CLOAKROOM

Foto© by Vin Romero

Terraforming auf dem Mars

2013 erschien „Infinity“, die erste Single der in Indiana gegründeten Band, auf Run For Cover. 2014 kam dort eine weitere 7“, 2015 das Debüt-Album „Further Out“, und mit „Time Well“ von 2017 wechselte die irgendwo zwischen Shoegaze und Postrock zu verortende Band zu Relapse. Nun ist mit „Dissolution Wave“ der dritte Longplayer raus, und Gitarrist und Sänger Doyle Martin beantwortete meine Fragen.

Seid ihr immer noch im ländlichen Nordwesten von Indiana ansässig?

Ich bin nach Michigan gezogen. Remis lebt in Chicago. Bobby ist aber immer noch ein erfolgreicher Botschafter von Northwest Indiana. Ganz ehrlich, je weiter ich mich von Indiana entferne, desto mehr spüre ich, wie meine Kräfte schwinden. Es ist ein ungewöhnlich warmer Winter. Keine Schneeengel an Weihnachten. Ich wollte an sich ein Infovideo über den Ölwechsel bei meiner Schneefräse drehen, aber ich hatte noch keine Lust. Ich habe früher in der Nähe der Kingsbury Ordinance Plant gewohnt, einer Munitionsfabrik aus dem Zweiten Weltkrieg, um die herum eine kleine Stadt entstanden ist. Die wurde dort gebaut, weil es eine der am stärksten bewölkten Gegenden des Landes ist; das hat mit den Bombenangriffen zu tun. Wir haben die meisten bedeckten Tage und sind für Bomber schwer zu lokalisieren.

Zehn Jahre CLOAKROOM – gib uns doch bitte einen Überblick über eure Geschichte.
Ich habe immer in Bands gespielt, in unterschiedlichen Genres, und das gilt für alle, die bei CLOAKROOM mitmachen. Musik zu machen, ist mir einfach ein Bedürfnis. Ich habe viele gleichgesinnte, talentierte Leute kennen gelernt und bin mit CLOAKROOM weit rumgekommen. Wir haben zwei Vans verschlissen. Wir wurden nie ausgeraubt, den Tour-Göttern sei Dank. Wir haben ein bisschen Geld verdient, viel Geld verloren, und alles ging wieder von vorn los. Brian und ich arbeiteten zusammen in einer Siebdruckerei. Wir mochten meist die gleiche Musik. Es ist immer eine gute Sache, wenn man während der Arbeit seine eigene Musik hören kann. Bobby und ich kennen uns schon länger, wir haben immer die Bandaktivitäten des anderen verfolgt, und irgendwann schrieben wir schließlich einige Songs zusammen. Damals waren wir nach Chicago gefahren, wo CODEINE spielten, mit ein paar Freunden von uns, den ANTILLES aus Ohio, einer Screamo-Violence-Band. Wir schrieben ein paar Songs, und Run for Cover aus Boston war so freundlich, sie zu veröffentlichen. Wir schrieben noch ein paar mehr und wechselten zu Relapse in Philadelphia, einem Label, das es schon fast so lange gibt, wie ich lebe. Dass RUSSIAN CIRCLES uns so früh gefördert haben, war auch immer eine Inspiration für mich nicht aufzugeben. Wir werden so lange weitermachen, bis niemand mehr was von uns hören will, und ich fürchte, dass wir auch dann nicht aufhören.

Euer Coverartwork gefällt mir sehr gut. Wer hat es entworfen?
Es ist immer ein Vergnügen, mit Bill Connors an Motiven für CLOAKROOM zu arbeiten. Er ist unser Mann in Chicago und spielt in einer tollen Band namens DIM. Ich glaube, Bill hat sich das ausgedacht, nachdem ich ihm eine SMS geschickt habe, in der stand: „Goldener Stab gelb, Jobbewerbung für Terraforming auf dem Mars und erfundene Aliensprache“. Die Vorderseite spiegelt in gewisser Weise auch die Rückseite wider. Etwas in mir, das noch aus meiner Siebdruckvergangenheit stammt, liebt es, sich mit Schriftarten zu beschäftigen. Was die Bedeutung für die Musik angeht, so gehört es zum ganzen Drumherum. Wenn du deine gesamte Arbeit aus dem Bereich der Subjektivität in die Hände und Köpfe der Menschen um dich herum entlässt, solltest du dir besser Mühe geben.

