Es ist immer wieder lustig, sich mit einem Urgestein der kalifornischen Orange County-Szene zu unterhalten. Erstens erzählt dir Lisa Parker , Sängerin und z.Z. Gitarristin von FOXY, einen Haufen Blödsinn und zweitens einen Riesenstrauß Lebensweisheiten. Die O.C.-Punkband hat pünktlich zu ihrer Europatour ihr Debütalbum „Stay Foxy Por Vida“ herausgebracht, was man aber leider in Deutschland nur über ihre Homepage bestellen kann. Nach ihrem Auftritt im Wild At Heart, den sie überschwänglich als „Fast so gut wie das Doorhat [Der Laden von Gitarrist Greg]“ lobten, passte ich sie ab. Sehr zufrieden schien Lisa mit der Publikumsresonanz heute hingegen nicht gewesen zu sein.
Was gibt es denn Neues bei euch? Irgendwelche Skandale, Missgeschicke oder Pannen?
Wir haben nach langer, ermüdender Suche einen neuen Drummer gefunden. Das war vielleicht kompliziert. Irgendwie scheint es in Kalifornien gerade einen Drummermangel zu geben. Entweder, der Typ passte nicht zu uns, oder er hatte keine Zeit. Jetzt haben wir aber Richie Mendez von den PUSHERS. Der wird hoffentlich lange bei uns bleiben. Für die Europatour haben wir schon wieder einen Aushilfsbassisten, weil Jason nicht konnte. Jetzt haben wir den ehemaligen Basser der ENGLISH DOGS genommen. Danach wird es aber wieder das normale Line-Up von unserer Platte geben. Das ist FOXY und wird auch FOXY bleiben. Greg und ich sind die beiden Fixpunkte in dem Besetzungschaos. Greg meinte einmal, dass dieses ganze Umbesetzen sehr lustig sei, ihm aber auf die Dauer auf den Keks gehe. Ich denke, dass wir jetzt unsere erste Scheibe heraushaben und nun auch ernst genommen werden. Bis jetzt sahen uns viele Kalifornier nur als Nebenprojekt. In Europa nahm man uns ernster. Die Leute, die wir kennen und die gerne zu uns kommen sollen, sind aber Kalifornier. Es wäre schön, wenn uns mit dem Album auch die Amerikaner akzeptieren würden, nicht nur die kleine europäische Szene.
Eure Debütscheibe ist jetzt gerade herausgekommen. Möchtest du uns dazu noch mehr erzählen? Bestimmt, oder?
Das neue Album spricht für sich, weil das erste immer auch einen Einschnitt markiert. Die Leute reden immer bei Bandgeschichten von den Besetzungen bei den Alben. Was davor war, interessiert die meisten doch nicht. Deshalb ist es sehr wichtig, dass unser aktuelles Line-Up ein Konstantes wird. Wir spielen jetzt nach den Konzerten in Europa unsere allererste komplette US-Tour mit allem drum und dran. In den Staaten wirst du als Westküstenband auch erst für die Ostküste gebucht, wenn du ein Album hast. Die Veranstalter wollen sehen, dass du es ernst meinst. Wir sind darüber jetzt sehr glücklich, dass wir es geschafft haben. Konzerte in Boston und New York sind schon cool. Wir werden viele Leute kennen lernen. John Maurer hat die Scheibe übrigens produziert. Er hat uns zu dem Plattenvertrag verholfen. Er arbeitet bei Loud Energy und hat uns dort vorgeschlagen. Wir sind sehr froh, weil L.E. Records ein sehr sympathisches Label ist. Dort arbeiten nur Musiker. Dort hast du nicht diesen Musikindustriemüll, der dir alles erklären und vorschreiben will. Wir dürfen ihnen erklären, was wir wollen. Außerdem werden wir vorher viel gefragt, z.B. wie teuer die Platten werden sollen oder ob wir in dem Radiosender laufen wollen. Wir behalten trotz der großen Unterstützung von L.E. Records viele unserer Freiheiten.
Wie viele Europatouren habt ihr jetzt eigentlich hinter euch? Kann es sein, dass ihr in Deutschland öfter als in den USA tourt?
Nein, dir kann ich die wahre Geschichte erzählen. Erst einmal stimmt es, dass wir mehr in Europa als in Amerika touren, aber im Frühjahr bin ich krank geworden. Unsere Konzertagentur Weird World wollte die Tour schon canceln. Ich liebe es aber zu touren. Deshalb habe ich mit meinen Freunden, meinem Arzt und meiner Familie gesprochen. Ich würde nur ein paar kleine Shows in England spielen, habe ich ihnen erzählt. Na ja, und dann war es doch wieder eine halbe große Europatour. Livespielen hält mich vielleicht nicht gesund, aber es macht mich glücklich. Das habe ich auch allen gesagt, als sie von meinen Tourplänen erfuhren. Sie sind aber nur sauer geworden und haben mich für verrückt erklärt. Eigentlich müssten sie ja einsehen, dass ich für mich selbst verantwortlich bin, tun sie aber nicht. Die sechs Monate von der vorigen bis zur letzten Tour waren schon schrecklich, weil du so viele lustige und nette Leute kennen gelernt hast, die du wiedersehen wolltest. Jetzt geht es mir gut: Reisen, Bier und Mineralwasser sind doch die schönsten Dinge der Welt.
Wie war das eigentlich mit deiner Vorgängerband 4-GAZM? War das ein fließender Übergang zu FOXY?
Im April 1999 waren wir in Europa mit 4-GAZM, das weiß ich noch, weil ich da Geburtstag hatte. Im Oktober und November kamen wir das erste Mal mit FOXY auf Tour. In Deutschland haben wir aber nur zwei Konzerte gespielt, glaube ich.
