Dass die vier Jungs aus Atlanta, Georgia ordentlich Biss haben, konnten wir in den durchweg positiven Rezensionen verfolgen, die sich dem selbstbetitelten EP-Debüt der BITERS in diversen Ox-Ausgaben (#92, #96, #104) anschlossen. Inzwischen brodelt es wieder rund um die Band, einiges hat sich getan, es gibt ein neues Label, und der erste Longplayer „Electric Blood“ erscheint am 7. August auf Earache. Umso neugieriger waren wir natürlich, über den Wechsel zu Earache, musikalische Einflüsse und ein paar Band-Interna mit Sänger und Leadgitarrist Tuk Smith zu sprechen, den man samt Band wohl im Oktober wieder live auf deutschen Bühnen erleben können wird.
Wie ging es mit den BITERS los, wer war damals in der Band und wie sieht die Besetzung aktuell aus?
Nach dem Scheitern verschiedener Projekte waren die BITERS mein letzter Versuch, eine erfolgreiche Band zusammenzustellen. Unser Drummer Joey ist abgesehen von mir das letzte verbliebene Gründungsmitglied. Matt Gabs stieß zu uns, als während der Aufnahmen für unsere erste EP ein Gitarrist absprang, und unser Ex-Bassist Josh wollte nicht mit auf Tour gehen, also übernahm mein Bruder Travis seinen Job. Nach Jahren, die von chronischem Geld-, Erfolgs- und Ressourcenmangel sowie schonungslosen Touren geprägt waren, mussten wir als Band einfach eine Auszeit nehmen. Da Travis in Georgia bleiben und nun auch nicht mehr auf Tour gehen wollte, mussten wir nach unserer Pause erst mal monatelang auf Bassisten-Suche gehen. Letztendlich ist Phil, einer meiner ältesten Freunde, unser Bassist geworden.
Im Ox-Review zu eurer ersten, selbstbetitelten 10“ werdet ihr mit den EXPLODING HEARTS und den CUTE LEPERS verglichen. Schmeichelt euch das, oder liegt der Rezensent voll daneben?
Der Vergleich ist nicht komplett falsch, aber trifft es eben auch nicht zu 100%. Schön zu hören ist es allemal, das sind großartige Bands! Ich schätze, viele Leute sind sich nicht ganz sicher, wie sie BITERS einordnen sollen. Wir beschränken uns nun mal nicht auf ein bestimmtes Muster, so wie andere Bands auf eine bestimmte Ära, oder einen gewissen Songstil festgelegt sind. Dass wir nicht sofort in eine Schublade passen, gefällt mir.
Damals, 2010, haben wir eure Platte Fans von THE BOYS, SLADE, NEW YORK DOLLS und JOHNNY THUNDERS & THE HEARTBREAKERS empfohlen. Passt die Aufzählung, oder haben wir da noch eine vergessen?
Ihr habt natürlich noch unzählige Bands vergessen, haha. Aber das trifft es schon ganz gut, ich bin selber ein großer Fan von den BOYS und SLADE! Auf der besagten 10“ klangen wir auf jeden Fall noch mehr nach Bubblegum-Powerpop und Siebziger-Glam, davon haben wir uns aber inzwischen wieder etwas entfernt.
Auf „Electric Blood“, eurem neuen Album, erinnert ihr immer wieder an die fantastischen CHEAP TRICK, insbesondere an den Song „Surrender“. Dein Kommentar?
„Surrender“ von den CHEAP TRICKS ist letztendlich der Song, der mich dazu bewegt hat, selber Musik zu machen. Ein größeres Kompliment hättest du mir nicht machen können, vielen Dank!
Es finden sich auch einige Spuren von MÖTLEY CRÜE und GUNS N’ROSES ...
Da muss ich dir widersprechen, es sind vielmehr Spuren jener Bands, die auch MÖTLEY CRÜE und GUNS N’ROSES inspiriert hatte: THE SWEET, THIN LIZZY, KISS, Alice Cooper, ROSE TATTOO ...
