DINOSAUR JR.

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Don't forget the swan

Sie waren neben SONIC YOUTH und HÜSKER DÜ in der zweiten Hälfte der Achtziger die Helden dessen, was irgendwer mal als "Indierock" bezeichnet hat: amerikanische Gitarrenmusik nach Punkrock, durchaus noch mit dessen Energie, aber eben irgendwie anders. 1983 gründeten J Mascis (Gitarre und Gesang), Lou Barlow (Bass) und Murph die Band in Amherst, Massachusetts, nachdem Lou und J zuvor schon in der Hardcore-Band DEEP WOUND zusammen gelärmt hatten.



Das titellose Debüt erschien 1985 (noch unter dem Namen DINOSAUR, dem später wegen eines Rechtsstreits ein "Jr" wie "Junior" angehängt wurde), 1987 kam via SST ihr Meisterwerk "You're Living All Over Me", und 1988 dann "Bug". Damit war die klassische Phase der Band zu Ende, Barlow und Mascis kamen nicht mehr klar, J warf Lou aus der Band, der sich fortan seiner Zweitband SEBADOH widmete und mit dieser in der ersten Hälfte der Neunziger beinahe so erfolgreich wurde wie J Mascis mit seinen verschiedenen Versionen von DINOSAUR JR. Vier weitere Alben erschienen, die anders waren als die drei ersten, aber nicht minder gut (speziell "Where You Been?" von 1993 ist ein Highlight), doch 1997, nach "Hand It Over", legte J den Namen ab und veröffentlichte in der Folge Solo-Platten als J MASCIS AND THE FOG. 2004 schließlich gelang es J, die Rechte an den ersten drei Alben zurückzugewinnen - wie bei anderen Bands auch gab es gewisse Konflikte mit SST - und passend zum Erscheinen der Rereleases 2005 wurden auch erste gemeinsame Konzerte von J, Lou und Murph angekündigt. Die alten Fans frohlockten, die Konzerte begeisterten, und so stand dem neuen Album "Beyond" nichts mehr im Wege ...

Ich hatte zuerst die Möglichkeit, Anfang März im Foyer des Kölner Hilton-Hotels mit J Mascis zu sprechen, der wie gewohnt äußerst muffelig rüberkam, aber eben nunmal so ist und das auch gar nicht so meint. Zugegeben, es gibt umfangreichere Interviews, und da ich Lou Barlow als Interviewpartner ebenso schätze, schob ich noch ein Telefoninterview mit ihm nach. Ich erreichte ihn am Mobiltelefon irgendwo zwischen Arizona und Albuquerque, auf Tour mit SEBADOH. Richtig gelesen, die Indie-Rock-Helden der frühen Neunziger sind auch wieder aktiv, ebenfalls in Originalbesetzung, so dass ich ihm auch hierzu ein paar Fragen stellte.

J, als ich jüngst Ron Asheton von den STOOGES interviewte, gab der dir die "Schuld" an der Reunion der STOOGES, denn eure gemeinsamen Konzerte mit Coversongs hätten seiner Meinung nach Iggys Interesse geweckt. Wie siehst du das?


Ach, das ist nett von ihm. Ich traf Ron das erste Mal im Studio, als sie mit den WILD RATS das Album aufnahmen. Ich war damals krank, meine Stimme sehr angegriffen, aber wollte wieder Konzerte spielen - und Ron fragte mich, ob wir nicht mal zusammen Musik machen könnten. Und so spielten wir eine Show in New York, mit STOOGES-Coversongs, ein paar weitere Konzerte folgten, und schließlich fragte ich ihn nach einer Show in Ann Arbor - da hatte ich ihn vorher angerufen, er kam und spielte mit uns -, ob er nicht in meiner Band J MASCIS AND THE FOG spielen wolle, mit der wir auch ein paar STOOGES-Songs coverten. Und dann bekamen wir auch das Angebot, beim All Tomorrow's Parties-Festival ein Set nur mit STOOGES-Songs zu spielen, und Ron sagte, er wolle dafür seinen Bruder Scott in der Band haben. In dieser Besetzung haben wir dann eine ganze Reihe von Konzerten gespielt. Na ja, und davon hat dann wohl auch Iggy gehört.



Hättest du gerne an Mike Watts Stelle den Bassisten-Job bei den STOOGES übernommen?

Ja, durchaus, als er vor einer Weile einstieg, da beneidete ich ihn, aber jetzt nicht mehr. Mittlerweile tut er mir beinahe schon Leid.



