Das Furious Clarity Zine (kurz FC Zine) spaltet die Leserschaft, wie kaum ein anderes gegenwärtiges Fanzine/Magazin. Entweder man liebt es oder man hasst es – dazwischen gibt es nicht viel. Ein möglicher Grund dafür mag die rücksichtslose Eigenwilligkeit des FC Zines sein. Das FC Zine orientiert sich nicht an einer Szene, sondern die Szene hat sich am FC Zine zu orientieren. Manch einer mag dies als anmaßend betrachten, ein anderer wiederum als selbstbewusst und mutig. Mit scharfem analytischen Blick nimmt es das ein oder andere Feindbild zielsicher ins Visier. Und während der einst noch außen stehende Beobachter schadensfroh applaudiert hat, gerät er im nächsten Augenblick vielleicht schon selbst ins Schussfeld. Das FC Zine leistet Knochenarbeit an der Basis. Das FC Zine provoziert. Was einige jedoch scheinbar häufig übersehen, geht es dabei mit reichlich Spaß und Augenzwinkern zur Sache. Mit der letzten Ausgabe hatte man jedenfalls immerhin eine stolze Auflage von 2.000 Exemplaren erreicht und außerdem zwei, nicht gerade unbekannte Gastschreiber vorzuweisen – nämlich Moses Arndt und Klaus N. Frick. Schon beachtlich für ein Heft, das einst im Jahre 1998 gerade mal 50 kopierte Exemplare unters Volk gebracht hatte, und seitdem mit nicht mehr als sieben unregelmäßig erschienenen Ausgaben seinen berüchtigten Namen erlangt hat. Fast schon überfällig war es also, endlich mal einige grundlegende Fragen an Mastermind Christoph Parkinson zu stellen.
Beschreib doch mal das FC Zine in eigenen Worten. Warum sollte man es kennen? Warum sollte man es lieben? Warum sollte man es hassen?
„Das Heft ist für all diejenigen, die offen für gesellschafts- und szenekritische Beiträge jeglicher Art sind, dazu ein Faible für skurrile und schöne Kurzgeschichten haben und sich schon immer mal mit Musik unterschiedlicher Genres beschäftigten wollten. Inhaltlich werden bei uns Kritik, ein guter Geschmack und vor allem Anti-Szene großgeschrieben. Schubladen- und Szenedenken sind langweilig und uninteressant. Wir sind für vieles offen, tolerieren aber nur das, was wirklich Substanz hat. Wer mit unserer Offenheit und unserem zynischen Humor klar kommt, wird uns lieben – wer seine Ignoranz oder seinen Stumpfsinn nicht wahrhaben will, wird uns verleugnen oder hassen.“
Was unterscheidet deiner Ansicht nach das FC Zine von anderen Fanzines?
„Die Qualität! Unsere Artikel und Kolumnen leben von einer einmaligen Bissigkeit und einem vorbildlich kritischen Auge. Unsere Kurzgeschichten sind allesamt sehr erfrischend und gut geschrieben. Selbst unsere Rezensionen kann man mit Freude lesen, weil sie nicht nur knapp und informativ, sondern zum Großteil auch witzig formuliert sind. Des Weiteren lädt unser Layout zum Lesen ein und ist obendrein auch noch stilsicher. Und auch an dem Ergebnis von unserem Experiment mit der CD-Beilage im FCZ Nr. 7 sollten sich andere Herausgeber von Fanzines und Magazinen ein Beispiel nehmen. Timo von Unter Schafen Records hat da nicht nur viel Arbeit hineingesteckt, sondern auch mal wieder bewiesen, was er für einen fabelhaften Musikgeschmack hat. Die CD hätte auch ohne das Heft stehen können. Darüber hinaus sind wir auf keine Szene limitiert, und inhaltlich sogar noch abwechslungsreicher als beispielsweise die Bäckerblume.“
Wie kommt es eigentlich, dass so ein lieber netter, eigentlich eher schüchterner Kerl wie du in seinem Heft jedes Mal so eine große Fresse riskiert?
