BOYS TRY BEHEADING

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Making Emo An Insult Again

Wusstet ihr, dass es im deutschen Bußgeldkatalog für Verkehrssünder keine Ahndung für das Mitnehmen einer Person auf der Motorhaube gibt? Warum nicht? Weil niemand auf solche Ideen kommt. Niemand? BOYS TRY BEHEADING haben solche Ideen. Jetzt stellt euch mal vor, man gibt diesen Leuten noch Instrumente, lässt sie Alben aufnehmen und ihre Kreativität vollkommen ausleben. Nach einer Dekade in diversen Bands, hat das Quartett aus Süddeutschland nun zwei Gruppen zu einer gemacht und bereits den Nachfolger zum Debüt „Leads“ unter dem neuem Bandnamen im Kasten. Allerdings will die Band mit ihren unverkrampften Songs, die mal Ohrwurm, dann brüchig und komplex, aber auch bisweilen krachig sind, nicht so recht ins übliche Schema passen. Zeit, die Ermittlungen aufzunehmen. Rede und Antwort standen mir Sänger und Gitarrist Sebastian, Bassist Mirko und Drummer Lukas.

Woher kommt euer doch recht seltsamer Name?

Sebastian: „Mirko hatte nach Namen gesucht, nachdem wir die erste Idee I SAVED LATIN, welches ein Zitat aus dem Film ‚Rushmore‘ ist, verwerfen mussten. Leider hatte eine andere Band schon den Namen in Beschlag genommen. Auf der weiteren Namenssuche sind wir dann bei einem deutsch-polnischen Märchen gelandet, welches auf Englisch eben BOYS TRY BEHEADING heißt. Der deutsche Titel ist ‚Knaben probieren das Köpfen‘. Worum es geht, habe ich bis heute nicht ganz verstanden, aber es taucht ein Hase mit drei Beinen auf, die Jungs bauen eine Guillotine und einer wird reingestoßen.“

Ihr kommt gerade aus dem Proberaum, das zweite Album steht an, was hat sich verändert?

Sebastian: „Der Arbeitstitel ist ‚Someone Call The Dentist‘, das Album wurde besser aufgenommen und Mirko hat diesmal nur ein Lied beigesteuert, weil er immer so lang braucht. Das Album hat im Vergleich zum Vorgänger ‚Leads‘ einen roten Faden, da die alten Songs eben unsere ersten Songs waren. Es wurde zwar ein ziemlich breites Spektrum abgedeckt, aber unseren ganz eigenen Stil hatten wir noch nicht gefunden. Die Unterschiede zwischen den Liedern waren enorm, und inzwischen klingt alles zwar ähnlich, ist aber besser ausgearbeitet.“

Musikalisch kommt ihr aus verschiedenen Ecken. War das förderlich oder hat es euch eher Probleme bereitet?

Sebastian: „Eigentlich überhaupt nicht. Unser erster gemeinsamer Nenner waren METALLICA. Wir hatten eine METALLICA-Coverband, in der Basti aber noch nicht mitgespielt hat. Wir hießen damals BURNT BEYOND RECOGNITION, und vielleicht gibt es ja noch mal eine große Reunion. So haben wir uns dann auch kennen gelernt.“

Lukas: „Der wesentliche gemeinsame Nenner war allerdings, Gitarrenmusik mit Gesang zu machen, und nicht mit Geschrei.“

Sebastian: „Basti und ich spielten damals noch bei FRAMEWORKS LABELED HOME, aber wir dachten, man müsste mal was mit Mirko und Lukas machen. Ich wollte auch mal einen Song schreiben, in dem die Teile zueinander passen, eine Melodie existiert und wo nicht nur Geknüppel kommt, das man die ganze Zeit bei GRADE klaut. Dann haben wir uns mal mit Mirko total besoffen und uns die Lieder, die wir so bis dahin gemacht hatten, gegenseitig vorgespielt. Da wir die alle klasse fanden, haben wir uns überlegt, wer fürs Schlagzeug in Frage kommt. Mit Lombardo sind wir nicht so gut ausgekommen, dann haben wir halt Lukas genommen, das hat ja auch gepasst und es war eigentlich auch kein Problem. Abgesehen davon, dass Emo für Lukas ein Schimpfwort ist.“

Lukas: „Nicht nur für mich, auch für alle anderen. Ich muss hier schon ab und zu mal auf die Emobremse treten.“

Sebastian: „Er ist halt einer, der, sobald der Gesang etwas emotionaler wird, sagt: ‚Hey, ich will nicht in so einer Heulband spielen. Ich habe Angst ich schlaf ein, wach wieder auf und bin in einer Band, die rumheult. Du musst einfach nur schön singen. Ich find es ja gut, dass du in die Lieder Feeling reinlegst, aber so rumzuheulen, das muss ja nicht sein.‘ Neulich haben wir die BRIGHT EYES gesehen. Ich war total begeistert, aber Lukas fand es einfach nur furchtbar und zum Kotzen. Das sind halt so die kleinen Punkte, wo man Kompromisse eingehen muss.“

Wie sieht es mit den Aufnahmen aus? Macht ihr die wieder in Eigenregie, oder habt ihr euch ein Studio geleistet?

