FIFI AND THE MACH III

Foto

The Real Ramona

Von FIFI AND THE MACH III habe ich das erste Mal etwas auf der 1+2 Records-Compilation „Schools Out" gehört, wo sie mit ihrer SOCIAL DISTORTION-Coverversion von „So far away„ aus einem ganzen Haufen japanischer Lo-Fi-Bands herausstachen. Fifis Gesang ist hart, wütend und hebt sich deutlich von dem weit verbreiteten Jammersound vieler japanischer Bands ab. Das blieb mir im Kopf hängen und ein paar Monate später sah ich ihr viertes Album „Hullaballoo„ auf einem Majorlabel mit einem coolen Kozik-Cover. Mir war klar: die werden noch ganz groß! Der Sound hatte sich im Vergleich zu ihrem Compilation-Beitrag verbessert und erinnerte mich an EXPLODING WHITE MICE, die auch im RAMONES-Stil begannen und mit der Zeit immer mehr verschiedene Punk- und Rock’n’Roll-Einflüsse einstreuten. Genau in dem Stil rocken FIFI – süß und rotzig! Bis dato haben FIFI AND THE MACH III fünf Alben und mehrere Singles auf verschiedenen Labels in Europa und den USA rausgebracht. Hier also der Stand der Dinge von Fifi (Gesang) und Nolly (Gitarre).

Welche Musik habt ihr eigentlich in jungen Jahren gehört?


Fifi: Als ich in der Grundschule war, habe ich zuerst die CARPENTERS im Radio gehört. Danach kamen dann die BAY CITY ROLLERS. Die waren richtig groß in Japan.

Das merkt man! Hast du die mal live gesehen?

Fifi: Ja, ich war 12 oder 13 und für jeden waren sie die Idole schlechthin, doch am meisten hat mich die Musik interessiert. In der Junior High ging ich über zu CHEAP TRICK, KISS und den RAMONES. Die STOOGES und die RAMONES hörte ich zur gleichen Zeit und habe mich von da an für Punk allgemein begeistert.
Nolly: Mit 11 oder 12 Jahren hab ich die BEATLES gehört, aber da ich mir ihre Platten nicht kaufen konnte, habe ich mir die Musik vom Radio auf Tape aufgenommen. In der Junior High hab ich mir dann Rock wie KISS, C.C.R. und QUEEN gegeben. Meine Favoriten waren KISS und AEROSMITH und meine erste Platte war von KISS ‚Alive’.

Also hast du wegen Gene Simmons angefangen, Bass zu spielen?

Nolly: Zunächst hab ich auf meinem Hockeyschläger Luftgitarre gespielt und richtig dann in einer Coverband an der Highschool. Wir spielten Songs von den BEATLES, PISTOLS, RAMONES oder japanischen Punkbands wie ANARCHY und CARROL. Aber dann haben wir keinen Basser gefunden und so bin ich halt von der Gitarre zum Bass gewechselt.

Fifi, hattest du auch eine Band in der Highschool?

Fifi: Nee, ich wollte eigentlich eine Girlband gründen, aber es gab keine ordentlichen Girls, die wie ich auf STOOGES und die RAMONES standen.

Welche japanischen Bands gab es denn zu der Zeit?

Nolly: Es gab in der Nachbarschaft SON HOUSE, von denen einige Mitglieder SHEENA AND THE ROCKETS und die ROOSTERS gründeten, die eine Menge japanische Bands wie GUITAR WOLF und MAD3 beeinflusst haben. Die ROOSTERS haben oft hier in der Gegend gespielt und waren eine ziemlich geile Liveband. Als ich sie sah, wurde mir sofort klar, was ich selber machen wollte.

Wann und wo habt ihr euch das erste Mal getroffen?


Nolly: In der Highschool, wir waren in derselben Klasse. Wir haben uns während dieser Zeit ständig gegenseitig beeinflusst, aber unsere Vorlieben waren doch verschieden. Ich mochte mehr den Hardrockkram und die RAMONES...
Fifi: ...und ich stand halt mehr auf die STOOGES.

Und wann habt ihr angefangen richtig zu rocken?

Nolly: Nach meinem Abschluss 1981 hab ich erst bei UPBEAT UNDERGROUND gespielt. Das lief richtig gut, so dass wir sogar die Chance hatten, nach Tokio zu gehen und einen Majorvertrag zu kriegen. Aber ich wollte damals nicht, da wir frisch verheiratet waren und ich dann 1983 ein Kind bekam. Also hab ich das College aufgegeben und angefangen zu arbeiten. Ich wollte hier nicht einfach alles aufgeben.

