FAUST AGAIN

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Übung macht den Meister

Die polnische Band FAUST AGAIN fand im Jahre 1999 zusammen, um ihre Vision brachialen Metals zu verwirklichen. Aufgrund ihrer Mischung aus Death/Thrash Metal-Riffs und heftigen Breaks wurden sie anfangs jedoch eher mit Metalcore-Bands wie beispielsweise den frühen HEAVEN SHALL BURN und insbesondere CALIBAN verglichen. Das inzwischen nicht mehr existierende Label Circulation Records, Ex-Heimat von unter anderem NARZISS und COMECLOSER, welches FAUST AGAIN damals unter Vertrag nahm, unterstützte diese Kategorisierung maßgeblich. Ein Vergleich, der heutzutage jedoch wirklich hinkt, was vor allem das neueste Release der Band mit dem Titel „The Trial“ beweist und mehr denn je von modernem Death- und Thrash Metal geprägt ist. Zur neuen Marschrichtung und ganz besonders zur neuen Platte beantwortete mir Sänger Marcin einige Fragen.

Ihr kommt ja aus Polen. Erzähl doch bitte etwas über die dortige Hardcore- beziehungsweise die Metal-Szene. Gibt es da Gemeinsamkeiten oder überwiegen doch eher die Unterschiede?

Ich schätze, dass wie überall auf der Welt auch hier die Hardcore-Szene den Fokus mehr auf politische und ethische Aspekte legt, anstatt auf die Musik, ein gravierender Unterschied zur Metal-Szene. Die Hardcore-Kids hören sich grundsätzlich auch nicht mehr Metal-Bands an als nötig ist. Im Grunde beschränken sie sich eher auf „traditionellen“ Hardcore. Sicher, es gibt auch eine Gruppe von Leuten, die auf Metalcore, Deathcore, Mathcore und das ganze Zeug stehen, allerdings kann man nicht sagen, dass die irgendwie mit der Hardcore-Szene verbunden sind. Ich denke, dass viele Kids den Weg zu dieser Art von Musik über irgendwelche Mainstream-Magazine oder auch über das Fernsehen gefunden haben. Die Metal-Szene ist da, wie schon gesagt, ganz anders, hier hat die Musik einen sehr großen Stellenwert. Außerdem ist diese Szene hier bei uns auch ziemlich groß.

Was Bands wie BEHEMOTH oder die göttlichen VADER durchaus belegen können, schließlich besitzen beide auch international einen enormen Stellenwert. Ist es euer Ziel, mit FAUST AGAIN in deren Fußstapfen zu treten?

Wir mögen diese Bands und respektieren sie sehr für das, was sie tun. Es ist jedoch keineswegs unser Ziel, ihnen in irgendeiner Weise nachzueifern. Wir möchten einfach nur unsere Musik für jene Leute spielen, die sie mögen und auch verstehen. Die erwähnten Bands üben beide großen Einfluss auf die gesamte Death-Metal-Szene aus, und natürlich wäre es für uns ein sehr großer persönlicher Erfolg, wenn wir das ebenfalls schaffen würden, aber wie schon gesagt – das ist nicht unser Hauptanliegen.

Kommen wir auf euer neues Album „The Trial“ zu sprechen, das im Vergleich zu euren früheren Veröffentlichungen deutlich weniger Metalcore beinhaltet, dafür lupenreinen und äußerst beeindruckenden modernen Death/Thrash Metal. Was waren die Gründe, musikalisch diesen Schritt zu machen?

Wir selbst haben uns eigentlich niemals als „Metalcore“-Band bezeichnet. Als wir 2002 unser erstes Album aufnahmen, existierte dieser Terminus noch nicht einmal. Wir spielten einfach Metal mit einigen wenigen Hardcore-Einflüssen, und wir traten meistens vor Hardcore-Kids auf, weil wir mit ihnen größtenteils die gleichen Werte und Einstellungen teilten. Was die Musik angeht, waren wir stets auf Metal fokussiert. Wir sind mit Bands wie DEATH, MORBID ANGEL, ENTOMBED, CARCASS und all den anderen großen Namen aufgewachsen und wurden auch am meisten von ihnen beeinflusst – definitiv keine Bands, die der Metalcore-Szene zugehörig sind. Um jedoch auf deine Frage zurückzukommen, ich schätze, die Entwicklung, die wir auf „The Trial“ gemacht haben, rührt ganz einfach daher, dass wir alle als Musiker einen großen Schritt nach vorne gemacht haben. Eine natürliche Entwicklung also, die sich daraus ergab, dass wir schon seit so vielen Jahren an unserer Musik arbeiten.

