Eigentlich ist zu dieser Band schon alles gesagt. Seit der Veröffentlichung ihres Albums „Sturm und Dreck“ Anfang 2018 haben sich FEINE SAHNE FISCHFILET aus Vorpommern quasi zur Galionsfigur des Punkrock hierzulande entwickelt. Mehr noch: Frontmann Jan „Monchi“ Gorkow und seine Kollegen, die mehr dicke Freunde denn Mitmusiker sind, prägen nicht nur die Szene, sondern die komplette (musik)politische Landschaft mit Konzerten gegen rechts und mit Aussagen, die niemals Deutlich- und Dringlichkeit vermissen lassen. Nach zwei Jahren Dauerstress auf Bühnen aller Art legen FEINE SAHNE FISCHFILET 2020 eine Pause ein. Und ehe er sich schlafen legt, liefert uns Monchi noch schnell einen Rückblick auf den Rausch seines Lebens.
Monchi, ihr seid mit FEINE SAHNE FISCHFILET in den vergangenen Jahren, wie man so schön sagt, durchgestartet und habt jetzt noch ein paar Konzerte vor einer längeren Pause gespielt. Eines davon war das größte eurer Karriere: in der Dortmunder Westfalenhalle. Das ist mal eine Ansage.
Absolut! Das ist eine altehrwürdige Halle. Da hat das letzte Bob Marley-Konzert stattgefunden, wie mir der Veranstalter gesagt hat. Wir waren da irgendwann mal Vorband von DIE TOTEN HOSEN. Das war schon unglaublich. Und jetzt haben wir da eine eigene Show gespielt. Das war so krass, das ist geradezu absurd! Das war so alles nicht abzusehen.
Das Album, die Charts, die Tour, die Konzerte gegen rechts, der Film „Wildes Herz“ – es ist viel eingeprasselt auf euch seit der Veröffentlichung von „Sturm und Dreck“. Die Band und du, ihr wart und seid in aller Munde. Es gab gefühlt keine Pause. Keine Woche ohne irgendeine Wasserstandsmeldung von FEINE SAHNE FISCHFILET. Hast du als Hauptdarsteller inmitten dieses Sturms eigentlich irgendetwas davon mitgekriegt?
Nicht immer ... Die vergangenen zwei Jahre waren so, wie ich es auch auf unserem Album singe: „Alles auf Rausch.“ Was in dieser Zeit alles ging – unfassbar! Da brauche ich nach der Tour erst mal eine Weile, in der ich Ruhe habe, um das selber noch mal zu begreifen. Das ist ja oft so: Man erkennt das, was einem da alles passiert ist, erst später. Man wird sich dann erst des ganzen Ausmaßes bewusst.
Wie viel Anteil an dieser Popularität hat nicht eure Musik, sondern euer steter Einsatz gegen rechts? Es gibt ja nicht wenige Menschen, die lästern, als Musiker seien FEINE SAHNE FISCHFILET zweitklassig.
Ich denke, es ist eine Mischung aus allem. Beziehungsweise: Ich habe den Eindruck, dass viele Leute erst mal sagen: Ja, die sind super wegen ihrer Aktionen, aber musikalisch gehen die gar nicht. Und dann gehen die mal zu einer Show von uns – und sehen plötzlich: Wir können ja doch was. Einfach, weil diese Leute dann erkennen, dass wir live wirklich alles abreißen. Ich erinnere mich an die Show in der Düsseldorfer Mitsubishi Electric Halle. Da habe ich hinterher mit einigen Leuten geredet, denen es genauso ergangen ist, und die mir dann sagten: „Hätten wir nicht gedacht. Wenn ihr wieder herkommt, kommen wir auch wieder.“
Apropos Düsseldorf: Ihr habt ja auch zu DIE TOTEN HOSEN einen Bezug: Die haben euch nämlich vor der Veröffentlichung von „Sturm und Dreck“ zu ihrem hauseigenen Label JKP geholt – und somit nicht nur zu Freunden, sondern auch zu Partnern gemacht.
Genau. Und auch die Support-Shows für die Hosen waren diesbezüglich ein Meilenstein. Diese Auftritte bei deren Tourabschlusskonzerten im Düsseldorfer Stadion 2018. Da haben uns viele Leute entdeckt und gesehen, dass wir für das, was wir tun, brennen. Und dass das keine geisteskranken Hass-Konzerte sind, wie uns ja gerne mal vorgeworfen wurde.
Noch mal zurück zur Belastung: Wann kippst du um?
