DIE ROTE SUZUKI

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Biker-Rock?

Zynismus als verbitterte und zugleich resignierte Weltanschauung? Arroganz als eine auf Unsicherheit beruhende Waffe in Form von anmaßender Überlegenheit? Nein! DIE ROTE SUZUKI sind keine Angstbeißer! DIE ROTE SUZUKI lacht an ihrem schlimmsten Tag und beweist selbst dann Rückgrat, wenn andere in ihrer Verzweiflung bereits den TV-Telefon-Seelsorger Domian um Hilfe bittend kontaktiert haben. Punkrock bedeutet nicht, über das Leid dieser Welt zu jammern, sondern diesem seine eigene hässliche Fratze grinsend entgegen zu strecken. Wer DIE ROTE SUZUKI seit ihrem mehr als gelungenen Debütalbum „Mit der Sonne im Rücken“ (Kidnap Music) bereits kennen und schätzen gelernt hat, wird vermutlich über derlei große Geschütze nicht weiter verwundert sein und bereits auf den eigentlichen Verlauf dieses Interviews gespannt sein. Allen übrigen Nichts ahnenden, die keine Berührungsängste mit ungestümen, in deutscher Sprache vorgetragenen Punkrock hegen, sei dringend empfohlen, das nun folgende Gespräch mit einer Band aus Trier namens DIE ROTE SUZUKI zu verfolgen, und sich im Anschluss daran von dieser musikalisch selbst zu überzeugen. Measy (Gesang), Pope (Bass), Lars (Gitarre), Delle (Gitarre) und Tom (Schlagzeug) standen mir Rede und Antwort.

Man traut sich wieder, deutsch zu singen – und zwar nicht nur im Punkrock. Böse Zungen könnten behaupten, dass ihr somit voll im Trend liegt. Was hat euch selbst in dem Entschluss bestärkt, von nun an auch selbst deutsche Texte zu verfassen, nachdem ihr zuvor alle bereits in anderen Bands gespielt hattet, wo dies nicht der Fall gewesen ist?
Measy:
Das lag hauptsächlich an mir. Ich habe vorher in zwei anderen Bands englisch gesungen. Da das nicht meine Muttersprache ist, war es oft nicht einfach, das zu schreiben, was mir im Kopf rumschwirrte. In deutscher Sprache kann ich genau das zu Papier bringen, was ich denke und bin einfach flexibler. Die anderen fanden das anfangs nicht so toll.
Pope: Jeder von uns steuert halt seinen Teil zum Ganzen bei. Dabei sollte jeder für seinen Teil genügend Spielraum haben. In dem Fall hat Measy seine Waffen gewählt.
Tom: Ich war anfangs auch ein bisschen skeptisch, was die deutschen Texte angeht. Nach den Aufnahmen habe ich dann zum ersten Mal verstanden, was Measy da überhaupt singt, und war sehr positiv überrascht.
Lars: Die Sache mit dem deutschsprachigen Punkrock-Hype um Bands wie MUFF POTTER, TURBOSTAAT und so weiter habe ich durch meinen damaligen Bekanntenkreis in Saarbrücken ziemlich direkt mitbekommen. Das Saarland war diesbezüglich eine ziemlich empfängliche Gegend. Die Leute waren alle unheimlich jung, uniform und verstylt, und immer hing dieses Emo-Ding in der Luft. So nahm ich das halt wahr, und ich hatte irgendwann keinen Bock mehr auf diese jugendliche Gefühls- und Hedonistenscheiße. Da kam mir die Idee, schnellen rockigen Punk mit direkten und ironischen Texten zu machen, ziemlich entgegen. Hier steckt für mich schon so ein Abgrenzungs-Ding dahinter.
Delle: Ich finde auch, dass die Sache passt. Und für meinen Geschmack sollte man immer versuchen, sein Ding zu machen, sonst wird Punkrock immer langweiliger. Wenn wir englische Texte hätten, könnte man viel mehr Schubladen aufmachen und sagen „Die klingen wie ...“.

Als Band, die in deutscher Sprache singt, begibt man sich schnell in die Gefahr als platt, peinlich parolenhaft oder auch pathetisch abgestempelt zu werden. Ihr selbst habt euch dazu entschlossen, eure Texte klar und verständlich zu formulieren. Wo liegt da euer Anspruch?
Measy:
Man kann sicht halt nicht hinter einer Fremdsprache verstecken, das stimmt. Ich schreibe deutsche Texte, damit man mich versteht, würden diese so kryptisch ausfallen, dass sie wieder niemand versteht, könnte ich ja auch englische Texte schreiben. Ich denke, auch verständliche Texte können als Denkanstoß funktionieren. Hier muss der Leser/Hörer das Augenzwinkern suchen oder zwischen den Zeilen lesen. Ich verzichte absichtlich darauf, irgendwas zu predigen oder Parolen zu schreiben, hinter denen ich vielleicht irgendwann nicht mehr stehe oder die irgendwo abgekupfert sind. Ich denke, das haben wir nicht nötig und setze beim Hörer so viel Intelligenz und Eigenständigkeit voraus, dass er uns nicht braucht, um zu wissen, wo er steht.
Pope: Vielleicht sollte man sich den einen oder anderen englischen Songtext mal genauer zu Gemüte führen. Die meisten Texte sind inhaltlich ebenso platt, peinlich oder parolenhaft. Da fällt es eben nur niemandem auf. Das hängt wohl eher mit den Hörgewohnheiten der Zuhörer zusammen.