Kannst du einige inspirierende Albumcover nennen?
Das von „Cosmo’s Factory“ von CREEDENCE CLEARWATER REVIVAL. Der rote Teppich, die gelbe Schrift. Das ist die Magie von McDonald’s. Ich weiß nicht, warum es so gut ist. Dazu das Zehn-Gang-Fahrrad, und ich glaube, Stu hat keine Schuhe an. Ich würde gerne wissen, was in der Fabrik von Cosmo vor sich geht. Oder „Either/Or“ von Elliott Smith. Ein schlichtes Cover kann die Rettung sein. Ob dass das eine einfache Entscheidung für Elliott Smith war? Ich würde gerne glauben, dass er dachte, er sähe cool aus, und das war’s. Er hatte recht. Ich habe gegooglet, von welcher kanadischen Hubschrauber-Airline seine Kappe stammt, und ich habe mich über sein kleines Stier-Tattoo auf dem rechten Arm gewundert. Das Bild wurde im Green Room in Phoenix, AZ aufgenommen, wo er für SEBADOH im Vorprogramm spielte. Dann noch „Clean Hands Go Foul“ von KHANATE. Schon allein aufgrund des Titels hatte ich Lust, diese Platte zu kaufen. Das seltsame Anti-Black-Metal-Logo, das sie sich ausgedacht haben, klebt ganz klein in der grauen Zimmerecke, wie ein Spinnennetz. Ich kann mir sofort vorstellen, wie diese Platte klingt, und es fasziniert mich zu überlegen, warum ich mir so etwas anhören möchte. In ihrer gesamten künstlerischen Arbeit waren sie immer ganz bei sich. Ziemlich geschmackvoll, meiner bescheidenen Ansicht nach.

In diesem Video zu „A force at play“ können wir euch beim Kochen zusehen. Was gab es da, was sind deine bevorzugten Zutaten?
Wir haben nicht das ganze Gericht frisch zubereitet. Genauso wenig wie unser Album „Further Out“ komplett in einer Höhle entstanden ist, siehe den Clip zu „Starchild skull“, auch wenn ich mich freue, dass sich dieses Gerücht so lange gehalten hat. Das Essen wurde auf Kosten von Relapse geliefert von einem netten thailändischen Restaurant in der Nähe dieses kleinen Bungalows etwas außerhalb von Chicago. Wir durften die ganze Crew verköstigen. Viele von ihnen sind Veganer. Beim Thailänder musst du einfach nach „ohne Fischsauce“ fragen und das Beste hoffen. Zac Montez nimmt immer das Massaman-Curry, während ich eher ein Freund von Green Curry bin. Wir reden hier von Koriander, Zitronengras, Ingwer und Limette. Ich glaube zwar, dass grünes Thai-Curry traditionell eher mit Fisch zubereitet wird, aber Tofu ist genauso gut. Ansonsten nutze ich jede Ausrede, um in der Küche eine Dose Kokosmilch zu öffnen. Außerdem brauche ich unbedingt natives Olivenöl extra, guten Pfeffer, eine Avocado, die zum Frühstück oder Abendessen verwendet werden kann, und selbstverständlich etwas Sriracha-Salz, sonst könnt ihr kacken gehen. Ich wohnte mal in einem Punker-Haus namens Creephole, da habe ich ein Frühstückssandwich kreiert, das ich „The Cure“ nannte. Es war nur ein dreifaches Eier-Käse-Sandwich, aber hat jeden kuriert, der morgens einen Kater hatte. Ich selbst war natürlich nie verkatert, also kann ich das nicht beurteilen.