Ein Gedanke scheint in der Unterhaltung mit DUESENJAEGER immer wiederzukehren: „Wow, wir machen das schon seit 15 Jahren!“ Tatsächlich ist das sehr eindrucksvoll, wenn Entfernung voneinander und einfach das Leben eine Band immer wieder bremsen könnten. Und doch ist da jetzt „Treibsand“, ein neues Album. Der Titel mutet düster an und das tut die Musik auch. Warum man sich in der Musik von DUESENJAEGER immer wieder so gut wiederfinden kann, und das in jeder Lebensphase und in jedem Alter? Vielleicht weil es Fragen gibt, die sich immer wieder stellen und weil sich neue auftun. Welche das sind und wie der Weg hin zu „Treibsand“ aussah, erzählt uns Gitarrist Jan Frohne.
Jan, eure „Leben lieber sterben“-10“ ist jetzt auch schon wieder vier Jahre alt. Wart ihr nervös wegen der Veröffentlichung von „Treibsand“?
Eigentlich eher nicht. Davon abgesehen, dass es immer spannend und aufregend ist, eine neue Platte zu veröffentlichen. Aber wir haben uns keinen großen Kopf darum gemacht. Wir machen das jetzt schon relativ lange und sind da routiniert. Wir haben einfach gemacht und sehen jetzt, was passiert. Die Frage, wie die Leute das aufnehmen, ist für uns kein Grund zur Beunruhigung.
Das heißt, es ist euch nicht so wichtig, was beispielsweise in einem Review steht?
Doch, es ist natürlich total spannend zu lesen, wie Außenstehende das wahrnehmen. Man schmort ja immer so in seinem eigenen Saft und hat seine Vorstellungen, wie Sachen textlich gemeint sind und wo was musikalisch herkommt. Für uns ist das ganz klar, aber es wird spannend an dem Punkt, wo es andere zu hören bekommen, die man vielleicht auch gar nicht kennt und die dann ihre Meinung kundtun. Ich lese gerne Reviews, um zu erfahren, wie die Leute das interpretieren.
Bei unserem letzten Interview habt ihr gesagt, dass ihr in der Vergangenheit gelernt habt, dass es für euch besser ist, nichts aus der Hand zu geben. Funktioniert nun alles, wie ihr euch das wünscht?
Auf jeden Fall. So ganz alleine machen wir es ja nicht. Wir haben zwei Freunde mit an Bord. Also Grabeland Schallfolien sind wir, dazu kommen Chris von Hardware Records und Rosi von My Ruin. Das in dieser Form selbst zu machen, war die richtige Entscheidung. Die beiden haben sehr viel Geduld mit uns und das brauchen wir auch. Wir treffen uns eher selten und proben auch nicht so oft, weil wir mittlerweile etwas verstreut leben. Da kann die Kommunikation schon mal schwierig sein. Andere Labels hätten da vielleicht nicht so viel Verständnis. So müssen wir niemanden Rechenschaft ablegen. Wenn wir nur fünf Konzerte in einem Jahr spielen können, dann ist das eben so. Niemand steigt uns da aufs Dach und wir haben keinen Druck. Das ist super. Die beiden sind Freunde und wir kennen uns seit Ewigkeiten. Ich würde es wieder so machen.
In der Ankündigung eures Albums steht etwas über die Verwunderung, dass man heute da ist, wo man vor 15 Jahren auch schon war. Wie ist das gemeint?
Letztendlich hat sich bei jedem persönlich natürlich total viel geändert. Wir sind alle älter geworden, was man uns zum einen ansieht und zum anderen fühlen wir uns auch anders. Irgendwie merken wir aber auch, dass vieles gleichgeblieben ist. Gerade innerhalb der Band. Trotz aller Veränderungen sind wir noch die gleichen Typen. Natürlich ist das auch schön. Es gibt aber auch Frustrierendes, etwa wenn sich Probleme auftun, die wir auch vor 15 Jahren schon hatten. Resignation ist das nicht, sondern eher Rückschau halten. Was ist aus uns geworden und was haben wir in der Zeit gemacht? Selbstreflexion schadet ja niemals. Das lässt sich sowohl im positiven als auch im negativen Sinne deuten.
Ist diese Selbstreflexion typisch für „Treibsand“?
