen und sie zu repräsentieren. Was die Fans angeht, weiß man nie, was passieren wird. Jede Entscheidung, die man als Musiker trifft, schreckt ein paar Leute ab und begeistert wiederum andere. Wir wussten also nicht, wie sie reagieren würden. Die erste Show, die ich mit den Jungs in den USA gespielt habe, war genauso verrückt wie alle anderen GALLOWS-Shows zuvor. Zu diesem Zeitpunkt wussten wir dann, dass alles gut werden würde. Es hat sich alles sehr früh entschieden. Bei ALEXISONFIRE habe ich ja Gitarre gespielt und so war es für mich gerade bei dieser ersten Show eine riesige Umstellung, einfach mit dem Mikro auf die Bühne zu kommen. Nach mittlerweile drei Jahren und so vielen Shows ist aber alles cool.

Vor zwei Jahren hat euer Gitarrist Steph, der Bruder eures früheren Sängers Frank, die Band verlassen und ihr habt euch dazu entschlossen, keinen Ersatz zu suchen und stattdessen zu viert weiterzumachen. Wie hat das eure Arbeit und eure Musik beeinflusst?

Steph hat nie wirklich etwas zur Band beigesteuert. Er war in der Band, weil sein Bruder in der Band war. Als der die Band verließ, ist Steph letztendlich auch gegangen. Er hat wenig bis nichts für das „Gallows“-Album geschrieben. Er wollte es einfach nicht machen. Es hat also nicht wirklich einen Unterschied gemacht.

Aber es gibt im Studio oder live doch bestimmt Momente, bei denen du denkst: „Ein zweiter Gitarrist wäre jetzt nicht schlecht“?

Lags, unser erster Gitarrist, hat einige Sachen geschrieben, damit Steph sie spielt. Viele Stücke waren also für zwei Gitarren geplant. Als Steph ausgestiegen ist, dachte ich im Hinblick auf diese Songs schon: „Oh Shit, das wird total auffallen.“ Am meisten bemerkt man es aber bei unseren Shows. Die sind manchmal so chaotisch, dass eine Gitarre kaputtgeht, dann noch der Bass und ich renne irgendwo im Publikum herum und schreie nur noch zur Begleitung der Drums. In solchen Situationen denke ich tatsächlich manchmal: „Es wäre vielleicht ganz nett, einen weiteren Gitarristen zu haben.“ Ansonsten ist aber alles okay, Lags regelt das schon.

Die Songs auf „Desolation Sounds“ sind nicht mehr so sozialkritisch, wie man es von euch gewohnt ist. War es eine bewusste Entscheidung, persönlichere Songs zu schreiben?

Das Album vor „Gallows“, „Grey Britain“, war ein durch und durch britisches Album, das sich mit den Problemen in Großbritannien auseinandergesetzt hat. Da ich nicht aus Großbritannien komme und den Großteil meines Lebens auf Reisen verbracht habe, hat es für mich zur Entstehungszeit von „Gallows“ am meisten Sinn gemacht, textlich einen Blick auf globale Probleme zu werfen. Dieses Mal war der Ansatz beim Schreiben etwas anders. Ich denke, dass viele dieser Themen und Probleme, mit denen wir uns beschäftigen, nicht von anderen Menschen verursacht werden, sondern von uns selbst. Ich wollte den Blick also etwas mehr nach innen richten. Man selbst erschafft die Welt, die einen umgibt, all die Probleme und die Düsternis, die um uns herrscht. Dadurch ist das neue Album sehr viel persönlicher und introspektiver geworden.

Seitdem du zu GALLOWS gekommen bist, folgt euer Artwork einem klaren Stil. Wie wichtig ist euch die visuelle Identität der Band und was wollt ihr damit kommunizieren?

Das ist für uns sehr wichtig. Wir möchten, dass unsere Artworks sehr monochrom, auffallend und gleichzeitig simpel sind. Es ist einfach cool, wenn man im Plattenladen herumstöbert und alleine am Artwork sehen kann, das sind die GALLOWS-Alben mit Wade, selbst wenn der Bandname oder Titel nicht draufsteht. Die visuelle Gestaltung passt sehr gut zu dem, was wir musikalisch machen. Ich glaube, das liegt daran, dass die Bandmitglieder mehr denn je auf der selben Wellenlinie sind. Das wäre vorher wohl nicht möglich gewesen. Man kann allein am Artwork erkennen: Das ist die zweite Evolution von GALLOWS.