Sänger Douwe Truijens sieht aus wie der junge Robert Plant: Sideburns bis zum Schlüsselbein und goldblonde Locken. DEATH ALLEY kommen aber nicht wie LED ZEPPELIN aus England, sondern aus der holländischen Metropole Amsterdam, und der Sound der Niederländer ist auch dunkler als der Blues-orientierte Rocksound der britischen Rockgötter. „Black Magick Boogieland“ hieß das Debütalbum von DEATH ALLEY vor drei Jahren. „Superbia“ setzt den psychedelischen, punkigen Proto-Metal der frühen Tage fort und verfeinert den Sound noch weiter – schnell, psychedelisch und mitreißend. Das Quartett verarbeitet in seinen Songs Einflüsse von HAWKWIND, THE STOOGES, POISON IDEA, BLUE ÖYSTER CULT, MC5 oder MOTÖRHEAD. Rock’n’Roll, der wie aus den guten alten Zeiten klingt, aber auch einen entschlossenen Blick nach vorne wirft, so erklärt es Gitarrist Oeds Beydals im Ox-Interview.
Was ist in deinen eigenen Worten der Unterschied zwischen „Superbia“ und eurem Debütalbum „Black Magick Boogieland“?
Ich würde es mal so beschreiben: Wenn du „Black Magick Boogieland“ als Einladung betrachtest, dann ist „Superbia“ der Ort, an den du kommst, wenn du die Einladung annimmst. Das Album ist viel heavier, denke ich, und das Ergebnis eines natürlichen Prozesses, den wir in den letzten Jahren seit dem Debütalbum vollzogen haben.
Wie hat sich der Sound von DEATH ALLEY weiterentwickelt?
Ich denke, alle Grundlagen und die Ideen für unseren Sound, waren in „Black Magick Boogieland“ schon angelegt. Jetzt sind wir eben tiefer in die verschiedenen Aspekte unseres Spektrums eingetaucht. Wenn man DEATH ALLEY betrachtet, entdeckt man schnell eine merkwürdige Gegensätzlichkeit. Auf der einen Seite diesen Punkrock-Vibe, es gibt aber auch diese dunklen, psychedelischen Elemente und hier und da ein bisschen Prog. Und all diese verschiedenen Seiten unserer Musik haben an Tiefe gewonnen. DEATH ALLEY haben also an Gewicht deutlich zugelegt. Technisch und auch textlich sind wir in den vergangenen Jahren deutlich gereift.
Woher kommt diese ungewöhnliche Kombination? Ihr bringt den Sound von MOTÖRHEAD oder MC5 mit den psychedelischen Klängen von HAWKWIND oder KING CRIMSON zusammen. Der Kompromiss unterschiedlicher Geschmäcker in einer Band?
Nein, das ist definitiv kein Kompromiss. All diese Spielarten des Rock’n’Roll sind in unserer DNA angelegt. Ich zum Beispiel habe einen klassischen Background und bin dann als Jugendlicher zum Punkrock gekommen. Diese Gegensätzlichkeit war also schon immer da: Ich habe erst am Cello gesessen und dann habe ich auf meiner Gitarre Songs von EXPLOITED nachgespielt. Und so geht es allen in der Band. Unser Drummer ist mit Jazz und Progressive Rock aufgewachsen, unser Bassist ist ein alter Blueser. Und wir alle haben irgendwann Heavy Metal, Hardcore oder Punk für uns entdeckt. Ich denke, wir sind alle einfach Liebhaber von allen Arten von Rock’n’Roll und versuchen ständig, Grenzen einzureißen und uns nicht von irgendwas limitieren zu lassen. Es ist also mehr eine bewusste Entscheidung als ein fauler Kompromiss.
In den vergangenen Jahren hat sich das Line-up von DEATH ALLEY verändert.
Wir haben inzwischen eine neue Rhythmusfraktion. Unser Originaldrummer Ming hat uns schon vor einiger Zeit verlassen. Er wurde von Uno abgelöst. Außerdem konnten wir mit unserem alten Bassisten Dennis nicht mehr zusammenarbeiten. Was damals wirklich eine Schande war. Aber wir haben schon nach kürzester Zeit mit Sander Ersatz gefunden und jetzt sind wir wieder auf Kurs und alles funktioniert wunderbar.
Mein Favorit auf „Superbia“ ist der Track „Feeding the lions“. Welche Geschichte steckt den hinter diesem Song?
Es geht um die Gier der großen Führer auf dieser Welt und die Spiele, die sie mit uns spielen. Den Text haben wir alle zusammen geschrieben. Musikalisch war es anfangs ein typischer Boogie-Song. Als wir angefangen haben zu jammen, ist dieser wirklich merkwürdige zweite Part entstanden, den wir nur einmal gespielt haben. Und als wir uns die Aufnahmen angehört haben, waren wir begeistert.
Der erste Song, den ihr vorab veröffentlicht habt, heißt „Murder your dreams“. Dazu gibt es ein Video mit einer merkwürdigen Geschichte.