In eurer Musik höre ich eine Menge klassischen Punk heraus, aber eben auch eine ordentliche Portion Powerpop.
Danke! Ich bin wirklich ein großer Powerpop-Fan. Um ein paar meiner Favoriten aufzuzählen, da wären THE CARS, 20/20, THE NERVES, THE BEAT, PLIMSOULS, MATERIAL ISSUE, THE JAGS, THE RECORDS, BIG STAR, FLAMIN’ GROOVIES ... ich könnte ewig so weitermachen, haha. Ganz besonders gut gefällt mir das Songwriting im Powerpop – die Melodien sind sehr eingängig, gleichzeitig sind aber die Texte recht derb.
Deine Texte klingen im Kontrast zur positiven Grundstimmung der Musik ziemlich verzweifelt und hoffnungslos.
Normalerweise verarbeite ich in unseren Songs vor allem das, was so um mich herum passiert und was ich im Alltag so beobachte. Ich schreibe auch viel über meine Vergangenheit, ich hatte bisher ein ziemlich verrücktes Leben, das hat mich als Quelle für neue Ideen noch nie im Stich gelassen. Ansonsten sehe ich mir an, was in der Welt sonst noch los ist, was meine Freunde beschäftigt und was mir Spaß macht, und natürlich auch das, was mich so richtig ankotzt ... Gerade die Songs auf „Electric Blood“ umfassen ein weites Themenfeld, manches ist positiv, manches negativ. Aber es ist alles echt!
Was geht in Atlanta? Gibt es gleichgesinnte Bands, eine Szene?
Die Szene hier hat was von einer Drehtür, ständig lösen sich irgendwelche Bands auf und setzen sich wieder neu zusammen. Aktuell wären da EASY MAGICK, BLACK LINEN, THE BARRERACUDAS, THE 45’S und GUNPOWDER GRAY, die den Rock’n’Roll hochhalten. Die Lokalzeitung schreibt nur über Hipster-Quatsch, du kannst dir also vorstellen, dass es in Atlanta nie an trittbrettfahrenden Chamäleons mangelt.
Wie seid ihr mit eurem neuen Album auf Earache gelandet? Definitiv ein gutes Label, aber nicht gerade bekannt für seine Powerpop-Veröffentlichungen ...
Ich kann mir das auch nur so erklären, dass diese britischen Bastarde mal wieder auf Spotify herumgelümmelt haben, da muss sich dann wohl eine unserer unwiderstehlichen Melodien den Weg in ihre Hirne geschlichen haben. Den Ohrwurm sind sie dann tagelang nicht losgeworden, und als sie dann auch noch den Videoclip zu „So many nights“ gesehen haben, war’s um sie geschehen! Sie konnten nicht anders, als direkt nach Atlanta zu fliegen und mich anzuflehen: „Tuk, ihr müsst bei uns unterschreiben ... Ihr seid die letzte Hoffnung des Rock’n’Roll!“ Ich meinte nur: „Wirklich?“ Sie erzählten mir daraufhin, dass in ihren Augen nur wir den verwesenden Überresten des Rock’n’Roll wieder Leben einhauchen könnten, und ausschließlich wir all den falschen Idolen und Scheißkerlen in den Arsch treten können, die sich als „echte Rocker“ ausgeben. Ich war wirklich überrascht, denn Earache vertritt exakt meine Philosophie! Hier bin ich also, ein junger Rock’n’Roll-Märtyrer, der mit Vollgas und blanker Brust gegen all den EDM-, Auto-Tune- und Rap-Metal-Müll ankämpft. Dabei schwinge ich meine Les Paul wie eine Streitaxt und habe die Energie eines Tausend-Watt-Marshall-Verstärkers in meinen Adern. Ich verfüge über genug Superkräfte, um es der gesamten Musik-Oligarchie aufzunehmen!
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