FRO-TEE SLIPS

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Fun-Punk’s Not Dead

Beim letzten Punk im Pott-Festival gab es ein Revival des legendären „Festival der Volxmusik“ mit SCHLIESSMUSKEL, ABSTÜRZENDE BRIEFTAUBEN und DIE MIMMI’S. Diese gehörten allesamt Ende der Achtziger Jahre zur Speerspitze der Fun-Punk-Welle, die durch Deutschland schwappte. Von der Bravo unterstützt wurde ein Trend geschaffen, der Bands im Fahrwasser von DIE TOTEN HOSEN und DIE ÄRZTE populär machte. Plötzlich lachten einen bunte Haare von Deutschlands größtem Jugendmagazin entgegen und plötzlich war Punk, wenn auch in einer etwas weichgespülten Form, in aller Munde. Und das wiederum motivierte natürlich auch zahlreiche Teenager, ebenfalls eine Band zu gründen und rotzig-frech den Mittelfinger in die pubertären Wunden ihrer Zeitgenossen zu legen. So gründeten sich 1989 im hohen Norden die FRO-TEE SLIPS, um es ihren Helden gleichzutun. Doch im Gegensatz zu vielen Weggefährten von einst, die mit Abebben des Hypes dem Fun-Punk den Rücken kehrten oder sich gleich ganz auflösten, sind die Flensburger dem Genre stets treu geblieben – bis heute. Und so können sie in Zeiten, in denen einige ihrer Kollegen bereits ihr zweites oder drittes Comeback feiern, ihr Jubiläumsjahr angehen und mit Stolz von sich behaupten, immer dabei und stets sich treu geblieben zu sein. Deshalb lassen wir mit Dose, Hose, Michi und Lorenz jetzt das letzte Vierteljahrhundert Revue passieren und werfen einen Blick auf die Zukunft.

Wie ist es so, inzwischen zu den dienstältesten Fun-Punk-Bands des Landes zu zählen?


Michi: Super ist das. Man kommt ein bisschen herum in der Republik, trifft auf Konzerten immer wieder einen Haufen toller Menschen, die einem sonst nicht übern Weg laufen würden. Wir machen das ja in erster Linie, weil wir dann in den Backstagebereich dürfen und das Bier umsonst ist und wir nicht dafür anstehen müssen. Außerdem hält das regelmäßige Proben den Bregen in Gang.

Dose: So habe ich das noch nie gesehen. Es gab da ja auch schon eine ganze Menge Bands vor uns, die es vorzogen, ihre Texte mit Humor zu verzieren. Viele von denen haben sich dann irgendwann aufgelöst oder sich auch komplett vom Fun-Punk distanziert, so wie DIE GOLDENEN ZITRONEN zum Beispiel. Ich würde sagen, dass wir, kurz bevor der Fun-Punk-Dampfer für kurze Zeit in den Mainstream geschippert kam, mit aufs Boot gesprungen sind. Dass wir das Ganze dann 25 Jahre mit einem gesunden Maß an Entwicklung durchgezogen haben, nie den Spaß daran verloren haben und immer noch beim Proben oder bei Konzerten Gas geben, als gäbe es kein Morgen, macht mich sehr stolz und sehr glücklich.

Aber es dürfte sich ja im Laufe der Jahre so einiges für euch verändert haben. Man selbst wird älter, die Szene wandelt sich. Wie empfindet ihr das? Welche Veränderungen betrachtet ihr als positiv, welche eher negativ?

