Ein Frage, die wir uns vielleicht öfter mal stellen sollten. Oder eben im Interview Jaredi, dem Sänger der finnischen Band.
Ich habe gelesen, dass das Album uns durch die Phasen der Trauer führen wird. Wie habt ihr dieses Konzept beim Schreiben von „How’s The Heart?“ umgesetzt?
Dass die verschiedenen Phasen der Trauer hier ein übergreifendesThema sind, hat sich erst bei der Fertigstellung des Albums wirklich herausgestellt. Wenn man spontan mitten in der Blüte seiner Inspiration loslegt und es nicht mit einem vorgeplanten Konzeptalbum zu tun hat, ist es normalerweise eine Herausforderung, hinterher einen klaren roten Faden auszumachen, der das Ganze zusammenfasst. Doch dieses Mal war es ziemlich einfach, und „Stadien der Trauer“ ist vielleicht die beste Wahl, um die Gesamtheit der Texte dieses Album zu beschreiben. Ich will hier das Rad nicht neu erfinden, wenn es um künstlerische Inspiration geht, aber Herzschmerz ist Herzschmerz, und dieses Mal hat es uns ein wenig anders getroffen, mit einer Menge Arbeit, die man tun muss, um einen Weg da raus zu finden. Das macht das Album natürlich sehr persönlich. Was die instrumentale Seite des Songwritings angeht, wurde das durch unsere Produktion nicht so sehr betont, abgesehen davon, dass wir natürlich eine große Bandbreite an Songs haben wollten, was die Mischung aus Härte und Atmosphäre, Aggression und Schönheit sowie Melodiösität und Geradlinigkeit angeht.
War der Verlust eines Menschen die Inspiration für dieses Album? Wenn ja, wie hat dir der Prozess des Schreibens und Aufnehmens dieses Albums geholfen, mit diesen Gefühlen umzugehen?
Es geht um den Verlust von besonderen und wichtigen Menschen in deinem Leben, auf ganz unterschiedliche Weise, aber auch darum, dich selbst im Strudel dieser Umstände zu verlieren. Das Album ist in einer Zeit entstanden, in der man versuchte, diesen Verlust zu verarbeiten und sich in einer Situation wiederfand, in der man offensichtlich nur über unzureichende Methoden verfügte, um diesen Schicksalsschlag zu verarbeiten. Diese Umstände spiegeln sich auf diesem Album in einem hohen Maß an Verletzlichkeit wider, dass es wirklich greifbar ist. Aber es ist eine Binsenweisheit, dass nur durch Verletzlichkeit auch Wachstum geben kann, und darin liegt die Hoffnung auf diesem Album; etwas, das immer in der musikalischen Atmosphäre und unserem textlichen Ansatz verborgen war. Dieses Album ist so etwas wie das Tagebuch einer Zeit, in der alles von innen her zusammenbricht, ein introspektiver Trip, der auch einige sehr persönliche Geschichten beinhaltet. Den Schaden an der eigenen psychischen Gesundheit zu romantisieren, ist etwas, was man niemals tun sollte, aber wir wollen trotzdem alles ehrlich halten, so wie wir es immer getan haben in unserer Kunst. Das Schreiben dieses Albums war für mich wie eine Therapiesitzung, und es würde mir sehr viel bedeuten, wenn nun andere „How’s The Heart“ als hilfreich empfinden und daraus Kraft schöpfen können.
Das Album zeigt viele verschiedene Seiten von BLOODRED HOURGLASS, von EDM-Beats bis zu Deathcore-Vibes, von Melodic Death bis zu groovigen Riffs – habt ihr das Gefühl, dass ihr damit bereits das gesamte Spektrum eurer Musik erforscht habt?
Wenn wir auf unsere Diskografie zurückblicken, haben wir das Gefühl, dass wir in unserer Geschichte als Metalband schon eine ganze Menge verschiedener musikalischer Aspekte abgedeckt haben. Wir denken, dass „How’s The Heart?“ mit seiner bemerkenswerten Vielfalt einen Höhepunkt unserer Reise darstellt und das Metal-Album sein kann, das Genregrenzen wie keines zuvor sprengt. Innerhalb der Band mögen wir die verschiedensten Musikstile. Wir lassen uns davon inspirieren, und wir wollen uns in unseren Perspektiven und musikalischen Ideen sicher niemals auf gewisse Elemente beschränken. Wir hätten einfach so weitermachen können wie bei den ersten Alben, die immerhin einem kleinen Kreis von Leuten gefallen haben und immer noch gefallen, aber das hätten wir als extrem uninspirierend empfunden. Als Band und als Musiker will man eigentlich nie zweimal das gleiche Album schreiben, und wenn man in der Lage ist, frische Abwechslung in seine Arbeit einzubauen, ist das eine viel größere Belohnung für einen, vor allem auf lange Sicht. Ich weiß wirklich nicht, was die Zukunft bringen wird. Vielleicht haben wir schon alle für uns wichtigen Elemente erkundet, vielleicht fangen wir gerade erst an, mit unserem Sound zu experimentieren. Es gibt wirklich keine Grenzen, wenn es um die musikalischen Horizont dieser Band geht, und wir werden immer das tun, was wir gerade tun wollen, ohne zu sehr darüber nachzudenken, was die Leute von uns erwarten oder wollen.
Das Album endet mit „How’s the heart?“. Glaubst du, das ist eine Frage, die wir uns selbst und anderen öfter stellen sollten? Wann hast du das letzte Mal jemandem diese Frage gestellt?
Diese Frage hatte ich sehr oft von den wenigen Leuten gehört, die mich beim Schreiben dieses Albums am meisten inspiriert haben. Sie haben gemerkt, dass es mir damals vielleicht nicht so gut ging, und ich bin ihnen unendlich dankbar, dass sie sich so aufrichtig um mich gekümmert haben. Es ist nicht bloß eine Frage, sondern so viel mehr. Oft eine kraftvolle Geste, die die Abwärtsspirale von jemandem unterbrechen kann. Das ist auch der Grund, warum diese Frage als Titel über dem ganzen Album steht. Wir haben den Song ganz bewusst am Ende platziert, so dass die letzte Zeile des Albums nun auch eine Antwort enthält. Ich selbst versuche, diese Frage so oft wie möglich denjenigen zu stellen, die mir besonders am Herzen liegen – und ich möchte euch wirklich ermutigen, das ebenfalls zu tun. Kümmern wir uns um das, was wir lieben, bevor es Geschichte ist.
© by Fuze - Ausgabe #91 Dezember/Januar 2021 und Dennis Müller
© by Fuze - Ausgabe #102 Oktober/November 2023 und Dennis Müller
© by Fuze - Ausgabe #68 Februar/März 2018 und Arne Kupetz
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