DIAMOND DOGS

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Stockholms Glanz

Mal ehrlich, die große Popularitätswelle des skandinavischen Rock'n'Roll ist vorüber. Dabei sollte man es dieses Mal ganz genau nehmen und "Popularitätswelle" auch nur auf den Bekanntheitsgrad beziehen, beziehungsweise den Grad, der die Angesagtheit eines Musikstils widerspiegelt. Denn die ganz großen Tage des skandinavischen High Energy-Rocks, die massive Popularitätsschübe für HELLACOPTERS, BACKYARD BABIES, die leider verblichenen GLUECIFER, TURBONEGRO und zahlreiche Klone brachten, sind vorüber, wenn man mal von TURBONEGRO absieht, die ihren eigenen Kult schufen. Gleichwohl ist die skandinavische Musikszene nach wie vor dynamisch, viele junge und aktive Bands gründen sich, erspielen sich Schritt für Schritt einen Namen und veröffentlichen wirklich gute Alben. So begeisterten mich etwa die herrlich kitschigen Glamrocker GEMINI FIVE, die DOITS, die durch straighten und sympathischen Rock'n'Roll überzeugten, sowie die DIAMOND DOGS, die im Frühjahr 2005 mit "Black River Road" ein tolles Rockalbum veröffentlichten.


Dabei orientieren sich die Stockholmer, ähnlich wie die HELLACOPTERS auf ihrem letzten Album, an Groove, Soul und Blues. Diese Stile vermengt die Band um Sänger Sulo, welcher im Herbst 2005 auch ein Soloalbum herausbrachte, mit altbekannten Rockelementen, so dass man bei den DIAMOND DOGS insgesamt an eine Mischung aus HELLCOPTERS, ROLLING STONES und einigen 50er/60er-Jahre-Rock'n'Roll-Bands erinnert wird. Leicht gespielte, bluesige Gitarren wechseln sich ab mit einigen wenigen Bläsereinsätzen und richtig schönen Melodien. Und selbst wenn die Aufnahmen zu "Black River Road" schon weit zurück liegen, das Album bereits Mitte 2004 in Schweden erschien und die DIAMOND DOGS auch schon an einem brandneuen Longplayer arbeiten, sprudelt es aus Sulo nur so heraus, wenn man ihn auf "Black River Road" anspricht: "Ich denke, dass das Album ein klassisches Rockalbum ist und viele Retro-Züge besitzt. Mit der Bezeichnung Retro-Band habe ich auch gar kein Problem. Denn sollte uns jemand als solche bezeichnen, zeigt es, dass wir es mit ?Black River Road' und anderen Alben geschafft haben, unsere Einflüsse deutlich zu machen und die Musik, die uns wichtig ist, auch weiter zu geben."

Eine ehrbare Haltung, die die Band da mit "Black River Road" umgesetzt hat. Sulo selbst sieht das Album als eine Brücke zu dem musikalischen Schaffen von Frankie Miller und den frühen ROLLING STONES. Eine Einschätzung, die man nicht ganz von der Hand weisen kann, denn beim genauen Hinsehen bzw. -hören werden genau diese Einflüsse deutlich. Sulo nutzt das Gespräch natürlich auch, um auf das neue, für die zweite Jahreshälfte 2006 angekündigte DIAMOND DOGS-Album hinzuweisen: "Es wird anders sein als ?Black River Road'. Wir haben es schon aufgenommen, die Songs gehen sehr in Richtung Glam, man hört bei den Songs einen SLADE-artigen Vibe, vielleicht auch T-REX-Einflüsse. Das mag im ersten Moment verwirrend klingen, wir wollen aber jeglichen musikalischen Genres entfliehen, uns musikalisch nicht beschränken. Deswegen haben wir dieses Mal etwas Neues ausprobiert. Besonders die Bezeichnung ?Soulrock' nervt mich, die finde ich schrecklich."

Neben den DIAMOND DOGS ist Sulo, wie bereits erwähnt, auch solo aktiv und brachte mit "Just Another Guy Tryin'" letzten Herbst ein schönes Album heraus. Darauf vereint der charismatische Schwede bluesige Einflüsse und Country-Elemente zu kneipentauglichen und atmosphärischen Songs. "?Just Another Guy Tryin'' ist nicht mein erstes Soloalbum, das war ?Rough Diamonds' und erschien bereits 2003. Meine Soloaktivitäten reichen aber weiter zurück, erste Stücke habe ich bereits Ende der 1990er Jahre alleine aufgenommen. Dabei unterscheiden sich die Alben sehr stark. ?Rough Diamonds' ist ein poppiges Glampunk-Album, während ich bei ?Just Another Guy Tryin'' viele Rod Stewart-Einflüsse sehe. Das klingt komisch, ich weiß. Aber Rod Stewart hat ebenfalls ein Album gemacht, auf dem alle Songs live aufgenommen und viele Pianos und Mandolinen in die Songs eingebunden wurden. Genau das habe ich auch getan."

Zwar will sich mir auf "Just Another Guy Tryin'" auch nach Solus Ausführungen zur Aufnahmetechnik und Instrumentierung seiner Solosongs kein Rod Stewart-Einfluss erschließen, aber sei es drum, eine gute Platte ist eine gute Platte. Welche Einflüsse man in sie hineininterpretiert - und genau das tut man letztlich (fast) immer - ist zunächst sekundär. Mit den DIAMOND DOGS und ihrem Sänger Sulo weilen jedenfalls hoffnungsvolle Musiker unter uns, nach denen man 2006 unbedingt Ausschau halten sollte.