Ich dachte, eure erste Europatour wäre im März 2000 gewesen. In Berlin habt ihr im Pool-Club gespielt. Erinnerst du dich noch, da hast du deinen Koffer in Wermelskirchen vergessen. Bring jetzt nichts durcheinander!
Ach ja, Pool-Club. Was, da waren wir auch? Habe ich dir eigentlich schon von unserem Unglück erzählt? Mir hat gestern einer meine Brieftasche gestohlen. Mein Geld, mein Reisepass, mein Ausweis sind weg. Glücklicherweise weiß ich noch, wer ich bin. Nur meine Pillen hat er nicht weggenommen, aber damit sollte man ja auch nicht spaßen. Immer wenn ich in Berlin bin, passiert mir irgendetwas. Das ist eine ziemlich verrückte Stadt.
Kein Wunder, wenn du nach dem Konzert im Pool-Club noch in den Sage-Club gehst und dort die ganze Nacht durchfeierst.
Woher weißt du das denn? Warst du auch dort? Ich habe hier schon einiges gelernt. Das Erste war: Mache keine After-Show-Partys in fremden Ländern, wo dich keiner kennt. Ich reise mit FOXY viel durch die Welt und lerne immer dazu. Die Tour ist einfacher, weil mir viele Freunde Ratschläge geben. Die erste 4-GAZM-Tour war eine Katastrophe.
Stimmt es denn nun, dass du mit 4-GAZM mit John Maurer, dem Bassist von SOCIAL DISTORTION, in Deutschland getourt bist?
Oh, nein. Als wir mit 4-GAZM auf Tour gingen, war unsere EP von FOXY gerade fertig geworden. John sagte, dass er mitkommt, um sie den Leuten vorzustellen. Jetzt produziert er uns. Er ist einfach ein Teil der großen FOXY-Familie. Er tourt halt lieber mit seiner Band und seinem Kumpel Mike Ness.
Das Gerücht kam deshalb auf, weil zwei Bekannte von mir im Knaack-Club im Oktober 1999 waren. Dort hast du und John Maurer vor zehn Leuten gespielt. Du meintest aber im März 2000, dass ihr mit FOXY das erste Mal auf Tour seid. John Maurer tourte damals nicht mehr mit euch, weil er keine Zeit mehr hatte.
Mann, du stellst Fragen. Woher soll ich das jetzt noch wissen? John Maurer hat auf unserer ersten EP Gitarre gespielt. Im Februar 2000 starb Dennis Danell, der Gitarrist von SOCIAL DISTORTION. John und Mike waren völlig geschockt und blieben erst einmal zu Hause. Wir boten John an, mit uns zu touren. Er meinte aber, er müsse arbeiten. Er könne nicht. Wir konnten ihn nicht dazu zwingen, sich einmal ein bisschen abzulenken. Er hat uns nachher gesagt, dass er auch nicht wollte, dass so viele Leute mit ihm über Dennis´ Tod reden. Für ihn starb ein sehr guter Freund genauso wie für Mike. Jetzt ist John nur noch bei SOCIAL DISTORTION und damit ist das Thema wohl auch abgehakt.
Gitarrist Greg kommt dazu.
Greg: Hallo, schön das du auch da bist. Lisa ist heute etwas neben sich. Sie hat wenig geschlafen.
Ihr habt heute die RAMONES im Gedenken an Joey gecovert. Habt ihr zu ihnen eine spezielle Beziehung gehabt?
Lisa: Yeah, ich war auf ihrem letzten Konzert am 6. August 1996.
Das war in L.A., oder?
Lisa: Genau, im Palace. Das war eine gute Show. Ich habe zwar schon bessere von ihnen gesehen, aber es war schließlich ihre letzte. Da würde ich mir auch keine Mühe mehr geben.
Greg: Ich fand sie auch am Ende noch gut. Bei den RAMONES blieben die Punkrock-80er einfach bestehen. Du hast „Rock´n´Roll Highschool“ oder „I wanna be sedated“ gehört und fandest es einfach nur genial.
Auf eurer letzten Tour habt ihr in London mit einer anderen ganz alten Punkband gespielt, THE DAMNED. Davon habt ihr doch vorher so herumgeschwärmt. Wie war es denn?
Lisa: Das war richtig umwerfend. Es war in der Garage. Es war schon klasse, mit den Typen zu spielen, die wir immer gut fanden. Wir haben mit ihnen noch den ganzen Abend über gequatscht, obwohl wir am nächsten Morgen wieder früh aufstehen mussten. Wir waren wirklich sehr froh, mit ihnen einmal zusammenspielen zu dürfen. Eigentlich wurde schon so etwas wie ein Traum für uns war. Sie waren Engländer und wir Amerikaner. Sie sind einfach großartige Veteranen, und wir sind mit ihrer Musik aufgewachsen.
Dankeschön für das Gespräch. Wir sehen uns auf der nächsten Tour.
Das Wild At Heart war an diesem Abend nicht sehr voll, was in diesem Club schon selten vorkommt. Dementsprechend gingen FOXY auch nicht sehr motiviert zur Sache. Aber dadurch, dass ihr Tourbegleiter David Geburtstag hatte, kam das Publikum wenigstens in den Genuss von zwei „Ring Of Fire“-Coverversionen. Nach knapp einer Stunde hörten sie schon auf. Auf der vorigen Tour war Lisa wenigstens als Entschuldigung erkältet, diesmal hatte sie keine Lust. Ich dachte, sie mag das Touren so sehr...
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