Warum?

Die sind nicht besonders nett zu ihm, deshalb. Ich mag die STOOGES, ich mag Ron Asheton, aber ich weiß nicht, ob ich ihnen so nah sein wollte, wie Mike es jetzt ist. Die kommen aus einer ganz anderen Generation als Mike, was die machen, ist Showbiz, nicht Punkrock. Ron machte mich mal an, weil ich auf der Bühne Sneakers trug, das gehe nicht. Und Mike versuchen sie auch zu sagen, was er auf der Bühne tragen darf und was nicht. Flanellhemden gehen wohl überhaupt nicht ...



Und so was kann man Mike Watt ja nun echt nicht sagen.

Ja eben. Na ja, anfangs wäre ich schon gerne in den STOOGES gewesen, aber mittlerweile sehe ich das anders.



Seit wann kennst du die STOOGES? Schon seit den DEEP WOUND-Hardcore-Tagen?

Ich kannte die sogar schon vorher. Die sind Teil der Geschichte des Rock, und ich kam über die SEX PISTOLS auf die, weil die ja "No fun" gecovert hatten. Ich habe mich schon früh für die ROLLING STONES, FREE und so weiter interessiert, aber absolut überhaupt nicht für Blues. Mein Ding war vielmehr die englische Interpretation des R&B, die Wurzeln interessierten mich nicht, ob irgendwas "unechter" Blues ist oder nicht.



Für mich ist ein roter Faden erkennbar von der rohen Kraft der frühen STOOGES über den brachialen Hardcore von DEEP WOUND zu den auch heute noch unglaublich lauten, lärmigen Live-Auftritten von DINOSAUR JR - und gleichzeitig bist du, wenn man dir gegenüber sitzt, ein unglaublich ruhiger Mensch.

Also die Verbindung zwischen den Bands, wie du sie beschrieben hast, sehe ich, jedoch sehe ich keinen Konflikt darin, als an sich ruhiger Mensch solch laute Musik zu machen.



Nach J MASCIS AND THE FOG und parallel zur Reunion von DINOSAUR JR gab es auch THE WITCH. Sind die jetzt Vergangenheit?

Vielleicht machen wir ja noch mal was, aber eigentlich haben wir uns aufgelöst. Aber wenn wir das Angebot bekommen sollten, Vorband der STOOGES zu sein, würden wir das nicht ablehnen ...



Was hat dich dazu bewegt, auf ein paar Konzerte von DINOSAUR JR dann auch ein neues Album folgen zu lassen?

Bei den Konzerten hatten wir gemerkt, dass das ja eigentlich echt gut läuft und es eigentlich keinen Grund gibt, wieder aufzuhören. Andererseits brauchten wir aber auch einen Grund zum Weitermachen, und da erschien uns ein neues Album der logische nächste Schritt zu sein. Mir ist wichtig, sich weiterzuentwickeln, sich zu bewegen. Wenn das Album ein Flop ist, können wir ja immer noch aufhören - und wenn es den Leuten gefällt, spielen wir eben weiter Konzerte. Immer nur mit den alten Songs wäre das aber nicht möglich. Ich meine, wir haben ja schon überall gespielt, da will uns nur mit den alten Songs womöglich keiner mehr sehen.



Die neue Platte ist aber rundum gelungen, da mache ich mir keine Sorgen. Mein Hit ist "Crumble" - hört man da eigentlich eine Orgel?

Ja, ich habe die gespielt. Aber so schwer ist die nicht zu erkennen, oder?



Unter all den Gitarrenspuren ist das gar nicht so einfach.

Na ja, beim ersten Song sind es echt viele, aber meist sind es nur zwei Gitarrenspuren, nur an ein paar Stellen kommen noch andere hinzu.



Ich nehme an, ihr habt in deinem Studio aufgenommen.

Ja klar. Es hat insgesamt etwa neun Monate gebraucht, bis das Album fertig war. Zu Anfang und zum Ende waren Lou und Murph mit dabei, haben die Basis-Tracks eingespielt, und Lou hat zum Schluss auch noch Songs geschrieben, was wie immer ein Kampf war, und dann habe ich zum Schluss noch zwei Songs geschrieben, die beiden ersten auf der Platte.



Wie haben Lou und du es geschafft, wieder zusammenzuarbeiten? Da schien ja einiges an Porzellan zerschlagen zu sein.

