Umfeld. In Plattenbeschreibungen ist die Formulierung „Aus dem So-und-so-Umfeld“ immer sehr faszinierend. Dahinter kann sich alles Mögliche verstecken, es ist ein wahnsinnig schön schwammiger Begriff. Im Bezug auf die COCKBIRDS lässt sich trefflich der Begriff „Aus dem DIE TÜREN/SURROGAT-Umfeld“ anbringen, wobei das hierbei weniger diffus als bei sonstigen Umfeldbeschreibungen ist, denn ganz handfest wirken bei Berlins heißestem Punkscheiß gleich zwei Mitglieder der genannten Bands mit. Was natürlich gar nichts mit der Musik der COCKBIRDS zu tun, hat, wie Gitarren-Gunne und Sänger Marcel unverkleidet und trotzdem sexy beim Verhör beweisen konnten.
Wollt ihr was dazu sagen, dass die Platte eigentlich ganz anders heißen sollte als „Superdanke“?
Gunne: Ach klar, drüber reden können wir ja. Eigentlich sollte sie heißen „Hauptsache schwul“, aber da hat dann der Herr Dorau interveniert und gesagt, dass kann er nicht tun, denn wenn die so hieße, dann müsse er aus ethischen Bedenken und aus wirtschaftlichen Überlegungen seine Teilnahme wieder absagen. Da haben wir gesagt: Okay, wenn es dir so wichtig ist, dann können wir die auch anders nennen. Wir werden auch immer öfter als Gaypunk bezeichnet. und haben ja auch eine Regenbogenfahne. Ich find das ja auch eher lustig.
Wobei man ja in Bezug auf die Regenbogenfahne euch auch als Friedenspunk bezeichnen könnte.
Gunne: Geht auch, deswegen wir haben ja auch eine Friedenstaube als Logo und auf dem Cover. Space Invaders meet Phönix. So haben wir uns das gedacht.
Ist „Suche Kontakt“ so was wie eine Singleauskopplung?
Gunne: Ja, so in etwa. Es gibt ja keine richtige Single. Das ist halt der Song, zu dem es das Video gibt, und man muss das ganze Album kaufen. Dann hat man beides in einem. Das ist praktisch, das hat es vorher so noch nicht gegeben.
Marcel: Ja, wir wollten diese Kommerzstrukturen mal aufbrechen. Man zahlt ein bisschen mehr für die Single, dafür gibt es ein paar Songs mehr.
Woher kommt denn die glorreiche Idee mit der Karaoke-Version für das Video?
Gunne: Das war die Idee von Jörg Buttgereit, der das auch gedreht hat.
Marcel: Der irgendwann im Scherz gesagt: „Dann kann ich ja mal ein Video für euch drehen.“ Ich hab ihn dann noch mal drauf angesprochen und er meinte: „Ja, aber ihr habt ja kein Geld.“ Und ich meinte: „Dann machst du es halt trotzdem.“ Und hab ihm gesagt, dass es um den zweiten Song geht, der gefiel ihm auch am besten, aber er hat den Text nicht verstanden. Und da wir eh nur auf Video drehen konnten, haben wir es dann richtig billig gemacht, so karaokemäßig aus dem Fernseher raus, mit zwanzig Asiatinnen, die den Song singen und unten wird der Text eingeblendet. Ist ein bisschen anders geworden, aber trotzdem sehr schön. Es sieht jetzt nicht so scheiße aus, weil es auch nicht aus dem Fernseher raus aufgenommen ist. Die Frauenstimmen wurden live vor der Kamera eingesungen. Die Hälfte hat eh nicht verstanden, worum es geht und die andere Hälfte waren so Deutschasiatinnen und zum Teil sehr gut vorbereitet. Ein paar echte Asiatinnen konnten sich halt nicht vorbereiten, weil sie kein Wort verstanden haben. Wir haben dann so Tafeln vorgehalten, aber das hat alles nichts gebracht.