Lukas: „Wir machen so gut wie alles in Eigenregie, mit dem PC und einem Achtspurgerät, das wir daran angeschlossen haben.“

Sebastian: „Dafür mussten wir natürlich den Proberaum umbauen und einiges investieren. Wir haben mit Matratzen isoliert und sozusagen einen Raum im Raum geschaffen. Mirko hat auch schon Tonspuren für Filme bearbeitet und ist unser Soundmann.“

Mirko: „Letztes Mal war es so, dass ich mir beim Aufnehmen vieles angeeignet habe. Wir haben auch schon zwischendurch einiges aufgenommen, und es klappt alles sehr gut.“

Habt ihr schon Angebote von Labels? Irgendwelche Wunschkandidaten?

Sebastian: „Wir haben erst kürzlich Alben weggeschickt und von Lobster sogar eine sehr nette Antwort bekommen. Der Betreiber schien ziemlich begeistert zu sein, meinte dann aber, sein Label sei zu klein, um eine Band, die nicht aus den USA kommt, zu unterstützen. Das größte Problem ist eben das Touren und das Finanzielle. Wir sind aber nicht auf irgendein Indielabel fixiert. Es ist natürlich schwer, für die gesamte Band zu sprechen, aber ich wünsche mir eigentlich nur irgendeine Plattform, um das Album für die Leute erhältlich zu machen. Es ist mir auch völlig egal, wer die Musik hört, aber verbiegen lassen wir uns auf keinen Fall.“

Was Werbung betrifft, haltet ihr euch vornehm zurück. Mangelt es euch an Geschäftssinn?

Sebastian: „Bei unserem ersten Album waren wir von der Klangqualität nicht so ganz überzeugt, deshalb wollten wir nicht so intensiv werben, sonst denkt noch jemand, der Sound bleibt auf den nächsten Releases auch so, dann hat man halt einen bestimmten Ruf weg. Wir wollten für das neue Album sehen, welche Reaktionen es gibt und was die Labels zu den Demos sagen. Diese Reaktionen waren durchweg positiv, also werden wir diesmal auch richtig Werbung machen, bzw. ich, die anderen sind zum Bezahlen da. Wir glauben aber auch, dass wir das alles selbstständig bewältigen können und keine Promoagentur brauchen.“

Das Artwork der letzten Platte in allen Ehren, aber Understatement kommt gar nicht mehr so gut an.


Sebastian: „Also ich fand das Artwork mit dem gemalten Feuerwehrmann und dem Pinguin super, und die Resonanz war auch gut. Du bist der Erste, dem es nicht gefällt. Wir haben uns das Cover auch genau so vorgestellt, wie es dann wurde. Beim nächsten Album wird das Layout aber passend zum Albumtitel ‚Someone Call The Dentist‘ gemacht, was auch der Titelsong sein wird, in rot und weiß mit viel Blut und Zähnen gehalten werden. Alles passend zum Thema Zahnarzt eben. Meine Eltern sind beide Zahnärzte, da lag das nahe.“

Gibt es einen Dresscode oder eine Art der Imagepflege?


Sebastian: „Wir haben mal mit dem Gedanken gespielt, ob das angebracht wäre, aber wir sind ja keine Boyband. Wobei es manchmal schon gut aussieht.“

Lukas: „Bastian und Ossi meinten ja, man müsse sich den rechten Arm tätowieren lassen, aber da machen wir nicht mit. Nur wenn es die Bandkasse bezahlt. Im Ernst, übers Anziehen haben wir nicht gesprochen, aber wir bemühen uns auf der Bühne nicht nur langweilig rumzustehen, weil wir wissen, dass das dumm aussieht, weil wir ja selbst auch auf Konzerte gehen. Manchmal kann die Musik noch so gut sein, wenn die Band nichts lostritt, ist der Abend gelaufen.“

Ihr hört jetzt hoffentlich auch auf, auf Nachwuchsfestivals zu spielen, oder?

Sebastian: „Wir bereuen es auf jeden Fall, bei Emergenza gespielt zu haben, wobei es auch lustig war, die alle anzupissen, und das haben wir mit unserer Null-Bock-Attitüde auf alle Fälle geschafft. Wir würden das aber nicht noch mal machen und raten jedem davon ab. Das war in unserer Anfangszeit, und wir wollten so viele Konzerte wie möglich spielen.“