DULL aus Stockholm, Schweden bestehen aus Canan Rosén (voc, gt), Louise Erdman (voc, gt), Max Lindén (bs) und Elias Jonsson (dr), die alle einschlägige Erfahrung aus anderen Bands mitbringen. Mit „Dive Deep Down“ veröffentlichten sie Anfang 2023 ihr neues Album, über das ich schrieb, es würde sich bestens in eine Neunziger-Riot Grrrl-Playlist einfügen. Ich bat die Band um eine Liste explizit schwedischer Bands, die sie beeinflusst haben.
Sie antworteten: „Es war keine leichte Aufgabe, unsere Lieblingsalben von schwedischen Bands auszuwählen, die nicht ausschließlich aus Cis-Männern bestehen, denn davon gibt es heutzutage so viele, und auch so viele tolle! Als wir aufgewachsen sind, war das nicht der Fall und wir sind froh, dass es heute mehr Menschen als früher gibt, die großartige Musik machen. Aber wir haben uns auf einige Titel geeinigt, die wirklich irre gut sind! Dass THE BABOON SHOW nicht in dieser Liste stehen, liegt nur daran, dass wir dachten, dass ihr sie sowieso liebt und bereits alles über sie wisst. Alle genannten Bands sind noch aktiv, also haltet unbedingt die Augen offen , ihr werdet nicht enttäuscht sein!“
ROME IS NOT A TOWN „Tender Arms Power Heels“ (LP, Startracks, 2022)
Canan: Diese vierköpfige Indierock-Band kommt aus Göteborg in Schweden. Sie sind sogar Labelkollegen von DULL und das ist eine große Ehre für uns. Ihre erste Veröffentlichung war eine Single im Jahr 2015 und letztes Jahr brachten sie ihr zweites Album „Tender Arms Power Heels“ heraus. Diese Band steht für „I don’t give a shit“-Teenager-Denken, Alternative Rock, Indie und die Nineties. Thurston Moore von SONIC YOUTH ist ein großer Fan und ich weiß warum! Diese Band hat so viele coole Songs, dass es unglaublich ist, dass nicht jeder ein großer Fan ist. Am meisten gefällt mir, wie verspielt und doch elegant die Gitarren klingen. Sie halten sich zurück, halten sich zurück, halten sich weiterhin zurück und wenn sie schließlich explodieren mit ihren schrägen Melodien, setzt mein Verstand komplett aus. ROME IS NOT A TOWN waren schon ein paar Mal in Deutschland auf Tour und ihr solltet hoffen, dass sie wiederkommen. Lasst es euch nicht entgehen! Kajsa, Caroline, Emma und Susanna werden euch den Kopf wegblasen.
FEVER RAY „s/t“ (CD, Rabid, 2009)
Louise: Ich glaube, das selbstbetitelte Meisterwerk von Karin Dreijer alias FEVER RAY lässt niemanden unberührt. Sie ist immer eine große Inspiration für mich, sowohl was das unkonventionelle Songwriting angeht als auch die Balance zwischen minimalistischen und bombastischen Arrangements. Aber auch durch ihre hemmungslose Bühnenpräsenz und stets herausfordernde Energie. Mit mahlenden Beats, anschwellenden und angstgetriebenen Instrumentalparts zusammen sowie den witzigen, fast psychotischen Texten ist diese Platte irgendwie zeitlos. Das Tempo zieht sich in einem ähnlichen Rhythmus durch das ganze Album und treibt es voran, was es fast meditativ macht. Obwohl ich das Album nun schon seit fast 15 Jahren kenne, höre ich es immer wieder, besonders wenn ich unterwegs bin.
