Aus Tarragona, ein paar Kilometer südwestlich von Barcelona gelegen, kommen CRIM, die schon seit über zehn Jahren die iberische Halbinsel führend in Sachen hochmelodiösen Streetpunks vertreten. Mit „Cançons de mort“ ist gerade ihr neues Album erschienen, das ein Dutzend Mitgrölhymnen zu bieten hat. Meine Fragen beantwortet Gitarrist Quim. Der Bandname hat übrigens nichts mit der von Russland besetzten Krim zu tun – auf Katalanisch heißt das einfach „Verbrechen“.
Ihr habt ein sehr interessantes, nach einem Stilleben aussehendes Albumcover. Wer hat es gemalt?
Guillem H. Pongiluppi hat bereits die Cover für die beiden verschiedenen Ausgaben unserer vorherigen LP „Pare nostre que esteu a l’infern“ entworfen, also haben wir ihm vertraut, auch dieses zu gestalten. Wir haben ihm nur ein paar kleine Elemente vorgegeben und ihn den Rest machen lassen. Er ist einer der talentiertesten Künstler überhaupt und außerdem ein Freund der Band, der regelmäßig bei unseren Gigs auftaucht, daher ist es einfach, mit ihm zu arbeiten.
„Cançons de mort“, „Lieder des Todes“ ist ein starker Albumtitel. Warum so düster?
So heißt auch einer der Songs auf dem Album und es ist ein sehr aussagekräftiger Titel, da die Welt dem Ende immer näher kommt, besonders durch Corona, die globale Ignoranz, Kriege und den Verlust natürlicher Ressourcen. In dem Song heißt es übrigens: „It’s 100 seconds to the end of the world“, aber gleich nachdem wir die Platte ins Pressswerk geschickt hatten, waren es laut Doomsday Clock nur noch 90 Sekunden bis zum Weltuntergang ...
Teil eures Artwork ist auch immer ein Henkersknoten – ein sehr heftiges Symbol ... für was? Die Todesstrafe?
Das ist unser Bandlogo und war ein „kleiner Unfall“. Der Künstler, der das Artwork für das erste CRIM-Demo gemacht hat, Beni von THE GUNDOWN und SERPENT, hat eine Galgenschlinge gezeichnet, die auf die CD passte, und Javi, unser Bassist, hat ein paar T-Shirts damit bedruckt. Die Leute mochten es, so dass er das Motiv schließlich mit einem Lorbeerkranz umrahmte und wir es nach zwölf Jahren immer noch benutzen.
Ihr singt immer in katalanischer Sprache. In seiner eigenen Sprache zu singen, mag normal erscheinen, aber soweit ich weiß, hat das in Spanien auch eine politische Dimension.
Es ist für uns eben am einfachsten. Wir waren alle schon in Bands, wo auf Englisch und Spanisch gesungen wurde, aber Katalanisch ist unsere Muttersprache, warum also nicht? Natürlich hat es auch eine politische Aussage, aber das war nicht der Grund, wir wollten uns einfach möglichst unmittelbar in unseren Liedern ausdrücken.
In Deutschland ist Punk prinzipiell anti-nationalistisch und anti-patriotisch. Ist das in Katalonien anders?
Punkrock ist generell gegen das Establishment und gegen die Mächtigen, darum geht es ja. Nationalistische oder patriotische Bands sind hier auch nicht so üblich, aber es gibt sie. Ich vermute, dass die seit Ewigkeiten andauernde Unterdrückung des Landes durch andere Nationen auch die Art des Widerstands geprägt hat. Aber die Szene hier ist sehr bunt und aufgeschlossen, würde ich sagen. Wir vier haben zum Beispiel auch vier verschiedene Meinungen und sind trotzdem Freunde und haben eine Band zusammen, haha. CRIM sind aber sicher nicht patriotisch oder nationalistisch.
Kannst du uns bitte etwas über euren musikalischen Hintergrund erzählen?
Wir kommen alle aus der Oi!- und Hardcore-Szene und haben schon in den verschiedensten Bands gespielt oder tun es immer noch. Drei von uns waren sogar jahrelang in einer Heavy-Metal-Combo, unser Background ist also riesig. Wir lieben und respektieren die großen baskischen Bands aus den Achtzigern wie M.C.D, CICATRIZ, RIP, ZAKARRAK oder ESKORBUTO, aber auch die frühen Hardcore- und Punkbands aus Barcelona und Madrid wie LA BANDA TRAPERA, HHH, L’ODI SOCIAL, FRONTPILSEN, HIPERKORE, COMMANDO 9MM, ANDANADA 7 ... Aber ich glaube, unsere wichtigsten Einflüsse haben wir im klassischen UK77-Punk sowie von einigen US-Bands. Wir sind wirklich große Musikfreaks, deshalb könnte ich noch stundenlang weitermachen.
Kannst du bitte einige deiner Songtexte und deren Hintergrund erklären? „La veritat es perillosa“ – wir leben in Zeiten von Fake News ...
Es ist ein Lied darüber, wie gefährlich es sein kann, sich in schwachen Demokratien öffentlich zu äußern. Da sitzen Leute im Gefängnis, nur weil sie in ihren Texten oder Liedern die Wahrheit gesagt haben. Und dann haben die Medien auch noch die Macht, dir zu sagen, was du denkst, du brauchst nicht einmal mehr eine eigene Meinung.
„Patrimoni mundial“, ist ein Lied über eure Heimatstadt Tarragona, die ein bekannter Touristen-Hotspot ist ...
Als „Patrimoni mundial“, also Unesco-Weltkulturerbe, werden die bedeutendsten Orte der Welt ausgezeichnet. Tarragona trägt diesen Titel seit ein paar Jahren wegen seiner bedeutenden römischen Vergangenheit, aber es ist auch eine Stadt voller Chemiefabriken und schmutziger Industrie, ohne Rock’n’Roll-Clubs, ohne Gelegenheiten und voller Langeweile. Das ist die Seite, an die wir auch gerne erinnern.
„Ultracentre“ – mit Vox hat Spanien eine neuerdings sehr populäre rechte Partei ...
„Ultracentre“ handelt von den hirnlosen Zombies der Gesellschaft, die immer stur der Hauptstraße folgen, egal was passiert, und die glauben, dass sie auf dem richtigen Weg sind, kein links, kein rechts, kein Erheben der Stimme – nur ultra mittig –, die ihren Chefs die Hände küssen, den Politikern die Stiefel lecken und es den Mächtigen gestatten, sich noch despotischer aufzuführen.
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