Das ginge ja schon in Richtung Konzeptalbum. Da sind viele Themen, die wir zum Teil auch schon mal hatten. Sehr persönliche Texte, die hauptsächlich Tobi schreibt. Das umfasst Selbstreflexion ebenso wie ein Nachdenken über sein Verhältnis zur sozialen Umwelt. Wo stehe ich eigentlich, was will ich überhaupt sein und was möchte ich unter gar keinen Umständen? Das sind Fragen, die von Anfang an schon mal da waren und sich jetzt auch auf dieser Platte finden. Dazu kommt hier und da auch ein Kommentar zur politischen Situation. Parolendreschen ist nicht unser Ding, weil wir das, glaube ich, auch nicht könnten – selbst wenn wir es wollten. Aber einen Kommentar zur Sache abzugeben war uns schon immer wichtig. Derzeit ist es auch noch wichtiger. Wir tauschen uns beim Proben sehr viel aus. Bei einem vierstündigen Treffen quatschen wir auch schon mal zwei davon. Darüber, was bei jedem Einzelnen passiert und auch was draußen vorgeht. Da merkt man, dass das eine oder andere vielleicht mal klarer formuliert werden muss.
Der Song „Kehren vor den Bekehrten“ ist ein gutes Beispiel dafür, dass „Treibsand“ die bisher düsterste DUESENJAEGER-Platte ist. Woher kommt das?
Musikalisch würde ich das unterschreiben. Das ist aber auch nicht intendiert, sondern einfach so passiert. Wir nehmen uns nichts speziell vor und haben keinen Plan, sondern sehen, was passiert. Das war bisher bei allen Platten so. Die sind nicht durchchoreografiert. Jeder von uns hat so seine Hochs und Tiefs und das spiegelt sich wohl auf der Platte wider. Wir haben nicht bewusst alles in grauen Farben gemalt. Ich weiß aber, was du meinst. Diese Anklänge sind aber auf allen Platten zu finden. Ich weiß nicht, ob die Texte jetzt noch düsterer geworden sind. Die Platte strahlt aber zugegebenermaßen nicht unbedingt vor Lebensfreude.
Was ist für dich das Besondere an „Treibsand“?
Wir haben jetzt vier Jahre für diese Platte gebraucht und die Songs sind teilweise auch schon älter. Ich habe das Gefühl, dass die Entstehung diesmal wirklich nicht ganz leicht war. Das ist ein bleibender Eindruck. Wir hatten im Vorfeld unterschiedliche Vorstellungen, wie das alles umzusetzen ist in unterschiedlichen Belangen. Weil wir basisdemokratisch aufgestellt sind, ist die Konsensfindung nicht immer einfach. Am Ende ist es aber total super, wenn man die Platte endlich in den Händen hält. Das war ein hartes Stück Arbeit, man weiß dann aber, wofür man das alles gemacht hat. Das ist die erste LP, die wir seit 2006 rausbringen. Das auf die Beine gestellt zu haben, fühlt sich fantastisch an – schon weil wir solche Probleme hatten, uns in den letzten Jahren zum Proben zu organisieren. Für uns war es bei der Entstehung besonders, dass wir das Gefühl hatten, dass es musikalisch mehr Nuancen bietet als andere DUESENJAEGER-Platten. Es mag sein, dass nur wir das wahrnehmen, weil man ja, wie schon gesagt, immer so in seinem eigenen Saft schmort. Die Platte als Ganzes klingt jetzt schon wie von uns, aber bei der Entstehung gab es Momente, in denen es sich so angefühlt hat, dass wir es so noch nicht gemacht haben. Wir haben versucht, uns von unseren eigenen Parametern zu lösen und Sachen auszuprobieren. Ob das jemand Außenstehendes so wahrnimmt, weiß ich nicht, aber wenn du sagst, dass es düsterer wirkt, scheint ja doch was aufzufallen.
Du hast ja vorher schon die lange Bandgeschichte erwähnt. Merkt ihr eine Entwicklung in der Umgebung oder der Szene ,wenn ihr da jetzt mit der neuen Platte wieder einsteigt?
Teilweise schon. Wir haben vor zwei Jahren auf dem „Angst macht keinen Lärm“-Festival gespielt und das war schon eindrucksvoll. Früher sind wir mit TURBOSTAAT in dem Keller von einem besetzten Haus aufgetreten und da waren fünfzig Leute. Jetzt findet das alles in einem viel größeren Rahmen statt. Es scheint mehr Menschen zu geben, die diese deutschsprachige E-Moll-Musik anspricht. Neulich gab es ein PASCOW-Konzert im Gleis 22 in Münster, das war Monate vorher ausverkauft. Diese Art von Musik genießt eine breitere Aufmerksamkeit als früher. Andererseits waren wir gerade in Hannover und da musste ich an Konzerte denken, die wir da vor Jahren mal hatten. Das war alles ganz klein und familiär und mit einer super netten Konzertgruppe. Im Keller von einem Wohnprojekt zu spielen ist eben auch schön. Neben dieser größeren Wahrnehmung gibt es noch diesen kleineren Rahmen. Abgesehen davon ist es für uns auch krass zu sehen, wenn jetzt Leute vor uns stehen, die DUESENJAEGER mit 15 entdeckt haben und jetzt Ende zwanzig sind. Das zeigt einem, dass man es schon lange macht und man auch selbst in die Jahre kommt. Ich sehe das aber positiv.
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