„Lieb und nett bin ich gewiss nicht zu jedem. Dass ich auf manche Leute schüchtern oder sagen wir mal besser zurückhaltend wirke, hat einen einfachen Hintergrund: Ich kann es auf den Tod nicht leiden, wenn mich irgendwelche Spinner, am besten gleich bei der ersten Begegnung, von ihrer Minderwertigkeit oder etwa ihrem falschen Weltbild überzeugen wollen. Ich interessiere mich für die wenigsten Menschen, die mir im Leben begegnen. Und es liegt mir fern, an irgendeinen dahergeflogenen Vogel nur eine Sekunde meines Lebens verschwenden oder gar stundenlang seine Meinung über irgendwas kommentieren zu wollen. Aus diesem Grund halte ich vorerst zu jedem einen freundlichen Sicherheitsabstand, um mir eine nervige Konversation zu ersparen. Wenn mich natürlich jemand nach meiner Meinung fragt, offenbare ich sie gerne, weil sie gewiss für denjenigen eine Bereicherung ist, aber ich dränge sie keinem auf. Zumal bin ich auch nicht der Typ, der abends wild rumposaunt oder irgendwelche klapprigen Studenten anpöbelt, um sich vor sonst wem zu profilieren. Im FCZ ist das hingegen etwas anderes – das ist mein Forum. Wer sich nicht für meine kritischen Standpunkte interessiert und dumm sterben möchte oder einfach nicht auf die Realität klarkommt, soll sich das Heft zwar kaufen, braucht es aber nicht zu lesen. Vor allem sollen diejenigen uns bitte auch kein Promomaterial von ihrer schlechten Band schicken!“
Verfolgst du mit dem FC Zine eigentlich irgendeine Mission?
„Der Begriff ‚Mission‘ ist ein wenig zu pathetisch. Sicherlich ist es mir sehr wichtig, mit dem FCZ ein paar wenigen tausend Lesern nicht nur Unterhaltung, Style und brauchbare Tonträgertipps zu bieten, sondern ihnen auch den Anreiz zu geben, sich mit ein paar Dingen kritischer auseinander zu setzen. Noch wichtiger ist es mir dabei aber, dass ich selbst einen sinnvollen Grund habe, mich mit mehreren Missständen ausgiebig zu befassen und das Ergebnis dieser Arbeit in einem Artikel zu veröffentlichen.“
Gibt es etwas, was du in deiner Laufbahn als Fanzine-Macher und Schreiberling bisher bereut hast?
„In Situationen, in denen ich fast schon um mein Leben bangen musste, weil irgendein Irrer entweder nicht meinen Humor oder den Hintergrund eines Artikels verstanden hat, habe ich mich manchmal gefragt, ob man psychisch Kranke vielleicht doch anders auf ihre Defizite hinweisen sollte, haha. Aber mal im Ernst: Klar gibt es im Nachhinein immer ein paar Kleinigkeiten, die man vielleicht anders gemacht hätte. Wenn ich zum Beispiel auf die ersten Ausgaben zurückblicke, muss ich wirklich manchmal über mich selbst grinsen und kann schon fast gar nicht glauben, dass das Geschriebene wirklich von mir ist. Besonders aber ärgere ich mich darüber, wenn ich in einer frisch gedruckten Ausgabe direkt beim ersten Aufschlagen einen Tippfehler entdecke. Wenn ich also wirklich mal irgendwas bereut habe, dann das, dass ich den einen oder anderen Artikel nicht noch mal Korrektur gelesen habe.“
Wie gehst du mit Kritik um?
„Anfangs konnte ich gar keine negative Kritik vertragen. Das geht aber sicherlich jedem so, der in irgendwas viel ‚Liebe‘, Zeit und Arbeit hineingesteckt hat, und sich dann von irgendjemand anhören muss, dass sein Werk nicht Weltklasse ist. Mittlerweile habe ich es einigermaßen gelernt, jede Kritik mit etwas Abstand genießen zu können, und mich dann zu fragen, weshalb derjenige das so meinen könnte. Unausstehlich werde ich nur noch dann, wenn ich merke, dass jemand das Heft schlecht rezensiert, obwohl ich genau in dem Text merke, dass er es gar nicht gelesen oder die Zusammenhänge nicht verstanden hat. Genauso wenig halte ich aber auch von den Süßholzrasplern, die alles von uns gut finden, obwohl sie sich mit keinem Absatz richtig beschäftigt haben.“
Wie zahlen sich die Kosten und Mühen, die du in so ein Heft steckst, für dich aus?
