Zwei Jahre sind EARTH CRISIS nun schon wieder vereint und in dieser Zeit ist viel passiert: I Scream Records veröffentlichten im letzten Jahr „Breed The Killers“ neu, zehn Jahre nach dem ursprünglichen Release, in digital aufbereiteter Form, inklusive zweier Bonustracks. Mit Century Media fand die Band ein Label, wie es zum Metal/Hardcore-Sound des Quintetts aus Syracuse kaum besser passen könnte. Das neue, in Eigenregie produzierte Album hört auf den Namen „To The Death“ und bündelt kompakt den metallischen Hardcore-Sound, der EC so groß gemacht hat. Nach dem eher schwachen „Slither“ aus dem Jahr 2000, dem darauf folgenden Coveralbum „Last Of The Sane“ und dem Best-Of „Forever True“, beweisen sie mit dem neuen Album endlich wieder, dass sie noch die gleiche Energie besitzen wie bei „Gomorrah’s Season Ends“, Mitte der Neunziger Jahre. Meine Fragen zum neuen Album und anderen Themen rund um Politik, Straight Edge und „Mamaluke TV“, beantwortete mir Gitarrist Scott Crouse.
Scott, zuletzt sprachen wir uns im Sommer 2007. In der Zwischenzeit ist viel passiert. Damals war eure Reunion noch relativ frisch und ich denke, dass die Erwartungen von Fans und Kritikern an euch zu dieser Zeit besonders hoch gewesen sind. Was war im Rückblick das Schönste und was das Schlechteste Erlebnis für dich nach eurer Rückkehr?
Rückblickend kann ich nur ein sehr positives Fazit ziehen. Ich bin mir zwar ziemlich sicher, dass es Leute gibt, die nicht erfreut sind über unser Comeback, aber ehrlich gesagt versuche ich, mich von solch negativen Stimmungen nicht beeinflussen zu lassen.
Im letzten Jahr habt ihr euer Album „Breed The Killers“ via I Scream Records wiederveröffentlicht, sicherlich zur Freude vieler Fans. Habt ihr im gleichen Zuge auch über Neuauflagen der Klassiker „Firestorm“ und „Destroy The Machines“ nachgedacht? Schließlich sind die heutzutage nicht einfach zu bekommen.
Karl, unser Sänger, würde das sehr gerne in Angriff nehmen. Noch gibt es diesbezüglich aber keine konkreten Pläne, aber man weiß ja nie, was passiert.
Ihr habt mit Century Media ein neues Label gefunden, das sowohl in der Hardcore-Szene als auch auch im Metal angesehen ist. Nun ist EARTH CRISIS eine Band, die vielen HC–Fans zu metallastig ist, für die Metaller aber seid ihr zu sehr Hardcore. Wie, glaubst du, kommen EC mit dem neuen Label im Rücken in der Metal-Szene an?
Wir sind sehr rigoros, was das Kundtun unserer Meinung bei Themen, die uns wichtig sind, angeht, das stimmt. Ich glaube, dass viele Leute uns deswegen als militant bezeichnen würden, uns als Persönlichkeiten somit aber im selben Moment falsch einschätzen. Wir alle sind tatsächlich sehr bodenständig und sehr unkompliziert in Bezug auf andere Lebensentwürfe, die mit unseren eigenen nichts gemeinsam haben. Natürlich setzt das gegenseitigen Respekt voraus, sonst funktioniert es nicht. Was die Musik angeht, bin ich der Auffassung, dass die Grenzen zwischen Hardcore und Metal inzwischen fließend sind. Somit passt EC heute sicherlich besser in beide Szenen als noch in den Neunzigern. Glaub mir, wir haben von beiden Szenen schon viel Scheiße einstecken müssen im Zuge der Diskussion, ob wir nun zu sehr Metal für Hardcore sind, oder zu Hardcore für die Metal-Szene.
Mit „To The Death“ habt ihr wieder ein Album veröffentlicht, das für mich genau den kompakten und brutalen Sound bietet, für den ich euch immer gemocht habe. Meine Interpretation des Titels bezieht sich auf die Verbindung von Straight Edge als „Lifetime Commitment“ und dem damit verbundenen Ethos „true till death“ zu sein. Liege ich damit richtig?