Ach, Lou muss halt manchmal versuchen, etwas weniger wütend zu sein. Und er hat sich letztlich bei mir entschuldigt. Er ist einfach etwas ruhiger geworden mit den Jahren, hat aufgehört sich als Opfer zu betrachten.



Viele Leute sehen SONIC YOUTH, HÜSKER DÜ und DINOSAUR JR als die Heilige Dreifaltigkeit des Indierock an. Empfindest du dich denn als Teil von etwas Besonderem?

Wir waren ja damals noch eine Hardcore-Band, DEEP WOUND, und dann kam SST mit Bands wie MINUTEMEN, BLACK FLAG, MEAT PUPPETS und dann HÜSKER DÜ, und irgendwie war da Hardcore an seinem Ende angelangt. Wir schauten ab da zu diesen ganzen SST-Bands auf, aber auch zu BIRTHDAY PARTY, und natürlich wollten wir auch auf SST sein. Wir waren dann so was wie die zweite Welle von Bands auf SST, die damit begann, dass sie SONIC YOUTH signten, aber damit einher ging auch ein Verlust an Qualität, denn irgendwie war dann nicht mehr jede Platte ein Muss. Trotzdem, unser Ziel war es, auf SST zu sein, und SONIC YOUTH halfen uns dabei. Irgendwie hatten wir damals wohl was ausgelöst, denn es kamen viele Bands nach, die die gleichen Vorlieben hatten, und mit NIRVANA erreichte das dann seinen Höhepunkt. Irgendwie ist das aber auch deprimierend, denn danach waren alle erschöpft und übersättigt. Cobain hatte sich umgebracht und damit war dieses Kapitel abgeschlossen, es kehrte eine gewisse Normalität ein.



So grandios SST einst auch war, so viel Kritik gab es im Nachhinein auch an Greg Ginn, und auch ihr habt SST eure drei ersten Alben 2005 entzogen und über andere Labels neu aufgelegt.

Greg hat halt einfach viele Leute nicht bezahlt, das war das Problem. Gleichzeitig wollte er die Platten nicht freigeben. Er ist ein seltsamer Typ, und bis heute versuchen Leute, ihre Rechte zurückzubekommen. Aber er ist ein großartiger Gitarrist, er hatte ein gutes Label, und ich bin froh, dass es ihn noch gibt.



Wie kam die Verbindung zu Fat Possum, eurem neuen US-Label, zustande, das bislang ja eher für eigenwillige Blues-Platten bekannt war?

Ach, da draußen gibt es eine ganze Menge total übersättigter Menschen, mit denen wir nichts zu tun haben wollten. Matt von Fat Possum mag uns, er machte einen guten Eindruck auf uns, und so haben wir bei ihm unterschrieben.



War es denn für dich wichtig, dass die Reunion im Original-Line-up stattfindet? Schließlich hattest du in den Neunzigern ja auch ohne Lou und Murph DINOSAUR JR-Platten gemacht.

Die Energie, die wir drei zusammen haben, ist mir sehr wichtig. Und ich dachte mir, wenn wir das zusammen hinbekommen, wäre das eine gute Sache.



Philipp Virus, der Bruder deiner Frau Louisa, ist angeblich gerade mit einer Film-Doku über dich beschäftigt.

Also, er hat jetzt gerade eine DINOSAUR JR-Live-DVD fertig gestellt, die Ende Mai erscheinen wird, und ja, er ist auch dabei, so eine Art Film über mich zu machen, aber der ist noch nicht fertig.



Eine Tatsache, die mir irgendwie total entgangen war, ist die langjährige Affinität von DINOSAUR JR zur Skateboard-Szene. In diversen Skate-Videos sind eure Songs zu hören, und jüngst hat Nike einen J Mascis-Skateschuh herausgebracht.

Ich skate schon seit den frühen Achtzigern und habe eine ganze Menge Skateboards zuhause. Ich skate auch heute noch ab und zu, und ich habe durchaus noch ein paar Tricks drauf. Ich skate heute aber eher Ramps, da bricht man sich nicht so leicht was.

J, danke für das Interview.

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Lou, du sagtest einst, du würdest nie wieder ein Album zusammen mit J machen. Nun, es kam offensichtlich anders ...

Naja, ungefähr vor einem Jahr bekam ich Anweisung von der Management-Firma, die J eingeschaltet hat, dass er ein paar Demos aufgenommen hat, und nun wolle er, dass Murph und ich in sein Haus kommen, um in seinem Studio an einem neuen Album zu arbeiten.



J lässt anrufen und ihr kommt?