Keine Ahnung. Ganz ehrlich: Das frage ich mich manchmal auch. Gerade deshalb brauche ich auch die Pause in diesem neuen Jahr. Da gehen wir ganz locker ran. Natürlich, wir werden uns sicher mal im Proberaum zusammensetzen. Aber vor allem werden wir uns Zeit nehmen. Für Freunde. Für die Familie. Wir haben keinen Plan.
Keine neue Platte im Kopf?
Nein. Wir sind da ganz entspannt.
Entspannt? Ihr? Sei ehrlich!
Ja, haha. Wäre es anders, dann würde die nächste Platte auch keine gute. Man darf sich keinen Druck machen, dann geht das schief.
Was hat dich und euch in den vergangenen zwei Jahren am meisten geschlaucht?
Ich war alleine im vergangenen Jahr über 300 Tage unterwegs. Wir haben über 80 Konzerte gespielt. Ich habe über 100 Diskussionen zu dem Film gemacht. Das ging schon hart an die Substanz. Also, zu Hause zu sein – das ist schon was Schönes, haha.
Wie oft musstest du Anfragen ablehnen?
Täglich. Eigentlich sogar stündlich. Es schreiben ja ständig Leute: Komm doch bitte noch hierhin und dahin. Wenn ich fünf Filmdiskussionen in der Woche hatte, wurden auch die sechste und siebte noch angefragt. Andererseits ist das auch mega geil. Ich meine: Wir kommen rum, sind in diesen geilen Hallen. Und das kostet man dann auch aus – und sagt eben doch häufiger ja, als man will und als es vielleicht gesund ist.
Und dann betreibt ihr diesen ganzen Aufwand auch abseits der Musik und setzt euch in Chemnitz und anderswo ständig auch noch politisch ein – und müsst dann letztlich mit ansehen, wie so ein Wahlergebnis in Sachsen zustande kommt und die AfD 27,5 Prozent der Stimmen holt.
Ja ... Aber schau mal, die Leute sind dann jedes Mal so schockiert und wissen gar nicht, wie ihnen geschieht. Dabei ist das für uns nichts Neues. Bei uns in Mecklenburg-Vorpommern hat die NPD schon für mehrere Legislaturperioden im Landtag gesessen, ehe das in Sachsen passierte. Es ist ja so: Uns geht es nicht darum, einen Björn Höcke umzustimmen. Der Typ ist einfach ein überzeugter Faschist und macht, was er eben macht. Uns geht es vielmehr darum, diejenigen Leute zu unterstützen, die keinen Bock auf so etwas haben. Und das ist immer wichtig. Diesen coolen Leuten müssen wir helfen. Und dafür hat man einfach seinen Arsch hochzubekommen.
Egal, wie so eine Wahl ausgeht?
Ja, egal, wie so eine Wahl ausgeht. Wir freuen uns einfach, wenn diese Leute aus einem Auftritt von uns in ihrem Ort Kraft ziehen, um auch in Zukunft gegen rechts aufzustehen. Und da kommt dann eben auch mal der Bürgermeister zu uns und schüttelt uns die Hand.
Es gibt Menschen, die sagen: Man darf nie aufhören, mit der rechten Gegenseite zu reden. Auch nicht mit einem wie Björn Höcke.
Ich weiß. Und das kann auch jeder gerne machen, wie er oder sie will. Aber ich würde auf so was keine Energie verwenden. Dafür ist mir meine Kraft zu schade.
Was war das Großartigste und das Mieseste, was dir in den vergangenen, euren erfolgreichsten Jahren erlebt habt?
Diese Dessau-Geschichte war schon wirklich erbärmlich ...
Auf Druck von AfD, CDU und Teilen der Öffentlichkeit sagten die Betreiber des dortigen renommierten Bauhaus ein Konzert von euch ab.
Ja. Dass – man kann es nicht anders ausdrücken – eine so renommierte Institution wie das Bauhaus vor Nazis eingeknickt ist und unseren Auftritt absagte, weil man angeblich nicht Austragungsort politischer Agitation sein wollte, wenn eine linke Band wie wir dort spielt, das kann ich bis heute nicht begreifen.
Und wie ist es mit dem großartigsten Erlebnis?
Das war vor allem das Dorffest bei uns zu Hause in Vorpommern. Da haben Freunde, Bekannte, unsere Familien, Vereine mitgemacht. Und zwar nicht zum ersten Mal. Wir sind dort aufgewachsen, kennen da alle. Da haben wir einfach immer das Gefühl, wir bewegen hier wirklich etwas vor Ort. Und wir tun das mit allen gemeinsam. Das ist wirklich mit das Geilste, was ich kenne!
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