CHRISTOPHE SZPAJDEL

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The Lord of the Logos

Der 1970 geborene Belgier Christophe Szpajdel begann seine Karriere als Logo-Zeichner während seines Biologiestudiums in Leuven, als er Anfang der Neunziger als Mitwirkender des Fanzines „Septicore“ Kontakt zum späteren EMPEROR-Gitarristen Samoth hatte, denen er dann das auf jeder Veröffentlichung der Norweger verwendete Bandlogo kreierte. Bis heute hat Szpajdel hunderte Logos für Metal-Bands entworfen und gezeichnet, die er jetzt in dem Bildband „Lord Of The Logos“ versammelt hat.

Was sind die Einflüsse für deine Kunst, speziell wenn es um das Design von Bandlogos geht?


Meistens finde ich etwas in der Natur, oder in Geschichte, Technik, Architektur, Musik: alles was eine hypnotische Atmosphäre ausstrahlt. Um Logos zu entwerfen, brauche ich eine ganz bestimmte Umgebung, die Vision muss klar sein. Manchmal kritzle ich einfach auf dem Papier herum, manchmal geht es auch sehr zielstrebig mit dem Zeichnen voran. Mein wichtigster kreativer Antrieb ist wohl Frustration, das habe ich für mich herausgefunden ... besonders wenn es um respektlose Kunden geht, die von einem anderen Künstler hinter meinem Rücken ein tolles Logo bekommen haben.

Kannst du beschreiben, wie du ein Logodesign angehst, sowohl von der technischen Seite her, als auch mental?

Was das Kopfmäßige angeht, muss ich eine Menge Bilder gesehen haben, durch verschiedene Landschaften gegangen sein oder harte Zeiten erlebt haben, wie zum Beispiel im Moment bei meinem „normalen“ Job. Oder ich muss von einem Film, Festival oder Konzert beeindruckt sein. Wenn ich verreise, habe ich immer ein Skizzenbuch bei mir, ein paar A4-Blätter und Stifte, damit ich interessante Dinge direkt zu Papier bringen kann. „Ah, dieses Art-Déco-Motiv am Schaeffer Building in Eugene, Oregon zum Beispiel, passt perfekt zu meiner Idee für dieses oder jenes Logo.“ Das ist die mentale Vorbereitung. Wenn mein Kopf irgendwann voller Ideen ist, mache ich aus den guten kleinen Skizzen große Entwürfe, scanne sie auf A4, schicke sie an die Bands und wir schauen dann, was geändert werden muss. Meistens ist es so, dass der Kunde sagt: „Es ist gut, aber noch nicht ganz das, wonach wir suchen.“ Durch weiteres Fragen, komme ich dann zu weiteren Entwürfen, und wenn der Kunde zufrieden ist, mache ich mit Tusche weitere. Erst die Outlines, dann die Fillings und das Ausschmücken. Das dauert alles so seine Zeit und meine Arbeit an ein paar Logos ist immer auf einige Wochen ausgelegt. Ein wirklich gutes Logo kann niemals an nur einem Tag entstehen.

Muss dir die Musik der Bands gefallen, für die du arbeitest, oder siehst du es „nur“ als Job?

Bis jetzt versuche ich immer, Leidenschaft und Job auf einen Nenner zu bringen. Ich habe auch noch einen normalen Job im Management eines Supermarktes, plane aber längerfristig, mich selbständig zu machen und tue alles erdenklich mögliche, um von der Kunst leben zu können und den anderen Job an den Nagel zu hängen. Leider bin ich manchmal gezwungen, Logos für Bands zu machen, die mir überhaupt nicht gefallen, wenn andere Kunden wegfallen zum Beispiel. Es kam auch schon vor, dass irgendwelche Metalcore-Bands wegen eines Logos auf mich zugekommen sind und ich erst abgelehnt habe, dann aber doch den Auftrag annahm, weil nur wenige interessante Bands da waren, deren Logo ich unbedingt machen wollte ... Ich bin auch schon mal frustriert, wenn ich geile Logos für zweitklassige Bands machen musste.