Naja, also es war das DINOSAUR JR-Management, das anrief. Und die hatten J vorher schon bearbeitet, dass er ein neues DINOSAUR JR-Album machen müsse. Irgendwann sagte J dann ja, und das Management rief mich und Murph an und wir fuhren nach Massachusetts.



Nun machst du auf mich aber nicht den Eindruck, jemand zu sein, der gerne Anweisungen erhält. Warum warst du einverstanden?

Ich lebe in Los Angeles, habe aber Familie in Massachusetts, und so war das eine Gelegenheit, mal wieder meine Verwandtschaft zu sehen. Also fuhr ich mit meiner Frau und unserem Baby an die Ostküste, so konnten die Großeltern mal wieder das Kleine sehen. Und ich dachte mir, wenn J ein paar neue Songs aufnehmen will, könnte das ja zumindest interessant werden. Ich musste also nicht von irgendwem überzeugt werden, ich dachte, es wäre auf jeden Fall den Versuch wert.



Was war das dann für ein Gefühl, wieder in einer Situation zu sein wie 18, 19 Jahre vorher, in der du schließlich die Band verlassen hattest? Ein Déja-vú?

Nein, es war ganz anders als damals. J hat auf dem Dachboden seines Hauses ein Studio, da nahmen wir diesmal auf, während wir die damaligen Platten in Boston und New York einspielten. In Js Haus aufzunehmen war sehr angenehm, es ist da sehr gemütlich, er hat eine sehr nette Frau, die viel geholfen hat, und sie haben viele nette Freunde, was die Zeit dort sehr angenehm gemacht hat. Es war also kein Déjà-vú, es war überhaupt keine Belastung.



Du hast zwei Songs des neuen Albums geschrieben, wie kam es dazu? Damals war allein J für das Songwriting verantwortlich.

Js Manager sagte mir, J wolle, das ich ein paar Songs für das neue Album schreibe. Bei der ersten Session schien das nicht möglich, aber danach klappte es dann. Ich bat Murph dann, mich in Los Angeles zu besuchen, und da spielten er und ich dann ein paar Tage mit Bass und Schlagzeug, arbeiteten ein paar Ideen aus, und dann flogen wir nach Massachusetts und nahmen in Js Studio innerhalb einer Woche die Songs zusammen auf.



Redest du eigentlich nicht mit J? Du redest ständig davon, dass sein Manager dies und jenes zu dir gesagt habe.

Nun, mit J kommuniziert man viel besser mit einem Mittelsmann. Es ist extrem schwierig mit J über irgendwas zu reden, was mit Plänen oder Geschäftlichem zu tun hat. Wenn du ihn irgendwas fragst, kommt als Antwort immer nur "I don't know". So war das mit J aber schon immer. Früher hat mich das frustriert, aber jetzt habe ich eingesehen, dass er einfach so ist. Und mit einem Manager, der für ihn die Entscheidungen trifft oder ihm nahelegt, sich so oder so zu entscheiden, ist es für alle Beteiligten einfacher geworden.



Alles klar, ich weiß, was du meinst: Alle Interviews, die ich in den letzten Jahren mit J gemacht haben, waren immer wieder sehr interessante journalistische Erfahrungen.

Haha, ja, ich meine, ich genieße Js Gesellschaft, ich spiele gerne in einer Band mit ihm, er ist ein sehr lustiger und intelligenter Mensch, aber sobald es ums Geschäft geht, bedient man sich besser eines Mittelsmannes.



Du bist gerade auf Tour mit SEBADOH ...

Ja, auch da gab es eine Reunion. Es lief beinahe genauso wie bei DINOSAUR JR: Wir legten 2006 das "Sebadoh III"-Album neu auf, und das Rerelease war das Resultat einer vier Jahre dauernden eMail-Konversation zwischen Eric Gaffney, dem einstigen SEBADOH-Drummer, und mir. Wir stritten uns vier Jahre lang via eMail, und zum Schluss kam es zu einer Art Friedensvertrag - der Neuauflage von "Sebadoh III". Und mit Jason Loewenstein war ich ja im Laufe der Jahre immer wieder auf Tour gewesen, und vor drei oder vier Jahren ware Jason und ich ja schon einmal als Duo als SEBADOH auf Tour gewesen. Damals hatten wir uns schon überlegt, das mal mit einem Drummer zu wiederholen, und mein Friedensschluss mit Eric und die Wiederveröffentlichung trafen dann zufällig mit der Entscheidung überein, wieder zusammen auf Tour zu gehen. Eric war von der Idee begeistert, und so sind wir jetzt gerade unterwegs.



