COMMON ENEMY

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Skate that shit, asshole!

„Skate the day away“, „Late night skate“, „Skate of the dead“, „Beer, boards & the crew“, „My board, my rules“ und natürlich „Build ramps, not bombs!“... COMMON ENEMY haben bestimmt mehr Songs übers Skaten geschrieben als so manch ein Schlagersänger über die Liebe. Meine Lieblingsplatte der Band aus Reading, Pennsylvania ist allerdings die 7“ „Groovy“ (2007), ein Tribut an die Horrorfilm-Trilogie „Evil Dead“. Tatsächlich auf die Idee zu kommen, einen Song in diesem Splatter-Umfeld „My HMO won’t cover this“ zu nennen, also „Meine Krankenkasse wird das nicht übernehmen“, das macht für mich den Unterschied. Skateboarding und Zombie-Attacken, darum geht es auch wieder auf „Living The Dream?“, ihrem kürzlich bei Horror Business erschienenen grandiosen vierten Album, wenn auch nicht mehr ausschließlich. Dass dies aber nicht bedeuten soll, die Jungs seien endlich „erwachsen“ geworden, das stellen sie gleich im ersten Song unmissverständlich klar: „We’re still having fun!“ – und es klingt hier fast wie eine Drohung. Sein Alter wollte mir Gitarrist Justin Enemy trotzdem nicht gleich verraten ...

Wir sind alle schon über 21, haha. Nein, in Wahrheit sind wir vier zwischen 24 und 32. Allerdings haben wir seit zwei Monaten ein fünftes Bandmitglied, James, unser zweiter Gitarrist, der ist erst 18.

Und, habt ihr immer noch Spaß?

Hell f’n yeah! Anders ginge es auch gar nicht.

Es gibt zwar kein Gesetz, das verlangt, Punk-Lyrics müssten auch nur im Entferntesten etwas mit der Realität zu tun haben, aber es macht schon den Eindruck, dass ihr alle hinter dem steht, was euer Sänger Gary Critical da so schreit, screamt oder, schon ganz außer Atem, rauskotzt ...

Haha. Die Sache ist einfach die, wir sind halt wie eine Familie und haben oft die gleichen Ansichten. Ich denke mal, deswegen passt alles recht gut zusammen, was wir machen. Aber komisch, dass du das mit dem Kotzen erwähnst, ich habe nämlich den Eindruck, neuerdings passiert das, wenn wir unser Set durchgespielt haben, immer häufiger.

Euren Sänger habt ihr schon öfter gewechselt: Da war erst Sonic, dann Mikey, wieder Sonic und nun Gary. Ihr spielt ziemlich schnellen Thrashcore – liegt es womöglich daran, dass die euch immer so schnell kaputt gehen?

Hehe, du sagst es!

Autsch. Ich hoffe mal, ihr seid alle krankenversichert.

Schon, aber ich fürchte, meine Krankenkasse wird das nicht übernehmen.

Apropos krank, ein Song auf dem neuen Album heißt „Pac-Man fever“. Ist das sehr infektiös?

Es ist definitiv ein Fieber, das du nicht haben willst, glaub’s mir. Es beginnt damit, dass du nicht mehr aufhören kannst zu spielen, bis du irgendwann überall nur noch Power Pellets siehst. Kurz danach hast du 8-Bit-Visionen von dem Spielfeld, aber damit nicht genug. Nein, die Symptome werden immer verrückter. Du bekommst feuchte Träume von Mrs Pac-Man und ihrer süßen rosa Haarschleife. Und wenn du mit ihr dann endlich zur Sache kommen willst, tauchen plötzlich, wie aus dem Nichts, diese Geister auf und wollen dich fertig machen. Nicht, dass mir das passiert wäre ... Nur was ich so gehört habe, haha.

Nun zu den praktischen Dingen des Alltags: Könntest du mir liebenswürdigerweise erklären, wie ein „Beer-Bong“ funktioniert?

Es geht vor allem besonders schnell. Alles, was du brauchst, sind ein Trichter und ein Schlauch, den du in der Hälfte einknickst, du füllst Bier in den Trichter viel Bier, abhängig davon, wie blau du werden willst, dann hältst du den Beer-Bong in die Höhe, Kopf in’n Nacken, und trinken! Kommt fast so gut wie eine Shotgun, haha ...

Ach, deswegen ist euer Sänger auf den Fotos ständig am grinsen?

Gary ist immer happy, denn er träumt den ganzen Tag von Beer-Bongs und Gras.

Ihr wart gerade auf Deutschlandtour, auf der ihr unter anderem mit OVER THE TOP auf ihrer Releaseparty in Münster gespielt habt. Haben diese Wahnsinnigen euch auch erzählt, dass sie die definitive Waffe gefunden hätten, um angreifende Zombies abzuwehren? Sie nennen es Wall of Death, solltet ihr mal ausprobieren.

Das wäre ja schön schräg, Zombies bei einer Wall of Death zu beobachten! Wir sollten unsere Tötungsmethoden unbedingt noch mal mit OVER THE TOP diskutieren. Meiner Ansicht nach gibt es bei einem Zombie-Angriff ja nichts Besseres als einen saubereren Kopfschuss. Bist du nicht ganz sicher, lieber zweimal abdrücken.

Okay. Kannst du mir etwas erzählen über Bobby Evil, der von Anfang an euer fantastisches Comic-Artwork macht – und das mich immer ein bisschen an RKL erinnert.

