„From the musk to the man to the guillotine, from the musk to the man to the satellites of death“. Das ist ED SCHRADER’S MUSIC BEAT, mach was draus! Ed und Mitstreiter Devlin Rice mit geschlossenen Fragen zu bombardieren, wäre da sicherlich keine gute Idee, also mal was anderes probieren: als Einstieg ein kurzer Denkanstoß, danach Schlagwörter. Die beiden sind schließlich äußerst kreativ im Umgang mit Zusammengewürfeltem und werden sich schon etwas Brauchbares daraus basteln. Und es funktioniert. Teilweise zumindest. Die eigene Kurzbeschreibung „ED SCHRADER’S MUSIC BEAT ist ein Rockduo aus Baltimore, das sich – entgegen landläufiger Behauptungen – ernst nimmt“ setzt Devlin immerhin schon mit seiner ersten Aussage außer Kraft. Es folgen hochkonzentrierte Fakten vom Feinsten! Oder so.
Drei Gründe, warum jeder ED SCHRADER’S MUSIC BEAT hören sollte ...
Devlin: 1. Die Texte haben bei ED SCHRADER’S MUSIC BEAT noch eine Bedeutung, sie sind die Hauptpfeiler, um die wir unsere Songs schreiben. 2. Jeder durchlebt ja im Laufe eines Tages oder gar eines ganzen Lebens eine große Bandbreite von Gefühlen. Unsere erste Platte „Jazz Mind“ spielt mit diesen Gefühlen. Kurz gefasst: Du kannst mit Ed Schraders Hilfe eventuell etwas über dich selbst herausfinden. Nur, um das klarzustellen: Wir nehmen uns selbst nicht wirklich sonderlich ernst. 3. ED SCHRADER’S MUSIC BEAT wird dich nicht allzu viel Zeit kosten, einmal „Jazz Mind“ durchhören dauert lediglich um die 20 Minuten.
Nonsens.
Ed: Meiner Meinung nach muss man, um überhaupt irgendwas von Wert im Leben erreichen zu können, gelegentlich den einen oder anderen Notausstieg einbauen, der es ermöglicht, das Hirn komplett abzuschalten. Für mich ist das „Ken Griffey Jr. Baseball“ für das SNES, ein nettes überschaubares Spielchen mit bizarr realistischen Ergebnissen, wenn man es mal mit richtigem Baseball vergleicht. Aber es lenkt mich ein bisschen von der Musik ab und befreit mich davon, ein erwachsener Mann sein zu müssen – der ich sowieso nie sein werde. Viele werden es wahrscheinlich für absolut sinnlos und bescheuert halten, eine ganze Saison zu spielen, aber das ist eben die Recyclingtonne meiner Gefühle. Oder eher: Spielen ist die Recyclingtonne unserer Gefühle.
Stimmung und Musik.
Ed: Ich habe herausgefunden, dass ich nur zehn Minuten Ricky Gervais’ Podcast hören muss, wenn ich wütend bin. Dann identifiziere ich mich so sehr mit Karl Pilkington, dass mich gar nicht mehr interessiert, warum ich überhaupt schlecht gelaunt war. Danach lege ich Elton John auf, trinke eine Tasse Kaffee und gehe in den Lebensmittelmarkt.
Brauchbare Instrumente.
Ed: Die Brauchbarkeit oder eben ihr Fehlen hängt sehr von der Person ab, die dieses Instrument besitzt. Du musst Objekte auf eine Weise gebrauchen, die dich nicht in eine Abhängigkeitsbeziehung führt. Ich sehe oft Künstler, die so technikabhängig sind, dass sie völlig zusammenbrechen, wenn ein Schräubchen fehlt oder wenn sie feststellen, dass sie auf einem Festival in einer Stadt spielen, wo man nicht über das Projektorkabel verfügt, das sie gerade brauchen. Sie verhalten sich wie ein Kind, das die Wärme und den Schutz seiner Mutter benötigt und so in eine Art Isolation gerät. Nun werden sie aber mit den sich ewig ändernden Landschaften konfrontiert, mit denen sie eigentlich interagieren sollten anstatt das Publikum dazu zu zwingen, ständig nur zu ihnen zu kommen, in dieses inselartige Universum, das sie im Schlafzimmer kreiert haben, während sie Pop-Tarts vernascht und Gras geraucht haben. Große Kunst sollte den Zuschauer mitreflektieren. Er ist es ja schließlich, der über das vollständige Denkmuster verfügt, das die Erfahrung, deine Aufführung zu sehen, definiert. Du musst den Nerv treffen und das kannst du nicht, indem du dich in die Vorhersehbarkeit komplexer Pedal-Arrangements und Legionen von überfüllten Backing-Tracks verkriechst.