Hört man sich euer neues Album an, so scheint ihr aber auf jeden Fall ein wenig in Richtung Schweden geschielt zu haben. Es beschleicht einen das Gefühl, dass ihr euch auch von Bands wie MESHUGGAH, SOILWORK, DARKANE und THE DUSKFALL habt inspirieren lassen.

Sowohl MESHUGGAH als auch SOILWORK mögen wir alle wirklich sehr, aber zu unseren Einflüssen zählen sie nicht. Das waren eher die Oldschool-Death-Metal-Bands, die ich eben erwähnte. Von daher ist es wohl eher ein Zufall, dass derartige Ähnlichkeiten auszumachen sind, aber da wir, wie gesagt, diese Bands ebenfalls sehr schätzen, ist das vollkommen in Ordnung. Letztlich kommt es uns ja zugute.

Mit den neuerdings recht komplexen Strukturen in euren Songs scheinen einige Hörer jedoch leicht überfordert zu sein. Schaut man sich manche Reviews an, bekommt man den Eindruck, dass sich einige schon beinahe vor den Kopf gestoßen fühlen von euch. Steckt dahinter Kalkül oder seid ihr von derartigen Reaktionen selbst überrascht?

Das war so auf jeden Fall nicht geplant, als wir mit dem Songwriting für das neue Album begonnen haben. Es ist auch sehr schwierig für mich, das objektiv zu beurteilen, da ich schließlich am Songwriting wie am gesamten Entstehungsprozess des Albums beteiligt war. Wir haben jedoch in der Tat schon mehrfach zu hören bekommen, dass unser neues Album deutlich anspruchsvoller ist als alles, was wir zuvor gemacht haben, und den Hörern mehr Aufmerksamkeit abverlangt. Zwar war das nicht unbedingt unsere Absicht, aber eigentlich ist das ja auch irgendwie gut so, denn meiner Meinung nach zeichnet sich gute Musik dadurch aus, dass sie in der Lage ist, dich für Wochen und nicht nur für wenige Tage zu beschäftigen.

Aber „The Trial“ ist nicht nur musikalisch, sondern auch inhaltlich deutlich fordernder. Es geht in den neuen Songs um die Suche der Menschen nach persönlicher Zufriedenheit in der heutigen modernen Welt. Steht dahinter ein festes Konzept?

Das ist etwas, an dem ich schon seit unserem ersten Album geschrieben habe, allerdings konzentrierte ich mich inzwischen mehr auf die dunkle Seite der menschlichen Natur und das Leben in der heutigen modernen Zeit. Unsere neuen Stücke, die ich als deutlich brutaler und heavier bezeichnen würde, haben auch meinen Schreibstil beeinflusst, der nun etwas pessimistischer ausgefallen ist. Ich bin noch immer auf der Suche nach gewissen Antworten, nach Hoffnung und Lösungen. Es ist mein Ziel, dass meine Songtexte den Leuten im alltäglichen Leben helfen. Natürlich kann ich keine direkten Antworten geben, aber zumindest kann ich die Menschen wissen lassen, dass sie nicht alleine sind mit ihrer Kritik an der Gesellschaft und ihrer Suche nach einem guten Weg, ihr Leben zu führen.

Mit was befasst ihr euch, wenn ihr nicht gerade neue Musik kreiert? Gibt es da noch irgendwelche Jobs oder Ähnliches?

Ich arbeite in einer Werbeagentur und befasse mich dort hauptsächlich mit Internetkampagnen. Unser Basser Adrian arbeitet für ein Magazin, das seinerseits überwiegend auf den Werbemarkt ausgerichtet ist. Unser Drummer X und Gitarrist Olek arbeiten beide als Barkeeper. Wojtek, der andere Gitarrist, verkauft Klamotten für Reebok. Außerdem spielen wir neben FAUST AGAIN noch in zwei anderen Bands, die BLUES BEATDOWN und THE OLD CINEMA heißen.

Welche Pläne gibt es für FAUST AGAIN in der nächsten Zeit?

Auf jeden Fall haben wir schon mal mit dem Songwriting-Prozess für das nächste Album begonnen. Es kostet uns jedes Mal eine Menge Zeit, neue Songs fertig zu stellen, so dass wir damit so früh wie möglich anfangen müssen. Davon abgesehen, arbeiten wir daran, eine Tour durch Deutschland auf die Beine zu stellen, die gegen Ende dieses Jahres losgehen soll.