Plant ihr denn auch neue Aufnahmen?

Da haben wir noch keine Entscheidung getroffen, aber bei DINOSAUR JR kam die ja auch erst nach zwei Jahren Reunionshows. Erst da schien ein neues Album überhaupt erst realistisch und möglich. Ich denke, bei SEBADOH ist das ähnlich, da müssen wir erstmal sehen, wie die Tour läuft, und dann kann man ja sehen, wie es weitergeht.



Wie stehst du denn generell zu Reunions einst geschätzter Bands?

Ich finde, sie sind eine schreckliche Vorstellung, hahaha. Aber es gibt auch ein paar Reunions, die echt gut waren. Ich habe beim All Tomorrows Parties-Festival die CONTORTIONS gesehen, die waren echt gut, ich sah MISSION OF BURMA, die waren ebenfalls gut, und auch eine der ersten Shows von Iggy mit den Asheton-Brüdern und Mike Watt unter dem Namen STOOGES war richtig gut. In letzter Zeit habe ich es also mehrfach erlebt, dass eine Band sich wieder zusammentut und Respekt zeigt vor der ursprünglichen Energie und vor allem dem Sound, denn sie einst hatte. Oft kommen Bands ja nach Jahren wieder zusammen und ihre Mitglieder hatten über viele Jahre einen ganz anderen musikalischen Hintergrund als seinerzeit, spielten eventuell ganz andere Instrumente, ja hatten ganz andere Vorstellungen davon, was ein guter Sound ist, und da ist das Ergebnis einer Reunion dann nicht unbedingt überzeugend. Wenn man aber das, was man einst machte, als gut respektiert, den Aufbau und die Beschaffenheit der Musik nicht verändert, dann kann eine Reunion funktionieren. Und ich denke, bei DINOSAUR JR haben wir das beachtet, wir haben den ursprünglichen Sound der Band respektiert und ihn auf dem neuen Album mit echt guten Resultaten bewahrt.



Eine sehr kluge Einstellung, denn genau das ist oft der Haken: Eine Band tut sich nach Jahren wieder zusammen und beruft sich auf ihre besseren handwerklichen wie musikalischen Fähigkeiten, weshalb sie ganz anders klingt, als ihre alten Fans sie in Erinnerungen haben. Die wollen keine Weiterentwicklung, sondern den Sound der alten Alben hören, der sie begeistert.

Exakt so ist es. Niemand will eine Reunion, bei der der Drummer plötzlich extrem gut geworden ist. Du willst die Band, wie sie früher war, mit all ihren Unperfektheiten, in all ihrer Einfachheit.



Wie schwer war es mit diesem Wissen im Hinterkopf ein neues DINOSAUR JR-Album aufzunehmen?

Anfangs war es sehr schwierig. Ich konnte zu Beginn nicht sagen, ob J wirklich von der Idee eines neuen Albums begeistert ist oder nicht. Er machte einen eher müden Eindruck auf mich, und da er nicht wirklich angetan von der Idee schien, strahlte das auch auf mich aus. Als wir dann aber den zweiten Aufnahmeblock begannen, hatte er sehr viel an den Songs gearbeitet, die er beim ersten Block erarbeitet hatte, und davon auch einige weggeworfen. Da merkte ich, dass er sich wirklich dafür interessiert, er wirklich ein gutes Album machen will. Er war nicht bereit, einfach nur ein paar Songs zusammenzuschmeißen und das dann als neues Album zu veröffentlichen. Er hatte also angefangen, sich ganz allmählich mit ganzem Herzen der Sache zu widmen. Und an dem Punkt begann ich Aufregung zu verspüren, wollte ich mich wirklich einbringen und Songs schreiben.



Wie sind denn die Reaktionen auf die Rückkehr von DINOSAUR JR? Interessieren sich für euch nur Leute mit genauso grauem Haar, wie J es hat, oder kommen auch Kids zu euren Shows?

Bei unseren Konzerten sind erstaunlich viele Kids, und das liegt sicher auch daran, dass wir in den USA viele All-Ages-Shows spielen. Bei SEBADOH ist das anders, da spielen wir in kleinen Clubs, und da kommen nur alte Männer wie wir, haha.



Werden wir SEBADOH in den nächsten Monaten auch in Europa sehen können?

Höchstwahrscheinlich, denn wir haben ein paar Anfragen für den Herbst.

Lou, vielen Dank für das Interview.