Absolut! Es ist, wie ich schon damals gesagt habe: Wir sind keine Band, die nur zurückgekommen ist, um noch einmal ordentlich Geld zu machen. Wir stehen immer noch zu 110 Prozent hinter den Werten, die EARTH CRISIS damals schon vertreten haben und auch immer vertreten werden. Danke für das Kompliment zum neuen Album, wir haben sehr hart daran gearbeitet und sind sehr stolz auf das Ergebnis.
Was waren die Haupteinflüsse für dich beim Schreiben der Songs? Verfolgst du die Entwicklungen der Hardcore-Szene, oder sind es eher Metal-Bands, die dich begeistern?
Ein Song, den wir sozusagen als Vorlage genommen haben, war „Panic floods“, der auf unserem Coveralbum „Last Of The Sane“ enthalten ist. Unserem Gefühl nach war das der richtige Einstieg, um mit der Arbeit am neuen Album zu beginnen. Schließlich war das der Weg, den wir nach unserem letzten regulären Album „Slither“ aus dem Jahr 2000 eingeschlagen hatten. Ansonsten höre ich privat kaum Hardcore. Zwangsläufig liegen meine Einflüsse daher vor allem im Rock und Metal.
Warum habt ihr „To The Death“ selbst produziert? Nur für den finalen Mix und das Mastern habt ihr euch mit Tue Madsen an einen erfahrenen Produzenten gewandt.
In der Vergangenheit haben wir oft mit Produzenten gearbeitet, bei denen wir im Nachhinein die fertige Aufnahme als zu „steril“ empfanden. Unsere Energie, die Aggressionen, wurden dadurch schlussendlich komplett absorbiert. Wir wollten nie die absolut perfekte Performance oder ein Schlagzeug, das penibel auf einen Click-Track gespielt wird und dadurch sehr „klinisch“ wirkt. Wir wollten immer, dass die rauhe und pure Energie der Songs auch beim Hörer ankommt. Ich bin sehr glücklich über unsere Entscheidung, die Produktion dieses Mal in die eigenen Hände genommen zu haben. Das Album ist großartig geworden und der finale Mix von Tue ist auch perfekt. Hoffentlich werden wir in Zukunft noch mal mit ihm arbeiten.
Wie du bestimmt auch verfolgt hast, wird die Straight-Edge-Szene in den letzten Jahren zunehmend von rechtsradikalem Gedankengut unterwandert. Eine negative Erscheinung, die damit einhergeht, ist zum Beispiel der so genannte NSSE – National Socialist Straight Edge. Hier wird Gedankengut der Straight-Edge-Szene mit falschen Intentionen umgepolt und das Credo vom reinen Geist durch Drogenfreiheit wird schamlos missbraucht. Was denkst du über diese Entwicklungen?
Um ehrlich zu sein, bin ich selbst noch nicht so stark mit dieser Problematik in Kontakt gekommen. Aber natürlich hat diese Ideologie nichts mit der Straight-Edge-Idee zu tun, für die wir einstehen. Ich hoffe, dass wir mit EC etwas in der Szene bewegen können, dahingehend, dass dieses Gedankengut ganz verschwindet. Es ist eine Schande, dass der gute Ruf unserer Szene auf diese Weise angeschlagen und zerstört wird.
Aus aktuellem Anlass: Was erwartest du von dem neuen US–Präsidenten Barack Obama? Hast du seit seiner Amtseinführung schon erste Veränderungen erlebt, oder ist es zum jetzigen Zeitpunkt einfach noch zu früh, um über konkrete Dinge zu sprechen?
Zunächst muss ich klarstellen, dass ich nicht wirklich Vertrauen in die Politik habe. Meinem Gefühl nach liegen die richtigen Lösungsansätze in einem Querschnitt aus demokratischen und republikanischen Gedanken. Aber selbst wenn einmal der Tag kommen sollte, an dem ein Präsidentschaftskandidat es schafft, diese Schnittmenge zu repräsentieren, werde ich mich auch davon weitestgehend distanzieren. Viele Amerikaner haben derzeit diesen „Messias-Komplex“ und glauben, dass ein einziger Mann es schafft, die gewaltigen Probleme unseres Landes über Nacht zu lösen. Obama hat noch viele Schwierigkeiten, die er bewältigen muss. Trotzdem bin ich stolz, dass Amerika mit ihm seinen ersten schwarzen Präsidenten gewählt hat. Ich glaube, dass ist ein großer Schritt für unser Land.
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