Als Shane McGowan von THE POGUES im November 2023 starb, traf das Scheinwerferlicht der medialen Aufmerksamkeit auf ein Genre, das sonst eher im Verborgenen blüht und trotz vieler Fans weltweit im Vergleich zu anderen Versionen vom Rockmusik fast ein Mauerblümchen ist. FIDDLER’S GREEN aus Nürnberg sind seit der Gründung 1990 selbsternannte Botschafter des Speedfolk, und meine Fragen beantwortete Bassist Rainer.
Rainer, wie verlief dein Erstkontakt mit der Musik der POGUES?
Da hat jeder von uns unterschiedliche Geschichten. Bei mir war es ein Club in einem Boot im Nürnberger Hafen. Ende der Achtziger, Anfang der Neunziger war das einer der angesagtesten Clubs in der Region. Einer der DJs war ein gewisser Markus Kavka, der damals in Erlangen studierte. Er hat unter anderem auch sehr gerne die POGUES aufgelegt und damit in mir die Initialzündung für die Liebe zum Irish Folk-Punk ausgelöst – und so auch entscheidend zur Bandgründung beigetragen. Zu den POGUES selbst hatten wir leider nie direkten Kontakt. Über die Jahre trafen wir mit sehr vielen sehr wichtigen Künstlern zusammen, aber leider nie mit den POGUES.
Andererseits ist es unangemessen, das Genre immer auf die POGUES zu reduzieren. Ich wurde einst angemeckert: „Hör dir gefälligst mal die DUBLINERS an!“ Welche Musiker und Bands haben euch so über die Jahre inspiriert?
Die POGUES waren schon mit die Ersten, die das traditionelle Element mit rockigen Elementen verknüpft haben. DUBLINERS oder CHIEFTAINS sind natürlich die Gottväter des Irish Folk, gefolgt von FLOGGING MOLLY oder auch DROPKICK MURPHYS in der jüngeren Vergangenheit. Diese haben uns alle in den Jahren mit geprägt und auch inspiriert. Man saugt ja alles auf, was sich um einen herum so tut. Mit diesen vier Bands hatten wir auch schon gemeinsame Auftritte und teils auch kurze Sessions. War sehr lustig und interessant! Aber auch andere Bands prägen einen natürlich, da würde es recht weit führen, die alle aufzuführen. Wir saugen ja alles Mögliche an Musik auf und verarbeiten es.
Ich rätsele ja immer noch, warum die Volksmusik eines so kleinen Landes wie Irland international so erfolgreich werden konnte. Was ist eure musiktheoretische Analyse dazu ...?
Die irischen Traditionen haben schon immer die Rockmusik mit beeinflusst. THIN LIZZY, Van Morrison oder auch U2 sind selbst aus Irland und können ihre Wurzeln durchaus nicht verleugnen. Bei uns in Deutschland sind die volksmusikalischen Helden in den meisten Fällen eher abgrundtief peinlich bis politisch höchst bedenklich. Die irische Musik hat nicht zuletzt durch die spezielle Geschichte des Landes etwas Melancholisches und Rebellisches. Der perfekte Nährboden für geile Rocksongs.
Was hat es mit eurem Song „I don’t like alcohol“ auf sich? Mit an irischen Traditionen orientierter Musik wird ja gemeinhin eher exzessiver Alkoholkonsum gleichgesetzt.
Da sich die traditionelle irische Musik vornehmlich in Pubs abspielt, ist diese Verbindung allgegenwärtig. Das spiegelt sich entsprechend in den Texten wider. Die Pubs sind der zentrale Teil des gesellschaftlichen Austauschs. Das führt aber auch fast zwangsläufig zu einer etwas unheilvollen Beziehung zu den Getränken. Und damit setzt sich der Song leicht augenzwinkernd auseinander.
Und was ist die Story zu „The Green Machine?“ Auf eurem Albumcover sieht man eine Art Goliath durch die Landschaft stampfen.
Die „Green Machine“ steht sinnbildlich für uns. Die Band quasi als Transformer. Wenn man genau hinsieht, kann man erkennen, dass die Bestandteile der Maschine in erster Linie unser Instrumentarium sind. Eine Art Speedfolk-Goliath auf seinem Weg durch die Lande, um mit maximaler Energie alles zu erkunden.
In Irland gibt es sicher auch gutes Bier, aber Guinness dominiert alles. Für mich eine untrinkbare Industrieplörre. Da ist Franken, wo ihr herkommt, doch ein weitaus erfreulicheres Terrain. Verratet mir also doch bitte mal eure fränkischen Bier-Geheimtipps.
Wir sind bei irischem Bier auch eher bei Murphy’s. Aber es geht natürlich nichts über das fränkische Bier. Hier ist es allerdings sehr schwer Highlights zu nennen – es gibt praktisch in jedem Ort der Fränkischen Schweiz eine eigene Brauerei. Und jedes Bier schmeckt leicht anders. Allein um meinen kleinen Heimatort herum gibt es in Laufnähe zehn Brauereien. Hier werden sogar spezielle Brauereiwanderungen empfohlen. Wer sich mal schön durch die fränkische Biervielfalt trinken will, ist also herzlich willkommen!
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