Bobby hab ich vor Jahren bei einem Skateboarding-Forum getroffen. Ich fand seine Arbeiten cool, also fragte ich, ob er Lust hat, mal was für uns zu machen. Es stellte sich heraus, dass er genau dasselbe Zeug hört wie ich, womit ich groß geworden bin, und er mochte, was wir machen. Mittlerweile sind wir enge Freunde geworden, die sich gegenseitig inspirieren. Für mich gehört er zur Band, ich finde, Kunst und Musik sollten immer Hand in Hand gehen.

Ihr habt etliche Split-Relaeses rausgebracht, zum Teil mit beeindruckend exotischen Bands, etwa WEOT SKAM aus Malaysia, den Italienern LxExAxRxN aus Palermo oder den japanischen Thrashern EVERYBODY’S ENEMY – hattet ihr Gelegenheit, die mal persönlich kennen zu lernen?

Hell yes! Mit L.E.A.R.N. haben wir auf unserer „Grip It & Rip It“-Tour 2007 gespielt, dafür sind wir quer durch ganz Italien gefahren, bis runter nach Sizilien. Und 2009, wir waren gerade „Warped in Canada“, ist uns in Toronto der frühere Gitarrist von EVERYBODY’S ENEMY in die Arme gelaufen. Die anderen Jungs von der Band haben wir leider noch nicht getroffen, ebenso wenig wie WEOT SKAM. Man hat uns zwar schon öfter angeboten, mit einer der beiden Bands durch Asien und Japan zu touren, nur bislang stimmte das Timing leider nie, aber es wird passieren!

Und wie seid ihr an das deutsche Label geraten, wie wurde Dave Horrorbiz euer „Man in Europe“?

Dave ist einfach der Beste, zusammen mit der ganzen Horror-Business-Band-Familie. Oder auf Deutsch: „Wir lieben Dave!“ Angefangen hat es 2004, als er uns geholfen hat, unser Album „Late Night Skate“ rauszubringen. In all den Jahren, in denen wir unterwegs waren und Konzerte gespielt haben, habe ich niemanden getroffen mit solch einer leidenschaftlichen Liebe zur Musik, der sich so um uns gekümmert und stets mit Respekt behandelt hat wie Dave, der auch immer aufpasst, dass wir keinen Ärger kriegen auf Tour.

Wie kam der Kontakt zustande?

Vor langer Zeit in einer weit entfernten Galaxis ... Bevor wir uns der Rebellen anschließen konnten, trafen wir diesen Jedi-Meister namens Dave. Wir waren völlig unbedarft, aber er sagte, die Macht und der Zorn seien mit uns, er wolle sich unserer annehmen und uns die Weisheiten der dunklen Seite lehren. Wir willigten ein.

Kommen wir zurück zur Erde. Zu Hause seid ihr in Reading, Pennsylvania, ehrlich gesagt, eine Stadt, über die ich überhaupt nichts weiß. Gibt es irgendwelche Sehenswürdigkeiten, die man kennen sollte?

Reading ist berühmt für die Reading Railroad, erbaut Mitte des 19. Jahrhunderts. Sie ist übrigens auf dem Monopoly-Spielbrett mit drauf, viele werden sie eher daher kennen.

Wie hoch ist die Arbeitslosenrate, gibt es Jobs für Leute wie uns?

Die Arbeitslosenrate ist sehr hoch zur Zeit, landesweit über 10%, momentan ist es für jeden schwierig, einen Job zu finden. Ich weiß nicht genau, wo Reading liegt im Vergleich zum Landesdurchschnitt, aber gut sieht es nicht aus. Was willst du auch erwarten von einem Land, dessen Fundament die Gier ist? Mal abgesehen davon, dass die Leute, die hart für ihr Geld arbeiten, die Woche für Woche durchhalten in ihrem unterbezahlten Job oder Jobs, falls sie überhaupt das Glück hatten, einen zu finden, sich abstrampeln, um das bisschen Wohlstand zu behalten. Jetzt bleibt ihnen nichts anderes übrig, als ausgerechnet denen den Hals zu retten, von denen sie jahrelang bestohlen wurden. Das ist ein anderes Thema, aber ich könnte kotzen!

Ein Gutes könnten die Zwangsversteigerungen ja doch haben, nämlich viele ausgetrocknete Pools in den Gärten der leer stehenden Häuser, die ideal sein sollen zum Skaten, illegal natürlich. Oder ist das nur ein Mythos aus den Anfangstagen der kalifornischen Skater-Szene?

Ja, genau, die Westcoast-Skater-Szene! Bei uns an der Ostküste gibt es einfach nicht so viele Swimmingpools ...

... aber du weißt, wovon ich rede, zumindest laut einem eurer Songs, „Slash the coping“, es ist eine knochenbrecherische Aktion, oder?

Frag besser nicht! Knochenbrüche hatte ich zum Glück keine, aber ohne Ende Quetschungen, ein paar harte Schläge gegen den Kopf, hinterher war ich am humpeln. Also, Kids, merkt euch: Wenn ihr harte Kanten entlang grindet, tut das mit einem Teil eures Bretts, nicht eures Körpers.

Und die letzte Frage: Warum spielen ausgerechnet Skater immer wieder den besten Punk/Hardcore?

Wirklich gute Frage. Ich weiß nicht genau, aber ich kann mir vorstellen, es kommt daher, dass du genau weißt, was du dabei selbst gerne hören willst, wenn du auf deinem Deck durch die Gegend bretterst. Und dieses besondere Gefühl, das man beim Skaten hat, das versuchen wir mit unserer Musik auszudrücken.