Michi: Absolut positiv ist die Fülle an Bands, die heute so unterwegs sind, und die auch durch neuzeitige Technik in der Lage sind, ganz gute Aufnahmen zu machen und sich zu präsentieren. Was es allerdings nicht leichter macht, an Auftritte zu kommen, für die man nicht noch draufzahlen muss. Auf die Nerven geht mir die verdammte Intoleranz eines Teils der heutigen Punk-Szene und deren Definition von „Punk“, die so durch viele Köpfe schwirrt. Für mich ist Punk genau das, was wir machen, nämlich es zu tun, weil wir es wollen, nicht weil wir es können. Wir verwirklichen und leben unseren Traum. Alles, was wir tun, ist absolut selbst- und handgemacht. Musikalität wurde uns nicht in die Wiege gelegt, sondern entwickelte sich langsam aus dem Willen heraus, auf einer Bühne zu rocken. Für uns ist Punk D.I.Y. und nicht irgendeiner Linie entsprechende Phrasendrescherei und Plattitüdenbrüllerei. Ich habe schon den Wasserwerfer und den Bullenknüppel zu Zeiten gespürt, in denen so manch ein heutiger Punk nicht mal geboren war, und deshalb kommt mir die Galle hoch, wenn ich die ach so verkrampfte politisch korrekte Szene betrachte, vor der ich mich dann rechtfertigen muss, keine hochpolitischen Texte zu singen. Mann oh Mann, da schwillt der Kamm!

Dose: Früher war alles Chaos. Wir wollten uns vom sogenannten Normalen absetzen und gegen den Strom schwimmen. Wir wollten auffallen um jeden Preis. Um dieses Chaos noch besser ausleben zu können, gründeten wir die Band. Anfangs noch zu zweit. Es hat uns imponiert, wenn Campino von den TOTEN HOSEN besoffen in einer Talkshow auftrat oder DIE GOLDENEN ZITRONEN bei „Ragazzi“ irgend einen Scheiß erzählten und das haben sie alle im hässlichsten Outfit durchgezogen. Diese Unbekümmertheit, dieses Rotzfreche, ohne wirklich richtig böse zu sein, fanden wir super. Wir wussten gleich, wo wir uns zuordnen konnten. In den ersten Jahren haben wir uns vor den Auftritten besoffen, um später ein Alibi zu haben, warum wir so schlecht gespielt haben. Die Leute fanden das meistens witzig. Das war das, was man von einer chaotischen Fun-Punk-Band erwartet hatte. Dadurch haben wir auch irgendwann mitbekommen, dass der Fun-Punk nicht mehr angesagt war, denn plötzlich fanden die Leute unsere Performance nicht mehr so lustig und haben uns von der Bühne gejagt. Heute halten wir den Alkoholkonsum vor den Konzerten in Grenzen. Ich denke, diese Entwicklung kann man positiv nennen. Früher hatte man sehr viel Quatsch im Kopf, so dass sich das dann auch in den Songtexten der ersten Jahre widerspiegelte. Heute verarbeitet man doch eher Dinge oder Situationen, die einen wirklich beschäftigen. Ich denke, dass wir uns über die Jahre ehrlich entwickelt haben. Wir haben uns nicht an diese Fun-Punk-Sache geklammert und krampfhaft versucht, auf dem Dampfer zu bleiben. Andererseits haben wir auch nicht versucht, uns krampfhaft vom Fun-Punk zu distanzieren, als der Fun-Punk plötzlich nicht mehr angesagt war. Wir haben uns selbst nie belogen. Was unser Alter angeht, muss ich sagen, dass sich die kleinen Wehwehchen in Grenzen halten – bis auf das ausgehende Haar. Aber ich muss auch sagen, dass die Energie in der Band jetzt auf dem Höhepunkt ist. Es wird regelmäßig geprobt und dabei geht es ziemlich wild zu. Mir ist jetzt gerade aufgefallen, dass sich ja so einige Fun-Punk-Kapellen wieder zusammen tun und eine Reunion starten. Hab ich da etwas verpasst? Sollte der Fun-Punk etwa doch wieder populärer werden?

Wie passt dazu dann das Etikett Fun-Punk? Ich meine, euch gab es schon, da gab es den Begriff noch nicht. Dann wollte in den Neunzigern niemand mehr in diese Schublade gesteckt werden. Heute kann man wieder drüber schmunzeln. Oder wie seht ihr das?

Michi: Das Etikett Fun-Punk trifft es ja eigentlich recht gut. Es sei denn, man setzt Fun mit unpolitisch gleich. Das geht gar nicht. Wir wollen Spaß haben und Spaß machen. Das können wir, glaube ich, auch ganz gut. In unserem Live-Programm haben wir ja immer einen Haufen Sauf- und Mitgröllieder. Die bringen wir auch authentisch rüber, denn auf der Bühne wird immer gefeiert. Und wer auf unsere Konzerte kommt und nicht Gas gibt, ist selber schuld. Wenn wir den Fun nicht leben würden, wäre er auch nicht Teil unseres Programms.