Hast du auch mal eine Anfrage aus musikalischen, persönlichen oder sogar politischen Gründen abgelehnt? Letzteres bezieht sich vor allem auf die NS-Bewegung im Black Metal.

Das ist eine ziemlich schwierige Angelegenheit. Bevor ich eine Anfrage ablehne, mache ich mich erst mal schlau, frage mich und auch andere Leute, die eine Band vielleicht persönlich kennen, ob es der Auftrag wert ist. Wird die Band groß oder ist es nur ein kurzes Ausrasten von irgendwelchen unreifen Kindern, die demnächst ihre Instrumente wieder verkaufen und auf den nächsten Trend aufspringen? Da zählt jedes Detail, beginnend bei der Art und Weise, wie eine Nachricht an mich geschrieben wird, bis zum persönlichen Hintergrund des Kunden, denn ich habe absolut keine Lust für irgendwelche Emo-Kinder zu arbeiten, deren Bandphilisophie ist, ein paar Songs bei MySpace reinzustellen, um ein paar gelangweilte Freunde zu beeindrucken oder von anderen Aufmerksamkeit zu bekommen. Ich will mit Leuten arbeiten, die reifer im Kopf sind und Musik aus Leidenschaft machen. Ich bin sogar mehr von persönlichen Anfragen begeistert, die nicht unbedingt von Bands kommen, denn da spüre ich häufig ein größeres Interesse, und die Wahrscheinlichkeit ist auch höher, dass meine Arbeit angemessen entlohnt wird. Die meisten Typen in den Bands, die ich online so treffe, haben kein Geld. Seit ich ein Interview für ein Webzine namens LoveLogoDesign gemacht habe, sehe ich mehr Interesse von Leuten, die Kunst einfach um ihrer selbst willen lieben. Was diese Nazi-Bewegung angeht, denke ich, dass sie Black Metal generell in Verruf bringt , und wissend ein Logo für eine NSBM-Band zu entwerfen, würde meinen guten Ruf ruinieren, das ist das Letzte, was ich will. Andererseits, versteh mich nicht falsch, gibt es leider auch gute Bands, die wirklich tolle Musik machen, die als NSBM abgestempelt werden, doch viele sind das nicht. Von so einer Band würde ich nur dann eine Anfrage akzeptieren, wenn sie sich selbst treu bleibt, und ich werde nicht zögern, irgendwelche Aufträge abzulehnen, bei denen eine Band will, dass ich offensichtliche NS-Symbole in ihr Logo einarbeite. Ich will hier aber auch noch darauf hinweisen, dass keltische Kreuze oder Sonnenräder von einigen als Nazi-Symbole bezeichnet werden, was aber absolut falsch ist. Diese Ansicht wird von Leuten verbreitet, die sich damit nicht auskennen. Wissen ist etwas Entscheidendes, man sollte nie ein Urteil fällen, ohne sich vorher umfassend informiert zu haben, weshalb ich oft auch einen Kunden erst mal zur Sicherheit in die Warteschleife stelle, bevor ich entweder loslege oder die Anfrage ablehne. Bei diesem Thema muss man immer sehr aufpassen.

Hörst du dir die Musik der jeweiligen Bands dabei an, während du an ihren Logos arbeitest?

Immer, auf jeden Fall! Jede Band, die auf mich zukommt, muss mir auch einen Link zukommen lassen. Ich werde immer Bands vorziehen, deren Musik ich mag, die kommen als Erstes dran, ich habe schließlich immer mit tonnenweise Anfragen zu tun und es ist absolut entscheidend, dass die Musik sich auf meine künstlerische Kreativität überträgt.

Wie man in deinem Buch „Lord of the Logos“ sehen kann, lassen viele deiner Logos, obwohl sie für verschiedene Bands gemacht wurden, einen gemeinsamem Stil erkennen. Wie entscheidest du, was zu welcher Band passt? Oder wird der eigene Stil einer Band in deinem Kopf quasi von ihr selbst erschaffen?

