Grindcore-Songs, die länger sind als eine Minute? Puristen schütteln den Kopf. Warum man sich aber das neue Werk der US-Band dennoch anhören sollte, klären wir mit Sängerin Katerina.
Der Albumtitel „Memory Theater“ bezieht sich auf ein altes Konzept. Könnt ihr uns erklären, was das bedeutet und wie es auf euch und eure Musik zutrifft?
Für unser zweites Album wollten wir mit den Texten und Themen introspektiver werden. Unsere Idee des „Memory Theater“ beschreibt ein internes Gebäude, das aus unendlich ausgedehnten, konstruierten Räumen besteht. Ich bin Architektin, also wollte ich eine Architektur des Geistes mit Symbolik und einer Menge Verweise auf Kunst und Philosophie bauen. Musikalisch spiegelt das Thema des Aufbaus einer inneren Architektur die Art und Weise wider, wie wir das Album geschrieben haben. Wir haben diese Songs während der Pandemie geschrieben, also haben wir buchstäblich diese isolierte Welt der Musik für uns gebaut und davon geträumt, wie es sein wird, wenn wir wieder live spielen können.
Ihr habt mit Kurt Ballou von CONVERGE an dem Album gearbeitet. Wie war die Zeit mit ihm?
Erstaunlich. Er ist wirklich eine Inspiration für jedes einzelne Bandmitglied, daher war es immer unser Ziel, mit Kurt bei GodCity arbeiten zu können.
Welchen Einfluss hat er auf das Album gehabt?
Kurt war sehr direkt. Er drängte darauf, aus uns die besten Tracks herauszuholen, und ließ uns genau wissen, was er dachte. Gleichzeitig fühlten wir uns in seiner Nähe aber auch alle sehr entspannt. Die Atmosphäre im Studio ist sehr entspannt und wir haben uns alle sehr gut verstanden. Es stand viel auf dem Spiel, denn wir hatten nur ein kleines Zeitfenster für die Aufnahmen, und natürlich wollten wir das Beste daraus mitnehmen. Ich würde sagen, dass Kurts Anwesenheit einen großen Einfluss auf „Memory Theater“ hatte.
Alle Songs auf „Memory Theater“ sind länger als 1:30, einige sogar länger als drei Minuten – wenn man sich eure Diskografie anschaut, ist das ein Novum und für Grindcore könnte man es schon als episch bezeichnen. Das mag seltsam klingen, aber ist die Definition von Grind nicht, hart und schnell zu sein?
Für manche ist die Länge der Songs ein wesentliches Element von Grindcore, aber wir hatten nicht vor, eine reine Grindcore-Platte zu machen. Wir haben uns wirklich darauf konzentriert, diese Songs während der Pandemie zu demontieren und zu bearbeiten und dabei die ganze Palette unserer Einflüsse einzubeziehen. Wir haben sehr darauf geachtet, wie sich die Leute zu diesen Songs bewegen würden – wahrscheinlich, weil wir es so sehr vermisst haben, live zu spielen –, also haben wir uns entschieden, bestimmte Teile länger laufen zu lassen und auf verschiedene Arten zu wiederholen. Wie du schon sagtest, hart und schnell aber mit Kontrasten.
Wie habt ihr euch dabei gefühlt, so „lange“ Songs zu schreiben?
Großartig! Aber ich muss mich erst noch daran gewöhnen, sie live zu spielen und meine Energie während des Sets einzuteilen.
Die meisten Songs sind immer noch kurz . Wie bringst du darin alles unter, was du sagen willst?
Nun, was den Gesang angeht ... Entweder man überfrachtet einen Song mit einer Million Wörtern oder man reduziert die Konzepte auf die einfachste und kryptischste Art und Weise, wie man sie ausdrücken kann.
Hast du manchmal das Gefühl, du hättest noch mehr zu einem Thema zu sagen, aber der Song ist schon zu Ende?
Haha, oh ja, sicher. Deshalb war es für mich wichtig, die Lyrics und Patterns von „Memory Theater“ mehrmals durchzugehen und zu bearbeiten, bis das Konzept und die Stimme überall sauber sind.
Grindcore und Powerviolence sind ziemliche Nischengenres – und die neigen dazu, Gatekeeper zu haben. Ist das etwas, das du in der Vergangenheit erlebt hast?
Als ich jünger war, hat mich so etwas noch beeindruckt. Wenn ich dem jetzt begegne, kommt mir dieses Verhalten eher lustig vor. Es ist doch kontraintuitiv, andere von deinen Lieblingsbands und -genres fernzuhalten ... Würdest du nicht so viele Leute wie möglich daran teilhaben lassen wollen, wenn du bestimmte Bands liebst und willst, dass sie Erfolg haben und weiterhin deine Lieblingsmusik machen? Das ist der Punkt, an dem ich bin, und das fühlt sich ziemlich gut an.
Wo seht ihr eure Band in diesem Zusammenhang?
Wir sind die Band, die man seinem kleinen Cousin vorspielt, damit er sich für Heavy Music interessiert, aber wir sind auch die Band, die mit den alten Hasen abhängen kann. Wir wollen, dass die Leute, die zu unseren Konzerten kommen oder unsere Platten hören, eine emotionale Verbindung aufbauen und alles rauslassen können. Bei uns wird keiner ein Urteil über dich fällen und du kannst tanzen/hören/dich kleiden/sein, wie immer du willst. Akzeptanz muss nicht radikal sein, und wir wollen euch das durch harte Riffs und Blasts näherbringen.
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