Was assoziiert ihr spontan mit dem Begriff „Deutschpunk“?
Measy:
Ich denke da spontan an die „Schlachtrufe BRD“-Sampler.
Pope: Da gibt es sicherlich eine Menge guter Bands, doch finde ich extrem polarisierende Texte meist unangebracht. Die geben mir dann oftmals nicht so viel. Da finde ich die Texte von Bands wie ... BUT ALIVE doch um einiges besser. Allerdings bin ich ohnehin eher instrumentenfixiert, was aber nicht heißt, dass nicht ein guter Text ein Lied enorm aufwerten kann.
Delle: Für mich hat der Begriff „Deutschpunk“ immer den Beigeschmack, von scheiße sein zu müssen oder zumindest zu wollen. Ich denke, wir wollen auf jeden Fall unterhalten und versuchen unsere Sache auch möglichst gut zu machen, statt von der Bühne zu brüllen, dass wir scheiße sind. Ansonsten finde ich die bei vielen negative Belegung dieses „Begriffs“ eigentlich unnötig.

Um Musik zu beschreiben öffnet man ja gerne Schubladen. Wie würde ein Namedropping zur ROTEN SUZUKI ganz nach eurem Geschmack ausfallen?
Measy:
Der gute JörKK hat ja mal geschrieben, wir wären der „Black Fleck auf Deutschpunks Tischdecke“ oder die „Angry Saarmoans“... Da hat er gar nicht so unrecht. Die Hardcore/Punkbands der Achtziger haben mich auf jeden Fall mehr beeinflusst als irgendeine Deutschpunkband. Namen könnte ich jetzt keine „droppen“.
Tom: Der Vergleich mit den TOTEN HOSEN hinkt, glaube ich, immer noch.
Delle: BEATLES feat. PRODIGY.

Wie kommt man eigentlich auf die wahnwitzige Idee, einen Song von Klaus Lage zu covern?
Pope:
Fünf Bekloppte, die nicht wissen, was sie sonst tun sollen, kommen schnell auf merkwürdige Gedanken. Das Ganze ist aber noch in Arbeit. Bin gespannt, wie sich das am Ende anhört.
Delle: Ich war früher großer Schimanski-Fan. Zudem wurde der gute Horst in diesem Tatort ausgerechnet vom Saarbrücker Ausnahme-Kommissar Palü gerettet ... Und ich finde Achziger-Jahre-Deutschrock hat mit einem gewissen Abstand schon so seinen Charme ...

Zum Schluss noch die alles entscheidende Frage: Wann löst ihr euch auf und was werdet ihr bis dahin noch alles vollbracht haben?
Pope:
Aufhören sollte man, wenn es am schönsten ist. Da das bisher noch nicht alles gewesen sein kann, dauert das noch einige Zeit bis zur Auflösung. Und bis dahin muss man wenigstens mal richtig getourt haben.
Lars: Wir gehen ja alle langsam auf die Dreißig zu und haben alle lange genug in anderen Bands versucht, was auf die Beine zu stellen, mit ziemlich bescheidenen Erfolgen. Da hat man halt irgendwann nicht mehr so viel Motivation. Als wir mit der ROTEN SUZUKI anfingen, war jedoch relativ schnell klar, dass wir alle in Lebenssituationen stecken, die es uns ermöglichen, relativ viel Zeit und Energie in die Band zu stecken. Und dann ist da noch Measy, der mit großem Erfolg die ganze administrative Arbeit regelt. Nun wollen wir es halt alle noch einmal wissen. Das Ziel ist es, mal eine richtig fette Tour auf die Reihe zu bekommen, wo die Leute vor der Bühne da sind, weil sie die Suzuki mit qualmenden Reifen sehen wollen. Und solange das noch dauert, solange machen wir mindestens noch weiter.
Delle: Also bitte alle kommen und uns endlich von dieser Kinderkacke erlösen. Mittlerweile ist nämlich nach Hause kommen, Banker-Anzug in den Schrank hängen, Punker-Klamotten anziehen, Deutschpunk machen, besoffen nach Hause kommen, verrauchte Klamotten raushängen zum Lüften, Hausschuhe und Pyjama anziehen, Brandy einschenken, Pay-TV anschalten und so weiter ganz schön anstrengend und persönlichkeitsspaltend ...