FRANKY LEE

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Örebrö Calling

Derzeit ist es bei Mitgliedern etablierter Bands en vogue, sich musikalisch zu emanzipieren, sich auf eigene Beine zu stellen und abseits der Hauptband an eigenen Stücken zu versuchen. Zahlreiche Soloalben erschienen in den letzten Monaten, etwa von Tim Barry/AVAIL, Dustin Kensrue/THRICE und auch von Nikola Sarcevic/MILLENCOLIN. Während sich diese drei Sänger aber darauf konzentrierten, Singer/Songwriter-Stücke aufzunehmen, hat sich Matthais Färm, ebenfalls MILLENCOLIN, mit seiner zweiten Band FRANKY LEE darauf fokussiert zu rocken.





Ihr Debüt, "Cutting Edge", ist MILLENCOLIN und deren "Home From Home"-Phase denn auch gar nicht so unähnlich. Was FRANKY LEE jedoch von MILLENCOLIN abhebt, ist eine sehr weite Öffnung gen Rock à la FOO FIGHTERS, JIMMY EAT WORLD, SAMIAM oder den AFGHAN WHIGS. Man muss "Cutting Edge" einen Moment geben, das Album vielleicht ein, zwei Mal hören. Aber dann merkt man, was für einen Grower Färm, Gesang, Gitarre, da gemeinsam mit Magnus Hägeras, ex-PEEPSHOWS und zweite Gitarre, und Fredrik Granberg, RANDY, Drums, aufgenommen haben. Die Melodien des geradlinigen Rockers "Solitary", oder der ersten Single "The world just stopped" wachsen mit dem Hören. Und zwar so sehr, dass die Kombination aus druckvollen Arrangements und poppiger Eingängigkeit einen irgendwann nicht mehr loslässt.

Als ich Matthias Färm am Telefon erreiche, ist dieser bestens aufgelegt und am frühen Abend in seinem Haus in Örebrö zugange. Der sympathische Schwede ist, was FRANKY LEE angeht, völlig locker und von keinerlei Erfolgsdruck geplagt. "Ach, weißt du, mit FRANKY LEE gehen wir zurück zu den Anfängen, die Band legt, sieht man mal von meinem Ruf als MILLENCOLIN-Gitarrist ab, bei Null los. Es können sich noch keine besonderen Erwartungen an uns herausgebildet haben. Deswegen bin ich sehr entspannt", räsoniert Färm am anderen Ende der Leitung.

Das erste Album hat die Band komplett in Eigenregie aufgenommen, wobei man "Cutting Edge" in zwei Blöcken aufnahm. Färm und Hägeras sind wohnhaft in Örebrö, wo sie gemeinsam an den Songs arbeiteten, bis sie die Demos nach Stockholm zu Fredrik Granberg schickten. Der daheim dazu die Drums einprobte, um sukzessive nach Örebrö zu kommen und die Drums für die Songs an jeweils einem Tag aufzunehmen. Geprobt? "Nein", leitet Färm sich halb totlachend die Antwort ein. "Geprobt haben wir nie wirklich. Warte, doch, am Tag vor unserer ersten Show haben wir geprobt. Aber ansonsten haben wir uns eher auf unsere Erfahrung als Musiker verlassen. Und darauf, dass es schon klappen wird."

Es hat, wie "Cutting Edge" zeigt. Denn mit diesem im Januar erschienenen Album gaben FRANKY LEE dem noch jungen Jahr 2007 einen feinen Schub und brachten ein Album raus, das zugleich emotional und griffig, rauh und tanzbar ist. "Es war mir wichtig, dass wir das Album selber produzieren. Denn ich hatte ein recht klares Bild davon, wie FRANKY LEE auf Platte klingen sollten. Daher sah ich keinen Grund, einen externen Produzenten anzuheuern, der uns möglicherweise noch reinredet. Außerdem habe ich mit den Soundlab ein eigenes Studio. Das machte es noch leichter, selber an ?Cutting Edge? zu arbeiten."

Eine der ersten Shows, die FRANKY LEE spielten, war als Support für MY CHEMICAL ROMANCE in Stockholm. Wie kaum eine andere Band stehen MCR derzeit wohl für einen gewissen Wandel in der Punkrock- und Hardcore-Szene. Die Szenen öffnen sich ein Stück weit- Achtung: wertfrei! - dem Mainstream. Die Shows werden pompöser, glamouröse Features in allerlei Medien, hohe Chartplatzierungen und Majorlabel-Deals sind schon lange keine NoNos mehr. Zwar gab es diese kommerziellen Erfolge von Szenebands auch schon früher. Nur heutzutage werden allerlei Emo- und Screamo-Bands keinesfalls mehr so scharf von der Szene abgegrenzt, wie es einst mit GREEN DAY und OFFSPRING der Fall war. "Ich habe absolut gar nichts gegen MY CHEMICAL ROMANCE. Im Gegenteil, ich denke, dass sie eine der besten neuen Bands aus dem Punkrock- und Hardcore-Kontext sind. Aber ich denke auch, dass sich momentan vieles in der Szene ändert. Einerseits werden die Shows größer und kommerzielle Aspekte werden nicht mehr so kritisch betrachtet, wie es früher der Fall war. Andererseits beflügelt viele Labels das gerade, Millionen Dollar in Marketing-Kampagnen zu investieren, die vor allem eines verkaufen: Image. Und das Verkaufen von Image hat in meinen Augen eine fatale Folge: Style wird wichtiger als Musik. Schau dich mal bei MySpace oder sonst einer Social Community im Internet um. Da findest du etliche Bands, die den Style von Bands wie MY CHEMICAL ROMANCE und anderen kopieren. Aber das Problem ist: Sie können nicht spielen, ihre Songs klingen furchtbar. Diese Bands sollten sich lieber auf gute Songs, als nur auf Style konzentrieren", erzählt Färm zum Gesprächsausklang. Es bleibt, ihm und FRANKY LEE das Allerbeste für die Zukunft zu wünschen. Eine Australien- und Japantour sind bereits angedacht. Hoffen wir, dass es die drei Sympathen noch weiter bringt, als sie bereits sind.