TWIN PIGS „Godspeed, Little Shit-Eater“ (LP, Luftslott/Spastic Fantastic, 2022)
Canan: Das ist meine andere Band und unser aktuelles, drittes Album ist ein absoluter Knaller, also musste ich es einfach auf die Liste setzen. TWIN PIGS gibt es seit 2016 und wir haben letztes Jahr „Godspeed, Little Shit-Eater“ veröffentlicht. Es wurde sowohl von dem schwedischen Label Luftslott Records (betrieben von Fredrik von der coolen Band TOTALT JÄVLA MÖRKER) als auch von Spastic Fantastic Records aus Deutschland veröffentlicht. TWIN PIGS spielen eine Art Punkrock/Hardcore. Was unser Album wirklich von der Masse abhebt, ist wahrscheinlich, dass unsere Bassistin Hanna ein Bass-Keyboard statt einer elektrischen Bassgitarre spielt. Außerdem haben wir nicht die typischen Texte von betrunkenen Punks, die Lieder über Bier singen. Songtitel wie „Elon Musk as the Crucified Christ“, „Ku Klux Kardashians“ und „Fantastic hypebeasts and where to find them“ lassen erahnen, dass es sich um etwas Besonderes handelt. Es wurde tatsächlich bei den schwedischen Indie Awards als bestes Punk-Album nominiert und mit dem Vorgänger haben wir bereits denselben Preis gewonnen! Das bedeutet wahrscheinlich, dass wir irgendetwas richtig machen, hehe! Wir waren schon ein paar Mal mit TWIN PIGS in Deutschland und das wird noch häufiger passieren.
Anna von Hausswolff „The Miraculous“ (LP/CD, City Slang/Pomperipossa, 2015)
Louise: Als „The Miraculous“ von der Multi-Instrumentalistin und Sängerin Anna von Hauswolff 2015 erschien, liebte ich solche schweren, dunklen und emotionalen Songs. Ich spielte Gitarre in einer Band mit zwei lieben Freundinnen, Anna und Frida. Und wir standen auf mystische Harmonien, geisterhaften Gesang und alle vorstellbaren verzerrten Sounds. Ich weiß noch, dass ich mir ein Oktavpedal kaufte, das klang, als würde ich unter Wasser spielen ... Jedenfalls hat mich dieses Album von Hauswolff umgehauen und mir gezeigt, wie ein Crescendo, das einer wahren musikalischen Explosion mündet, klingen muss. Und dass die Orgel das perfekte Instrument ist, um dieses manische, kraftvolle und unheimliche Gefühl zu erzeugen. Wenn du es ein bisschen dramatisch magst, dann gönn dir diese düstere und wirklich schöne Platte.
VIDRO „Glöd“ (LP, Kink, 2022)
Canan: Verschrobener Hardcore-Punk mit einer gewissen Attitüde aus der Hölle (wenn das ein Ort ist). Der Gitarrensound ist ziemlich einzigartig für das Genre, was diese Band wirklich cool macht. „Glöd“ ist ihr zweites Album, die Texte sind auf Schwedisch, aber das scheint ihre Fans nicht zu stören. VIDRO waren bereits in Europa und Brasilien auf Tour und noch in diesem Jahr geht es in die USA. Mit der soliden Stimme von Vendela, unterstützt von den messerscharfen Bassläufen von Melody, macht dieses Quartett eine Menge Lärm. Es ist eine Band, die lieber die Backline auf den Boden vor der Bühne verlegt, als da oben stehen zu bleiben. Nur coole Bands machen so etwas.
PASCAL „Galgberget“ (CD, Novoton, 2008)
Louise: Für mich ist dieses Album so cool, roh und echt, wie es nur sein kann. Einfach geradeaus, bang-bumm, ohne Angst oder Zögern. „Galgberget“ von PASCAL erscheint mir kraftvoll und unglaublich sanft zugleich. Warum die Dinge kompliziert machen? Spielt eure Riffs, nennt eure Forderungen und macht es laut und ohne Reue! Manuela und Isak singen Harmonien über Liebe, Cadillacs und Elvis. Zusammen mit Mimmis extrem selbstbewusstem Schlagzeug vermitteln sie einfach die Art von Energie, die man an hibbeligem Garage-Rock liebt. Bei „Galgberget“ bekomme ich Lust, Musik zu schreiben, die wütend und echt ist und direkt aus dem Herzen kommt.
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #167 April/Mai 2023 und Canan und Louise (DULL)
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #166 Februar/März 2023 und Joachim Hiller