Die Formulierung „Murder your dreams“ stammt von Lemmy, aus dem Song „Lost Johnny“, den er für HAWKWIND geschrieben hat. Ich habe diesen Song oft gehört und fand diese Stelle wirklich herausragend. Also haben wir darauf den Song aufgebaut. Deswegen hat er auch diesen Pop-Appeal, weil er um diesen Chorus herum entstanden ist. Der Hauptdarsteller im Video kommt aus dem Fallen gar nicht mehr heraus. Ständig fällt er hin. Ein echter Alptraum. Und ein paar Tage nach dem Dreh ist unser Regisseur Luuk Bouwman auf einer Eisplatte ausgerutscht und hat sich den Arm, den Wangenknochen und die Augenhöhle gebrochen. Es war wie eine Prophezeiung, die sich selbst erfüllt hat. Er hat sich inzwischen aber erholt.
Ihr scheint eine spezielle Verbindung zu MOTÖRHEAD zu haben.
Lemmys Karriere ist eine große Inspiration für uns und auch seine Art und Weise, wie er Rock’n’Roll gesehen hat. Für ihn gab es keine Subgenres, für ihn gab es nur Rock’n’Roll. Das finde ich irgendwie befreiend, dass man nicht alles begründen und einordnen muss. Es geht nur um Rock’n’Roll.
Im Dezember 2017 habt ihr bei euch in den Niederlanden ein spezielles Konzert nur mit MOTÖRHEAD-Songs gespielt. Wie kam es dazu?
Das war eine MOTÖRHEAD-Tribute-Show mit vielen anderen holländischen Rockmusikern, die uns am Mikrofon unterstützt haben. Wir haben dazu sogar eine kleine Tour in Holland gespielt. Das haben wir im Vorjahr auch schon gemacht. Damals hat ein Freund von mir bei Stradlin Guitars an einer Gitarre gearbeitet, die speziell für diese Tour entstanden ist. Und er hat immer wieder Bilder vom Arbeitsprozess an den alten MOTÖRHEAD-Gitarristen „Fast Eddie“ Clark geschickt. Und Eddie war begeistert von der Gitarre und wollte auch hören, wie sie klingt. Deshalb haben wir ihm ein Video geschickt, wie ich sie spiele. Und ein paar Tage später kam die Nachricht, dass er auch gestorben ist. Deshalb war es irgendwie ein komisches Gefühl, mit diesem Instrument auf der Bühne zu stehen und MOTÖRHEAD-Songs zu spielen.
Wie sieht die Underground-Szene in Holland aus? Ist sie mit der zum Beispiel in Schweden vergleichbar?
Ich denke, es gibt in Holland eine Handvoll richtig guter Bands wie DOOL, DEWOLFF oder BIRTH OF JOY. Da passiert also gerade eine ganze Menge, aber mit Schweden vergleichbar ist es nicht. Alle Bands aus Holland wollen immer nur in Deutschland spielen. Jeder redet darüber. Die schauen also vor allem über die Grenze. Darunter leidet die Szene in Holland.
Du hast früher in der legendären holländischen Band THE DEVIL’S BLOOD gespielt, einer Psychedelic-Band mit okkultem und satanistischem Hintergrund. Wie viel von dieser Düsterkeit ist nun noch in DEATH ALLEY zu finden?
Ich denke, unser neues Album ist viel dunkler als sein Vorgänger. Natürlich habe ich früher bei THE DEVIL’S BLOOD gespielt und unser neuer Drummer Uno war früher bei IN SOLITUDE, die waren oft mit uns unterwegs. Zwischen diesen beiden Bands gab es also fast eine familiäre Beziehung. Da war also eine intensive Verbindung und die überträgt sich natürlich auch auf DEATH ALLEY.
Das Ende von THE DEVIL’S BLOOD liegt ja ein bisschen im Dunkeln. Vor dem dritten Album lösten sie sich auf. Ein Jahr später starb Sänger Selim Lemouchi. Die näheren Umstände seines Todes sind nicht bekannt. Was weißt du darüber?
Hm, was soll ich dazu sagen? An einem gewissen Punkt war es einfach vorbei und wir haben uns aufgelöst. Ich bin aber nicht in der Position, mich darüber zu äußern. Mehr kann ich nicht dazu beitragen.
Warum habt ihr mit DEATH ALLEY noch vor dem zweiten Studioalbum ein Live-Album veröffentlicht?
Diese Frage haben mir schon einige Leute gestellt. Ich denke, es spielt keine Rolle, wann man das macht. Wenn du eine wirklich besondere Show spielst, wie wir vor zwei Jahren beim Roadburn Festival, und wenn es von diesem Auftritt einen Mitschnitt gibt, wenn du also diesen einzigartigen Moment festgehalten hast, dann sollte man das auch veröffentlichen. Außerdem wussten wir, dass „Superbia“ nicht so schnell fertig wird. Deshalb wollten wir ein Lebenszeichen von uns geben. Wir machen uns keine Gedanken darüber, wie man eine Diskografie korrekt aufbaut, es hat sich einfach so ergeben.
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #138 Juni/Juli 2018 und Wolfram Hanke
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #121 August/September 2015 und Joni Küper
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #137 April/Mai 2018 und Wolfram Hanke