„Finanziell überhaupt nicht. Ausgenommen von Nr. 7, das sich vollkommen über Werbung finanzieren konnte, haben wir bei jeder Ausgabe draufgelegt. Die Kosten, die bei der Herstellung der CD-Beilage entstehen, sind ebenfalls längst noch nicht gedeckt. Das liegt daran, dass der Löwenanteil der Zines zwar auf Kommissionsbasis vertrieben ist, aber wir noch nicht das gesamte Geld von den Weiterverkäufern erhalten haben. Dieses Problem wird jeder kennen, der DIY-mäßig schon mal was veröffentlicht hat. Gästelistenplätze auf sämtlichen Veranstaltungen, Promomaterial usw. mögen zwar, manchmal zumindest, ein netter Beigeschmack sein, sind aber bei weitem kein Ausgleich für unsere Kosten und Mühen. Demzufolge werden wir demnächst auch auf die CD-Beilage verzichten, um uns endlich mal ein kleines finanzielles Polster für weitere Veröffentlichungen schaffen zu können. Irgendwann wird der Reichtum schon arschkriecherisch angekrochen kommen.“
Was gab es an Reaktionen seitens der Leserschaft zur letzten Ausgabe?
„Die Reaktionswelle war nahezu erdrückend. Die wenigsten der Leser kamen auf die Interviews mit TOCOTRONIC und vor allem mit MIA klar. Viele haben einfach nicht begriffen, dass wir kein Punk- oder Hardcorezine sind, das sich in irgendeine Schublade reinstecken lässt. Des weiteren kamen permanent Vorwürfe, wie wir eine Band wie MIA nur so unreflektiert interviewen könnten. Alle, die das immer noch nicht verstanden haben, sollen sich doch bitte noch mal unser Vorwort im FCZ Nr. 7 durchlesen! Andererseits lieben uns MIA und deren Management seit der letzten Ausgabe über alles. Wir überlegen daher auch, Mieze vielleicht demnächst eine eigene Rubrik in unserem Heft zu überlassen, haha. Nein, das wohl sicherlich nicht, aber davon abgesehen halte ich die Mitglieder von MIA absolut nicht für nationalistisch oder gefährlich, sondern einfach nur für naiv, ignorant und absolut unreflektiert. Aber interessant fand ich doch, dass man mit einem MIA-Interview mehr Leute schocken kann, als mit einer ehrlichen, zerstörerischen Szenekritik.“
Glaubst du, du wirst deinem Vorsatz, das FC Zine von nun an regelmäßig erscheinen zu lassen, treu bleiben können?
„Leider haben wir diesen Vorsatz bereits schon wieder gebrochen und werden ihn auch nicht aufgrund zeitlicher, organisatorischer und finanzieller Gründe in naher Zukunft einhalten können. Jeder von uns, insbesondere Christian, wäre darüber hoch erfreut, denn gewiss hätte eine regelmäßige Erscheinungsweise viele Vorteile. Jedoch muss man auch mal die andere, die negative Seite betrachten: Wenn man ständig unter dem Druck steht, zu einem vorgegebenen Termin das Heft veröffentlichen zu müssen, weil man ansonsten Probleme mit Anzeigenkunden oder auch Abonnenten kriegt, besteht die Gefahr, dass die Qualität des Inhalts darunter leidet. Aber wer weiß, was die Zukunft bringen wird? Vielleicht werden wir bald auch unser Team vergrößern oder uns mit der Emma fusionieren und tatsächlich monatlich erscheinen. Mal sehen ...“
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #59 April/Mai 2005 und Alex Gräbeldinger