Die besondere Anziehungskraft Tokios...

Nolly: Ja, alle wollen nach Tokio, um einen Majordeal zu kriegen. Damals gab es da nicht mal eine richtige Undergroundszene. Alles drehte sich um die Musikindustrie, da keiner wusste, wie er selbst eine Platte machen konnte, geschweige denn wusste, wie er sie rausbringen konnte. Die lokale Szene war damals mehr eine Übungsplattform, bevor man sich nach Tokio aufmachte. Wir fanden das scheiße und wollten in Kita Kyushu bleiben und von dort eine coole Band starten.
Fifi: Wir haben angefangen in unserer Gegend nach Leuten zu suchen, aber dann wurde ich schwanger und musste aufhören, als wir endlich einen Gitarristen gefunden hatten.
Nolly: 1983 haben Tsukasa und ich die MACH III mit verschiedenen Sängern gegründet, ab 1989 hat dann ausschließlich Fifi gesungen und wir nannten uns FIFI AND THE MACH III.

Habt ihr immer in Englisch gesungen?


Fifi: Ja, es ist zwar einfacher in Japanisch zu schreiben, aber es lässt sich nicht wirklich mit Rockmusik kombinieren. Japanisch hat sehr flache Intonationen und der japanische Klang der Musik ist halt auch sehr gedrückt und matt, das rock’n’rollt nicht! Wir sind zwar Japaner und unser Englisch ist nicht gut, aber wir glauben, dass unsere Songs in Englisch sein müssen.

Eure ersten Konzerte habt ihr dann auch unter dem Namen FIFI AND THE MACH III gemacht?

Nolly: Ja, wobei die ROOSTERS, THE MODS, SHEENA AND THE ROCKETS derweil richtig groß rausgekommen sind. Es gab eine Menge Bands im ROOSTER-Stil, aber niemand, der wie die RAMONES klang, somit passten wir live nicht unbedingt zur Masse der anderen Bands. Und die Punkbands, die existierten, hatten sich mehr dem Hardcore verschrieben – nicht das, was wir machen.

1990 habt ihr dann ein Demo rausgebracht.

Nolly: Und es hat sich sogar verkauft – vorzugsweise in Tokio. Das zweite Demo ging dann an Kunio Yoshiwara von Barn Homes/1+2 Records, der eine Kopie an Jeff Dahl weiterreichte und der wiederum dann dafür sorgte, dass 1+2 Records uns verpflichtet hat. Zunächst war nur von einer Single die Rede, aber am Ende haben wir direkt 14 Songs aufgenommen.
Fifi: Wir sagten ihm, er solle die Besten raussuchen, aber Jeff entschied sich, alle zu nehmen und auf ein Album zu packen.

Das erste Mal habe ich euch auf einer 1+2-Compilation gehört, da habt ihr euch von der Masse der anderen Bands echt abgehoben.

Nolly: 1+2 ist mehr ein Garage-Label und die Leute denken immer, wir seien eine Art Hardcore-Garage-Kapelle oder so was, aber das ist albern. Wir machen auch nicht diesen Lo-Fi-Kram, sondern mögen einen satten, kraftvollen Sound. Auf 1+2 sind wir nur gelandet, weil uns sonst keiner haben wollte.

Für „Hullaballoo" habt ihr dann mehr Zeit und Geld investiert?


Nolly: Stimmt, allerdings sind wir nicht ganz glücklich damit. Bis jetzt sind wir noch mit keinem Album völlig zufrieden gewesen.
Fifi: Das Studio in Fukuuoka, wo wir aufgenommen haben, ist ein cooles Analogstudio gewesen und sie wussten wie man einen guten Punksound hinbekommt, aber Higashikawa hat mehr das Gehör für Popmusik und so hat es dann beim Abmischen nicht so richtig gerockt.
Nolly: Bei der neuen Platte ‚I’m Ramona’ haben wir dann alle mitgearbeitet.

Letztendlich hat es dann 2000 doch mal mit einer Europatour von euch geklappt. Wie kam das?

Fifi: Ein Fan von uns aus Tokio, der nach Europa gegangen war, fragte uns, warum Bands wie GUITAR WOLF und all die anderen auf Europa- und US-Tour gehen, nur wir nicht? Freunde von ihm könnten uns ein paar Gigs verschaffen. Wir dachten, warum nicht, und Teenage Head aus Belgien, die uns kannten, meinten, wir sollen doch mal vorbeikommen. Die haben schon mit CHIXDIGGIT, HUNTINGTONS und GROOVIE GHOULIES gearbeitet, also hat Tsukasa frei gemacht und wir konnten auf Tour.

