ENTER SHIKARI

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Licht am Ende des Tunnels

Für eine Band, die so stark von der Verbindung zu ihrem Publikum lebt, wie es die Briten ENTER SHIKARI tun, waren die letzten zwei Jahre keine leichten. Wir sprechen mit Sänger Rou Reynolds über Schreibblockaden und nachhaltiges Touren.

Bevor ihr das Album „Kiss For The Whole World“ aufgenommen habt, musstest du gegen eine kreative Blockade ankämpfen, was hatte es damit auf sich?

Ich habe 18 Monate lang keinen Song geschrieben, was nicht mehr passiert ist, seitdem ich elf Jahre alt war. Für mich war es besonders schlimm, da ich glaube, sich künstlerisch zu betätigen ist wohltuend für die menschliche Psyche. Für mich macht es das Leben lebenswert. Als wir aber das erste Konzert nach der Pandemiepause spielen konnten, kehrte auch die Kreativität zurück. Diese Live-Ereignisse inspirieren mich zu schreiben. Dafür habe ich in den 18 Monaten ein Buch schreiben können, es heißt „A Treatise on Possibility: Perspectives on Humanity Hereafter“ und gewährt einen tiefen Einblick in meine Texte, aber auch meine Gedankenwelt.

Welcher Song entstand als Erstes, nachdem du die Schreibblockade überwunden hattest?
Es müsste „(Pls) Set me on fire“ gewesen sein. In dem Lied geht es darum, wieder zurück zu den Dingen zu finden, die man verloren glaubte. Es geht darum, wieder schreiben zu können, sich wieder mit Leuten zu verbinden. Es geht darum, das Licht am Ende des Tunnels zu sehen. Ich glaube, die Beziehungen zu anderen Menschen waren schon immer das, was uns als Band weitermachen ließ, was uns aber erst in der Pandemie richtig bewusst geworden ist. Ich bin eine sehr introvertierte Person und meine bevorzugte Art, mit der Welt zu kommunizieren, ist durch Musik. So habe ich fast alle meine Freunde gefunden. „(Pls) Set me on fire“ fängt dieses Gefühl ein.

Auf „A Kiss For The Whole World“ finden sich wieder viele Referenzen zu euren früheren Werken. Die Anspielungen auf „The dreamer’s hotel“ oder „Live outside“ sind wohl die auffälligsten. Was hat es mit diesen Referenzen auf sich?
Als Band haben wir schon immer gerne Elemente eingebaut, die sich auf uns selbst beziehen. Heutzutage sagt man dazu Easter Eggs. Für mich fühlt es sich so an, als würde wir unsere Welt mit mehr Leben füllen. Besonders als Songschreiber überlege ich immer, was als Nächstes kommt, weshalb es wichtig ist, auch bewusst zurückzuschauen. Auf „Moratorium“, dem letzten Album, hatten wir den Song „Crossing the Rubicon“, in den wir die Synthies von „Labyrinth“ eingebaut haben, unser zweites Album „Common Dreads“ beinhaltet Streicher, die bereits auf „Take To The Skies“ zu hören waren, und die Zeile „Standing like statues“, nach der ja auch unsere Biografie benannt ist, bauen wir auch sehr gerne ein.

Neben dem Album gab es letztes Jahr zudem zwei Features, einen mit Cody Frost und einen mit ­WARGASM, wieso sind diese beiden Songs Standalone-Tracks und nicht Teil des Albums?
Als wir diese Songs geschrieben haben, waren wir uns gar nicht sicher, ob sie nicht doch aufs Album kommen. Jedoch haben wir relativ schnell bemerkt, dass wir genug kreativen Output haben und die Entscheidung getroffen, ein Album ausschließlich mit neuer Musik zu veröffentlichen.

2022 hat es vermehrt Testprojekte gegeben, wie man Touring nachhaltiger gestalten kann. Nur hat leider nicht jede Band die gleichen finanziellen Möglichkeiten wie Coldplay. Welche Tipps kannst du kleineren Acts geben?
Für die größeren Shows in Europa haben wir Trucks gefunden, die mit CO2-neutralen Kraftstoff fahren. Das ist großartig. Für das Licht nutzen wir LEDs, die weniger Strom verbrauchen, zudem sind unsere Catering-Wünsche komplett vegan, was den CO2-Fußabdruck weiter senkt. Aber all das ist auch nur ein Tropfen auf dem heißen Stein. Aktivismus ist mit Abstand das wichtigste, wir müssen die fossile Brennstoff-Industrie und Energiekonzerne dazu bringen, etwas zu verändern und grüne Technologien zu unterstützen. Nur ein Umdenken im System kann eine langfristige Lösung sein.