Ich bestehe mittlerweile darauf, dass eine Band mir soviel Anweisungen wie möglich gibt und Links schickt, wo ich mir ansehen kann, was sie sich so ungefähr vorstellt. Es ist mittlerweile ja zwangsläufig so, dass eine Anfrage sich auf Logos bezieht, die ich vorher für andere Bands gemacht habe. Ich fordere so viele Angaben wie möglich von meinen Kunden, bevor ich an etwas arbeite. Aber es gibt tatsächlich einige Bands, die etwas erschaffen, das dazu führt, dass ich einen bestimmten Stil von alleine im Kopf habe. Zum Beispiel CONTAGIION, I SHALT BECOME, APPARITIA, WEDARD, WHEN MINE EYES BLACKEN, WINDS OF SORROW, EXILED FROM LIGHT ... Bei dem Verschmelzen ihrer Kunst mit der Art Déco – inspiriert vor allem durch die ziemlich einmalige, von den Architekten Timothy Pflueger und Bruce Goffs entworfene Boston Avenue Methodist Church in Tulsa – habe ich einen ziemlich eigenständigen Stil entwickelt, dessen Charakteristikum die hohen, geometrischen Logos sind, mit einer Vielzahl an vertikalen Linien und Schattierungen. So ist Depressiv’Moderne entstanden. Und dazu angeregt, meine naturorientierten Logos zu verbessern, haben mich der Yosemite Valley Park, Mount Shasta und die Cascadian Mountains in Oregon, die immer von unheimlichen Nebeln umgeben sind. Das hatte großen Anteil bei der Entwicklung meiner „Winterstil“-Logos, ohne dabei meine Faszination für Bäume und ihre Zweige im Winter zu vergessen. Ein exzellenter Ersatz für die Cascadian Mountains ist auch Dartmoor, wo ich wohne, zwischen November und März ist die beste Zeit. Es ist generell aber unvermeidbar, Logos zu zeichnen, die sich irgendwie ähneln, wenn man etwas produktiver ist.

Ein Phänomen im Metal, besonders im Black Metal, ist ja, dass manche Logos auf den ersten Blick absolut unlesbar wirken oder nur zu entziffern sind, wenn man den Namen der Band schon kennt.

Du hast völlig Recht, ich habe schon so viele absichtlich unlesbare Logos gesehen. Das Problem ist, dass ein so abstraktes Logo nur sehr schwer im Gedächtnis bleibt. Aber es gibt schon einen Kompromiss zwischen Unlesbarkeit und Einprägsamkeit eines Logos. Manche Bands haben ja eine ganze Palette an Logos und keines ist zu entziffern, was es noch schwerer macht, sich an ihren Namen zu erinnern. Wenn der Name auch noch lang ist, so ein Zungenbrecher wie LUGGAIDIMEERANKIA, dazu mit einem komplett unlesbaren Logo, dann kann ich dir garantieren, dass sich niemand den Namen deiner Band merken kann, egal, wie oft er sie sich angehört oder sich das Logo angeschaut hat.

Gibt es eine Arbeit von dir, auf die du besonders stolz bist?

Es gibt einige, auf die ich ziemlich stolz bin, etwa SATRIARCH, NACHTMYSTIUM, COVENANT, THE GREEN EVENING REQUIEM, ARTISIAN, DEADLOCKED IN MISERY, CHASMA, FEEDLING, WOLVES IN THE THRONE ROOM, REVERIE, EMPEROR, ENTHRONED, BORKNAGAR, WITHERED DREAMS und PIT FIENDS. Andere finde ich nicht mehr so toll, wie die für OLD MAN’S CHILD oder die Niederländer MIDIAN. Die würde ich gerne noch einmal überarbeiten und deutlich verbessern, wenn ich dazu die Gelegenheit hätte.