Ein gutes Album braucht seine Zeit und bei BLAUFUCHS aus Hildesheim stand nicht nur die Pandemie der Veröffentlichung ihres Debüts im Weg. Nun ist mit „Daran wird es nicht scheitern“ endlich das erste Album der Punkrocker erschienen und Frontmann Johannes König berichtet von vergangenen Rückschlägen, aber auch von vielen Höhepunkten.
Ihr kommt aus Hildesheim, aber habt auch eine Verbindung zu Berlin. Wie sieht da eure Bandgeschichte aus?
Ursprünglich haben wir uns in Hildesheim gegründet, ich war frisch aus Berlin zugezogen und hatte noch viele private Verbindungen. Mittlerweile teilen wir uns zwischen Hannover und Hildesheim auf und ich bin hier so richtig angekommen.
Was ist euer Anspruch an eure Musik?
Es ist uns wichtig, ohne Scheuklappen zu arbeiten und den Song in den Vordergrund zu stellen. Wenn ein Song, in dem wir uns wiederfinden, es schafft, Menschen persönlich zu berühren, ist es ein guter Song, ganz egal, ob das dann Indie oder Punkrock ist. Wenn wir es dann noch schaffen, die Inhalte, die uns wichtig sind, zu platzieren, sind wir damit glücklich. Und solange wir auf der Bühne daran Spaß haben, die Songs zu spielen, ist alles perfekt. Wenn uns Kids aus kleinen Dörfern schreiben, dass unsere Musik ihnen Kraft gibt, ist das ein krasses Gefühl. Gerade mir ist es wichtig, dass wir mit unseren politischen Songs nicht nur Beifall aus der Szene abgreifen, sondern auch Menschen ein Stück weit zum Nachdenken anregen.
Im Mai ist euer Debütalbum „Daran wird es nicht scheitern“ erschienen – woran wäre das Album denn beinahe gescheitert?
Ohne zu sehr ins Detail gehen zu wollen, gab es einen Punkt, an dem die gesamte Arbeit von zwei Jahren beinahe umsonst gewesen wäre – was mitten in der Pandemie kurz davor war, uns das Genick zu brechen. Aber mit einem neuen Studio im Rücken haben wir dann alles so hinbekommen, wie es sein sollte. Rückblickend war es richtig dranzubleiben, aber mein Umfeld hat dabei schon einiges mitgemacht. Wir ziehen das jetzt durch und schauen, wo es uns hinführt.
Trotz der Rückschläge klingt eure Single „Scheitern“ hoffnungsvoll. Blickt ihr positiv in die Zukunft?
Für uns als Band haben die letzten Jahre gezeigt, dass sich die harte Arbeit lohnt, und wir erleben gerade – so absurd das auch klingt – eine wirklich großartige Zeit und freuen uns sehr auf die nächsten Monate. Wenn man das Weltgeschehen in den Blick nimmt, sieht das schon wieder anders aus. Aber für uns ist es wichtig zu tun, was wir können und dabei nicht zynisch zu werden.
Wie habt ihr es geschafft, die Band während der Pandemie am Leben zu halten?
Uns hat es sehr geholfen, mit dem Release des Albums ein klares Ziel vor Augen zu haben, das immer am Horizont geleuchtet hat. Und auch wenn wir gerade zu Anfang der Pandemie sehr viele Gigs absagen mussten, haben sich für uns auch neue Chancen ergeben, etwa 100 KILO HERZ oder ZSK live zu supporten. Es gab also immer viel zu tun, und glücklicherweise hatte keiner von uns einen schweren COVID-19-Verlauf. Wir haben 2021 letztlich dann mehr Konzerte gespielt, als wir gemeinsame Proben hatten. Und außerdem haben wir mit lokalen Initiativen und unseren Freunden von den Limetree Studios diverse Projekte gestartet, um hier vor Ort Perspektiven zu schaffen. Das hat uns gerade Anfang 2021 viel Kraft gegeben.
Im Herbst geht ihr mit KOPFECHO auf Tour – wie fühlt es sich an, wieder Konzerte geben zu können?
Wir haben gerade auf der ZSK-Tour vor hunderten Menschen gespielt, die auf völligem Konzert-Entzug waren. Die Energie war absolut fantastisch. Genau für diese Momente machen wir Musik! Auf unsere eigene Tour freuen wir uns dementsprechend extrem, weil wir da einen Haufen Menschen treffen werden, die uns nur via Streaming oder Videos kennen.
In welcher Beziehung steht ihr zu ZSK und 100 KILO HERZ?
Durch unser Engagement für „Kein Bock auf Nazis“ und das Protest Sounds-Bündnis sind wir mit vielen Bands in Kontakt. 100 KILO HERZ haben wir für ein wegen Corona als Videosession aufgezogenes Festival in Hildesheim eingeladen, und das war Liebe auf den ersten Blick. Wir haben sie dann Ende 2021 bei einigen Konzerte ihrer Tour begleiten dürfen. Außerdem ist Rodi einer der besten Menschen, die ich kenne, und wir verstehen uns auch abseits der Musik auf sehr vielen Ebenen. Als Joshi von ZSK zugesagt hat, bei unserem Song „Keine Angst“ dabei zu sein, musste ich das erst einmal verarbeiten – das ist eine Band, die ich mit 16 Jahren live gesehen habe, und jetzt sind wir gemeinsam auf Tour und ZSK auf unserer Platte! Obwohl man ja seine Held:innen besser nicht treffen sollte, hatten wir echt gute Abende zusammen.
Eure Songs behandeln unter anderem das Thema Flucht. Und das Musikvideo zu „Mauern“ entstand mit Hilfe der gemeinnützigen Organisation „Sea Punks“, die unter anderem Flüchtlinge auf dem Mittelmeer rettet. Seid ihr auch außerhalb der Band sozial aktiv?
Außerhalb der Band arbeiten wir teilweise in sozialen und politischen Berufen und sind da in vielen Kontexten zum Beispiel auch mit geflüchteten Menschen in Kontakt. Gerade fließt zwar sehr viel Energie in die Band, wir haben aber bereits mehrfach die Seebrücke unterstützt, versuchen auch aktuell bei Soli-Aktionen mitzumachen oder „Kein Bock auf Nazis“ an Festivalständen zu supporten. Leider haben auch unsere Tage nur 24 Stunden, doch wir geben unser Bestes.
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