Unbrauchbare Instrumente.
Ed: Multi-effects Pedals. Wie Dan Deacon schon sagte, „they’re for cheapskates“, die sind für Geizkragen, und du bekommst auch das, was du dafür bezahlst ...
ED SCHRADER’S MUSIC BEAT-Konzerte.
Ed: Wir sind fest im Hier und Jetzt verwurzelt und spielen für die Leute, die uns tatsächlich zuschauen und nicht für das Wembley-Stadion im Kopf.
Einflüsse.
Ed: Patti Smith, Elvis Costello, WHITE HOUSE, R.E.M., CURRENT 93, Dan Deacon, THE SWANS, THE BIRTHDAY PARTY, Elton John und Bernie Taupin, LET’S ACTIVE, THE BEATLES, BLOOD BABY, WIRE, Boyd Rice, THE POLICE, GUIDED BY VOICES, BIG BLACK, SONIC YOUTH, DOUBLE DAGGER, QUICKSAND, NIRVANA, ARAB ON RADAR, DOOMSDAY STUDENT, Robyn Hitchcock, Roger Miller, THE CLOSE LOBSTERS, THE SMITHS, David Bowie.
Touren.
Devlin: Konstantes Touren dient so einer Art Aufblühen. Es gibt viele Bands, die jemanden für die Öffentlichkeitsarbeit anheuern und es dann zwar auf die Hauptseite einer Homepage oder das Titelblatt eines Magazins gebracht haben, aber dann doch vergessen werden, weil sie live schlichtweg nicht präsent sind. Diese Leute bedenken aber einfach nicht, dass jeder inzwischen so vielen Bands und Künstlern ausgesetzt ist, dass man einfach „on the road“ bleiben muss und so mit einer guten Live-Show auch dauerhaft in Erinnerung bleiben kann. Außerdem verleiht Touren dem,was du tust, eine Art Daseinsberechtigung. Na ja, deine Mom wird immer mögen, was du machst, diesbezüglich ist ihre Meinung allerdings die eines abgestumpften Trottels.
Ed: Touring ist wie eine Präsidentschaftskampagne, du musst da rausgehen und auf Tuchfühlung gehen, „press the flesh“ – nein, nicht so, du Perversling. Aber mal ernsthaft, der Warner-Chef wird nicht bei dir unter dem Bett nach der tollen Demo-Aufnahme suchen, während du „Mario Kart“ auf dem N64 spielst und Bongs mit deinem Saxophonspieler ziehst. Krieg deinen verdammten Arsch hoch und hör endlich auf damit, Weichei-Ausreden zu erfinden oder jemand anderen für dich erfinden zu lassen – sei ein Mann!
Plattensammler.
Devlin: Sind sehr wichtig! Obwohl ich zu pleite bin, um mir regelmäßig Platten zu kaufen, genieße ich den Prozess, eine Sammlung zusammenzustellen. Für mich sind Leute mit großen Sammlungen so eine Art Historiker. Sie erhalten vergessene Kunst. Außerdem sind Sammler echte Musikliebhaber und ständig auf der Suche nach gelungener Musik, live oder anderweitig.
Ed: Ich habe nie Platten gesammelt. Ich baue da mehr auf glückliche Zufälle, zum Beispiel in ein Café zu gehen und zu denken: „Was ist das denn?!“
Coverart.
Devlin: Da muss ja schließlich was vorne drauf sein, oder? Es ist uns echt schwer gefallen, Bilder zu finden, die zu „Jazz Mind“ passen könnten. Unserer Meinung nach sind die besten Albumcover diejenigen, die die Stimmung oder das Gefühl des gesamten Albums transportieren, egal, ob sehr komplex oder einfach und sachlich. Sie verleihen einem Album eine Identität. So wie bei den ersten beiden B-52’s-Alben: Nur zwei Fotos der cool aussehenden Band vor einem knallig einfarbigen Hintergrund. Und genauso hören sich diese Alben auch an. Ultracool und einfach. Schrille Partytypen, die Musik machen. Da gibt es sicherlich noch viele andere gute Beispiele, aber mir fällt gerade keins ein.
Ed: Wer zum Teufel will sich schon ein hässliches Albumcover ansehen? Würdest du eine Packung Müsli kaufen, auf der ein abgetriebener Affenfötus abgebildet ist? Na ja, ich würde das selbstverständlich machen, haha.
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #103 August/September 2012 und Anke Kalau