Dose: Das stimmt schon. Als wir anfingen, war das okay, wenn wir als Fun-Punk betitelt wurden. Mitte der Neunziger wurde das zu einer Art Schimpfwort, obwohl wir trotzdem alberne Texte schrieben. Heute haben wir zwar immer noch einen gewissen Witz in den Liedern, aber ich weiß nicht, ob das noch als Fun-Punk durchgehen würde. Wenn ja, wäre es für mich heute auch okay. Wenn man es daran messen würde, wie viel Spaß man beim Musikmachen hat, dann wären wir noch Fun-Punk. Allerdings haben wir es seit Mitte der Neunziger auch schwer, ein Label oder auch Auftritte zu bekommen, weil viele schon gleich beim Bandnamen dicht machen. Man muss sagen, dass der uns schon etwas ausgebremst hat. Wir wollten aber auch nicht einsehen, in jeder Lebenslage den Bandnamen zu wechseln. Außerdem gehört der Name zu uns. Er ist ein Teil unserer Geschichte, unserer Identität.

Wie war das damals in den Anfangsjahren für euch im hohen Norden? Es gab kein Internet, kaum Punkrock in den gängigen Medien, und Hamburg, Düsseldorf und Berlin waren weit. Was habt ihr da überhaupt von der Szene mitbekommen?

Michi: Als ich „Dorfpunks“ von Rocko Schamoni gelesen habe, fühlte ich mich wie auf einer Zeitreise. Ich hatte das Glück, einen älteren Bruder zu haben, der von einem Schulkollegen eine SEX PISTOLS-Platte ausgeliehen hatte. Die legte ich auf Vatis Plattenspieler und bin fast durchgedreht. Das war 1977, da war ich elf. Und mit 13 oder 14 kam die Offenbarung in Form einer RAZORS-Platte bei mir an. Daraufhin wurde eine Gitarre gebaut, zum Teil aus einer Sperrmüll-Tele, und eine Band gegründet. Seitdem bin ich infiziert und liebe und lebe diesen Virus. Im Landkreis Südtondern hatten wir eine feine Punk-Szene in den frühen Achtzigern, ein harter Kern von 15 bis 20 Jungs und Mädels. Wir waren viel unterwegs, nach Hamburg und auch nach Århus zum Monody Festival. Meist erreichten uns musikalische Neuerungen als Mixkassetten, die dann kopiert und gestreut wurden. Auch zu der Zeit funktionierten schon Fanzine-basierte Netzwerke, die dafür sorgten, dass alles relativ zeitnah in der Provinz ankam.

Nun steht in diesem Jahr das große Jubiläum an. 25 Jahre FRO-TEE SLIPS. Was habt ihr dazu alles geplant? Wie geht es danach weiter?

Lorenz: Wir haben so einiges geplant dieses Jahr, ob es denn auch alles so klappt, sei mal dahin gestellt. Zur Zeit machen wir einen wöchentlichen Videoblog, der jeden Mittwoch auf unserer Facebook-Seite veröffentlicht wird. Da geht es dann um ganz viele verschiedene Sachen, die die letzten 25 Jahre passiert sind. Des Weiteren arbeiten wir gerade daran, einen Film zu machen. Ich würde es mal als Dokumentation bezeichnen, in der es um die Bandgeschichte geht. Außerdem sind wir gerade dabei, einige Konzerttermine klarzumachen. Am 13.09. ist dann großes Heimspiel für uns im Flensburger Volxbad, und wenn es so läuft, wie wir uns das vorstellen, wird an dem Samstagnachmittag noch die Filmpremiere stattfinden. Ich hoffe, danach werden wir noch so einige Konzerte spielen, bis das Jahr 2014 rum ist. Ja und dann wird es eigentlich ja auch schon wieder Zeit für eine neue Platte. Wir waren die letzten paar Monate schon fleißig im Proberaum.

Michi: Wir sind zu jeder Schandtat bereit und bleiben am Ball, um die Fahne des Fun-Punk hochzuhalten.