CANNIBAL CORPSE

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Alter Wein in alten Schläuchen

Mit „Violence Unimagined“ veröffentlichen CANNIBAL CORPSE dieses Jahr ihr 15. Studioalbum. Weiterentwickelt haben sie sich lediglich graduell, die Einstellung von Langzeitproduzent Erik Rutan (HATE ETERNAL) als Gitarrist ist wohl die größte Neuerung auf dem Album. Bassist Alex Webster beantwortet uns einige Fragen.

Alex, lass uns gleich über den Elefanten im Raum sprechen! Wie kam es, dass Erik jetzt richtig zur Band gehört und was wird aus Pat?

Nach unserer letzten Tour 2019, bei der wir ihn bereits als Live-Gitarrist dabeihatten, haben wir uns entschieden, Erik als vollwertiges Mitglied in die Band aufzunehmen. Ich sollte hier aber nicht weiter in die Tiefe gehen, noch ist nicht alles ob dieses Wechsels geklärt. Wir sind aber sehr froh, Erik an Bord zu haben. Es fühlt sich alles ganz selbstverständlich an und 2020 hat er sich schon voll eingebracht und gleich drei Lieder beigesteuert.

Welche?
„Condemnation contagion“, „Ritual annihilation“ und „Overtorture“. Die Texte hat er auch gleich mitgeliefert. Wie gesagt, er war sofort komplett eingebunden hat sich CANNIBAL CORPSE absolut verschrieben. Er ist sehr talentiert und hat unglaubliche Fähigkeiten. Wir hatten bisher noch nie einen Gitarristen, der ganze Stücke mit Texten geschrieben und uns gleichzeitig noch produziert hat. Er ist unheimlich vielseitig und bringt so einiges mit.

Was sind das für Fähigkeiten, mit was bringt er die Band musikalisch weiter?
Da gibt es einige. Wenn du die Songs anhörst, die er geschrieben hat und auf den linken und rechten Kanal achtest, wird dir auffallen, dass dort wesentlich mehr bei den Rhythmusgitarren los ist als bei den Liedern, die von Rob oder mir stammen. Dazu ist sein Stil auf der Leadgitarren sehr melodisch, gleichzeitig aber äußerst strukturiert. Manchmal sind seine Soli wie ein kleiner Song in einem Song. Nicht einfach nur eine zufällige Notenfolge – wobei ich auch gar nichts dagegen hätte. Eriks Soli sind musikalisch sehr ausgereift, gleichzeitig aber aggressiv und schnell. Er ist ein echter Komponist.

Wie war es, den Produzenten nun auch gleichzeitig als Gitarristen in der Band zu haben?
Das hat meiner Ansicht nach sehr gut funktioniert. „Violence Unimagined“ hat mit den besten Klang, den Erik je für uns erzeugt hat. Die Qualität der Produktion ist also gleichgeblieben oder hat sich sogar verbessert – je nachdem wie man eine gute Produktion definiert. Es hängt ganz von Erik ab, wie viel er übernehmen möchte. Ich habe ihm auch gesagt, dass wir, um ihn ein bisschen zu entlasten, in der Zukunft auch jemand anderes unser Album produzieren oder zumindest mischen lassen können. Wir erwarten nicht, dass Erik alles gleichzeitig tut. Ihm macht es aber bisher sehr viel Spaß und wir arbeiten auch sehr gerne mit ihm zusammen. Es ist sogar sehr wahrscheinlich, dass wir das nächste Album ähnlich wie dieses in den Mana Studios aufnehmen werden. Ein Vorteil, ihn in der Band zu haben, ist, dass wir das Studio auch zum Zwecke der Vorproduktion nutzen konnten. Paul konnte zum Beispiel das Schlagzeug ausprobieren, mit dem er auch das Album einspielen wollte, und darauf schon einmal sehr gute Demos produzieren. Man kann sich so sehr gut vorbereiten.

Wenn du gerade Paul ansprichst: Während ­CANNIBAL CORPSE sich generell technisch über die letzten Alben immer weiter steigern, sticht hier Paul noch einmal besonders hervor. Der scheint mit dem Alter tatsächlich nur noch besser zu werden. Wie hältst du, als anderer Teil der Rhythmusfraktion, da mit?
Aus unseren Reihen ist er mit Sicherheit derjenige, der sich am meisten weiterentwickelt hat. Auf der anderen Seite machen wir ihm aber auch sein Leben schwer. Wenn Rob, Erik oder ich Musik für ein Lied schreiben, haben wir immer schon eine recht genaue Vorstellung davon, wie das Schlagzeug klingen soll. Wenn ich an einem Song arbeite, programmiere ich dieses zum Beispiel vor. Paul spielt meist genau das, was ich geschrieben habe. Er hat sich also so weit entwickelt, dass er alles spielen kann, was wir vorher im Kopf haben. Die Lieder, die Erik geschrieben hat, setzen dem dieses Mal noch einen drauf. Gerade wenn ich an die Drumfills in „Condemnation contagion“ denke. Das sind wirklich lange, verrückte Fills. Die hätte Paul im Leben nicht so geschrieben. Erik wollte sie aber so, also hat Paul so lange geübt, bis sie saßen. Das ist wirklich beeindruckend. Um auf deine Frage zu kommen: Ich kann da nicht mithalten. Er war immer ein sehr guter Schlagzeuger, aber die meisten Leute entwickeln sich über 15 Alben nicht so weiter, wie er es bei den letzten Scheiben getan hat. Ich versuche immer in den Tempi zu spielen, die Paul auch mag. Es gab aber einige Stellen, die auch ich lange proben musste. Aber ich habe auch noch nie ein Album eingespielt, bei dem ich danach dachte: Das war aber einfach! Wir versuchen uns immer selbst herauszufordern.

Nun habe ich in eurem Pressetext gelesen, dass es euch dieses Mal wichtig war, Lieder zu schreiben, die klar voneinander unterscheidbar sind, einen eigenen Charakter haben. Wie stellt man das bei mehreren Songwritern sicher?
Das ist eine sehr gute Frage! Wir versuchen immer alle auf dem Laufenden zu halten. Es wäre aus meiner Sicht nicht zuträglich, wenn ich vier Lieder am Stück schreiben und die dann fertig abgegeben würde. Ich schreibe einen Song, schicke ihn rum, setze mich erst dann an den nächsten und so weiter. Auf diese Art wissen wir auch immer, was dem Album noch fehlt. Wenn einer ein langsamen Track geschrieben hat, dann ist es vielleicht an jemand anderem, etwas gänzlich unterschiedliches zu komponieren. Auch gut ist, dass Erik, Rob und ich in unserem Schreiben total unterschiedlich sind. Wir haben alle unseren Stil, auch wenn am Ende CANNIBAL CORPSE dabei rauskommt. Bei den vier Liedern, die ich dieses Mal beigesteuert habe, wirst du feststellen, dass alle in einem anderen Tempo sind. Wenn du ein bisschen im Tempo, in den Rhythmen und in der Struktur variierst, ist es wirklich nicht schwer, auf dem fertigen Album für etwas Abwechslung zu sorgen.