Erzählt mal was über die Gäste, die bei der Platte mitgewirkt haben.
Gunne: Andreas Dorau hat uns mal in Hamburg gesehen und wollte auf unserem Album die Harfe spielen, der spielt anscheinend E-Harfe. Dann haben wir ihm die Aufnahmen zukommen lassen und er meinte, das könnte er nicht, das wäre ihm zu schnell. Die Aufnahmen waren aber noch ohne Gesang und er meinte, er hätte noch einen Text, und dann hat er auch dieses Kind organisiert, Monty Zimmermann, und „Elvis war schuld“ wurde dann von Monty und Dorau in Hamburg eingesungen.
Gunne: Dann haben wir noch Rose, die Krankenschwester, die ist ein alter Fan von uns und hat auch einen Text geschrieben, kommt eigentlich aus Kanada, ist aber schon länger in Berlin.
Nächster bitte.
Marcel: John Woods, ehemals Sänger von HELL NO!, die beste New Yorker Band, die ich kenne. Mit denen hab ich vor sechs Jahren in Europa mal eine Tour gemacht und seitdem kennen wir uns. Vor drei Jahren hat er die Schwester vom Gitarristen geheiratet. Er ist sozusagen auch eines der inoffiziellen Bandmitglieder und die beiden Songs, bei denen er mitsingt, die hat er auch geschrieben. „Take drugs“ and „Do you stab the junkie“.
Aber das ist nicht der, der das Saxophon gespielt hat, oder?
Marcel: Nee, das ist Ufo Horn, den kennt man vielleicht aus der Muckerszene. Hat sich jahrelang als Zirkusmusiker verdingt und gut verdient dabei.
Gunne: Das ist so ein Uraltbekannter von Pekka und Marcel. Den hat Pekka zufällig auf der Straße getroffen, als wir uns überlegt haben, ob wir noch irgendwas brauchen und da fiel ihm das ein.
Marcel: Die haben sich getroffen und Pekka meinte: „Mensch, du bist doch begnadeter Saxophonist.“ Ich war zuerst nicht so begeistert von der Idee, aber als ich es dann gehört hab, dachte ich, das kann man schon mal machen. Das geht dann ein bisschen in die Richtung ROXY MUSIC.
Mit MELT BANANA und den GODS OF BLITZ seid ihr ja zweimal mit sehr unterschiedlichen Bands aufgetreten ...
Marcel: ENTOMBED hatten wir auch mal. Direkt freitags vom Bad Kleinen zum Mittwoch ins Vorprogramm von ENTOMBED weggebucht. Sehr lustig, da waren nur Metal-Kutten, aber es haben auch ein paar geklatscht. Ich konnte auch von der Bühne sehen, dass da sehr viele mit einem Grinsen im Gesicht rumstanden. Ansonsten hatten wir nicht so die heißen Bands. OMA HANS war cool, aber nicht so spektakulär. Schön absurd war auch dieses WORLD/INFERNO FRIENDSHIP SOCIETY-Ding.
Glaubt ihr, dass es verkaufsfördernd für die COCKBIRDS-Platte ist, wenn man erwähnt, dass da einer von DIE TÜREN beziehungsweise SURROGAT mitmacht?
Gunne: Wir machen da ja kein Geheimnis draus, erwähnen das aber eher weniger. Ist ja durchaus interessant, aber um die Musik zu verstehen oder die Musik wertzuschätzen, ist das eher nicht so hilfreich. Es hat ja mit den TÜREN oder SURROGAT nichts zu tun.
Marcel, erklär noch mal, was du mit der Maske von Sido zu tun hast?
Marcel: Ich hab die gemacht. Wirklich, ist wahr, ich hab noch Fotos von Sido mit Gummiglatze und ich hab auch noch seinen Kopfabdruck in Gips in der Werkstatt. Und ich hab auch noch die Form von der Maske.
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #64 Februar/März 2006 und Antek Pistole