Was war eurer Meinung nach das Schönste an der Tour?


Fifi: Na ja, bis jetzt haben wir immer nur vor wenigen, ausgewählten Leuten aus Tokio gespielt und Japaner sind halt ein bisschen schüchtern. Es war das erste Mal, dass wir gespielt haben und die Leute richtig abgingen.
Nolly: Echt wie die Wahnsinnigen!

Also für euch eine absolute Überraschung?

Fifi: In Japan ist Rockmusik ausschließlich was für Kids oder jüngere Leute. In Europa sind die Leute, die auf unsere Konzerte kommen, teilweise viel älter als wir, haha.

Wie war es, als euer Gitarrist Tsukasa den Job quittiert hat?

Fifi: Letztes Jahr im August hat er gesagt, dass er aufhören wolle und spielte daraufhin im September sein letztes Konzert mit uns. Tsukasa ist ein sehr ruhiger Typ und kennt allein den Grund. Er sagte uns nur, dass er alles erreicht hätte mit FIFI AND THE MACH III.
Nolly: Seine Energie war einfach weg, sein Wille mit uns zu spielen.

Nach 14 Jahren war das bestimmt ein Schock.

Nolly: Schon, aber wir haben es kommen sehen. Es wurde auf Dauer immer schwieriger mit ihm, da der Rest der Band voll bei der Sache war und er begann, immer mehr hinterherzuhinken.

Aber ihr habt nicht dran gedacht aufzuhören, oder?

Nolly: Die Möglichkeit bestand, aber wir dachten eigentlich nur noch daran weiterzumachen. Wir konnten wegen Tsukasa lange Zeit keine Tour spielen, aber er war technisch fit und gehörte eben zur Band. Wir wollen halt besser werden, eine bessere Liveband sein. Irgendwann ist es dann bestimmt vorbei, aber nicht in nächster Zeit – außerdem will ich bestimmt nicht wie Mick Jagger enden, haha! Für uns zählt dieses ganze ‚Sex, Drugs & Rock’n’Roll’-Ding nicht. Wir waren noch nie so drauf, und wenn du diesen Weg gehst, bist du bald am Ende. Ohne mein eigenes Lebensmotto hätte ich es sowieso nicht so lange gemacht: Jede Menge Selbstbeherrschung, gesund leben, aber wenn es auf die Bühne geht – dann nur noch Crazy Rock’n’Roll!

Also gibt es doch bei euch eine Wahrung der alten Samuraitraditionen: asketisches Training und dann die Raserei in der Schlacht!

Nolly: Ich bin da etwas gespalten, da ich einerseits auf die japanischen Traditionen wie die Lehre des Bushido und japanische Kriegskunst stehe, andererseits liebe ich den Rock’n’Roll. Ich glaube, es gibt eine Verbindung in der Hinsicht, dass man sich auf ein bestimmtes Ziel konzentriert, bis man es erreicht hat.

Und jetzt habt ihr einen neuen Gitarristen?

Nolly: Genau, nach der Europatour kam Takashi in die Band, der bisher bei STRAIGHT LINE aus Hiroshima spielte und bei uns ab und an eingesprungen ist. Es gab aber noch einen Kandidaten, der extra angereist ist, um bei uns zu spielen. Mit 23 könnte er allerdings fast unser Sohn sein, haha.

Auf dem neuen Album „I’m Ramona„ lebt ihr euren RAMONES-Einfluss voll aus...

Fifi: Das kam besonders bei der Europatour raus. Wir haben die RAMONES schon immer geliebt. Sie haben uns zu dem gebracht, was wir heute machen. Ich hab haufenweise Freunde, die sich mit Nachnamen ‚Ramone’ nennen, so als Gag. Mich hat bisher noch keiner ‚Ramone’ genannt – bis zu unserer Europatour. Ein paar Leute kamen zu mir und meinten: Fifi ist Ramona! Sie wollten, dass ich ihnen Autogramme gebe und nannten mich ständig Ramona. Dann, am letzten Tag der Tour auf einem Konzert mit den BUCKWEEDS sagte die Band zu mir, dass sie die RAMONES genauso vergöttern würden wie wir und dass ich doch die wahre ‚Ramona’ wäre. So bin ich zu meinem Ehrentitel gekommen.