Es kommt mittlerweile nur noch selten vor, dass neue Hardcore-Bands mich begeistern können, und ich ihre Platten tot höre. Die einzige neue Band, der das letztes Jahr gelungen ist, ist BETRAYED, die sich aus Ex-Mitgliedern von Bands wie CHAMPION, TERROR, CARRY ON und Dutzend weiteren zusammensetzt, und einen wirklich eigenständigen Sound zwischen Youth Crew Hardcore und frühem „Emo“ fabriziert. Bevor das Interview mit Sänger Aram, Drummer Todd Preboski und Bassmann Greg, Bass, während ihrer Tour mit FVK losgehen konnte, riss mir aber deren Sänger John Joseph das Diktiergerät aus der Hand, um Folgendes zu sagen: „I just want to say that BETRAYED ist he best band we toured with in years, they’re the coolest motherfuckers, and if I wasn’t a heroin addict, they would have made me straight edge.“
Eure EP „Addiction“ ist ja vor nicht ganz einem Jahr rausgekommen, und ihr tourt Europa nur mit dieser EP, und dann direkt ausgerechnet mit FVK. Inwiefern hat euch da geholfen, dass ihr vorher alle in ziemlich bekannten Bands gespielt habt?
Aram: Natürlich kriegen wir zu hören, dass wir ja nur auf Bridge 9 wären, weil wir all diese anderen Bands gemacht haben. Aber wir machen das Beste, was wir können, egal, ob wir schon in einer oder in 20 Bands waren. Wenn wir versuchen würden, keinen Vorteil daraus zu ziehen, dass wir vorher in anderen, mehr oder weniger erfolgreichen, Bands gespielt haben, würden wir doch lügen. Wenn wir Musik machen, und Songs und Ideale haben, dann wollen wir auch, dass die Leute sie hören, und dafür hart arbeiten.
Ich habe, glaube ich, noch nie so einen Gitarren-Sound wie den euren im Hardcore gehört. Wieso macht ihr genau diesen Sound?
Aram: Es war nicht so, dass wir unbedingt anders als alle anderen sein wollten, aber wir waren schon in Bands wie CHAMPION, CARRY ON oder STAND AND FIGHT und wollen keinen Teil 2 dieser Bands dranhängen. Wir wollen den nächsten Schritt wagen, etwas Neues machen, uns selbst weiter pushen, und auch Einflüsse von anderen Arten des Hardcore einbringen, die wir vorher nicht beachtet haben.
Aram, du und Todd P. waren ja zu Beginn noch in CHAMPION, und Greg war in jeder Menge Bands. Wie seid ihr damit zurechtgekommen?
Greg: Das weiß ich auch nicht wirklich, es hat einfach irgendwie hingehauen. Als es mit BETRAYED losging, haben STAND AND FIGHT mehr oder weniger aufgehört, und KNIFE FIGHT habe ich zu der Zeit auch verlassen. Wenn BETRAYED auf Tour sind, touren wir mit INTERNAL AFFAIRS, oder sie spielen nicht.
Aram: Wir haben BETRAYED gestartet, um mit Freunden Spaß zu haben. CHAMPION hatte fürs Touren den Vorzug, und als CHAMPION weniger getourt haben, wollten wir mehr mit BETRAYED anfangen.
Ich meine, CHAMPION waren ja einige Zeit lang fast konstant auf Tour, wie habt ihr euch da motivieren können, noch eine Band zu gründen?
Aram: Todd Jones und ich haben damals öfters darüber geredet, eine neue Band zu gründen, und Todd P. war in der Zeit auch nicht bei CHAMPION, aber ich wollte auch mit ihm Musik machen. Als Todd J. dann mit der Idee ankam, hab ich Todd P. gefragt, ob er auch Lust hätte. Es war halt mehr so, dass wir als Freunde einfach miteinander Musik machen wollten. Wir haben die Musik sechs Monate vor dem Gesang eingespielt, weil ich mit CHAMPION auf Tour war. Bevor ich die Vocals aufgenommen habe und sehr nervös deswegen war, hat mir jeder gesagt, dass ich mir keine Sorgen zu machen brauche und es auf jeden Fall gut klingen wird. Und hinterher waren sie überrascht, dass es wirklich gut klang, haha. Es hat einfach hingehauen. Wenn man plant, dass man eine Band machen will, die so und so klingen soll, geht das oft daneben. Bei uns ist es einfach so passiert.
Habt ihr das Gefühl, dass ihr mit CHAMPION so eine Art Burnout hattet? Denkt ihr, dass ein paar trendy Kids euch kurzzeitig für eine heiße Band gehalten haben und schnell wieder fallen ließen?
Aram: CHAMPION war niemals eine trendy Band, wir haben immer hart arbeiten müssen, und irgendwann kamen wir an einen Punkt, an dem wir nach den vielen Touren anfingen, neue Songs zu schreiben, die einfach nicht so veröffentlicht wurden, wie wir sie wollten. Wir haben uns eine Menge Gedanken gemacht, bis wir alle meinten, dass wir keine Platte mehr machen möchten, solange wir uns nicht sicher sind. Wir wollen keine unechte Band sein, die das alles nur des Geldes wegen macht, oder um berühmt zu werden. In dem Café, in dem wir alle Touren und alles, was früher mit der Band zu tun hatte, geplant haben, haben wir uns getroffen, um nun über das Ende der Band zu diskutieren. Es war wirklich traurig, aber einige Tage später haben wir uns alle gut gefühlt deswegen.
Todd: Wenn wir zurückgeschaut haben, was wir alles erreicht haben, war das irgendwie verrückt. Wir haben uns ständig neue Ziele gesetzt, während es anfangs für mich bei dieser Band nur darum ging, eine 7“ rauszubringen, für mich damals das Coolste überhaupt. Danach wollten wir touren, und die LP war das größte und schwerste Ziel, das wir uns je gesetzt haben. Ich habe noch nie so hart an etwas gearbeitet und ich war auch noch nie so erleichtert wie in dem Moment, als sie endlich fertig war. Als wir dann an der neuen LP gearbeitet haben, kamen diese ganzen Fragen auf.
Bei eurer Show vorhin sind ja eigentlich nur Jüngere zu eurem Sound abgegangen. Meint ihr, dass er für sie interessanter ist?
Aram: Die Kids suchen oft aktiver nach neuer Musik, während ältere oft nur die Bands hören aus den Zeiten, als sie anfingen, Hardcore zu hören, und noch ältere Bands. Eine Menge älterer Leute mögen BETRAYED mehr als CHAMPION. Wenn wir Shows spielen sind zwar die Jüngeren vor der Bühne, aber nach den meisten Shows kommen die Älteren zu mir. Man sieht sie halt nur nicht oft moshen, mitsingen oder stagediven, das ist eher was für die Jüngeren.
Ihr bringt ja bald eine LP raus, was können wir erwarten?
Greg: Mehr vom Bisherigen, und noch einiges mehr. Es werden 13 Songs drauf sein, die weiter gehen, als jede Platte jeder Band, in der ich bisher gespielt habe. Es wird mehr melodische, aber zugleich mehr harte Parts geben als bisher. Ich bin sehr froh über die Art, wie sie zustande gekommen ist. Wir haben auch sehr viel im Studio geschrieben, zusammen mit Kurt Ballou im God City Studio. Also, ich bin auf jeden Fall sehr zufrieden damit.
Aram: Für mich ist es so: die Musik ist das Gegenstück zu den Texten. Ich versuche, diese weiter zu pushen, während die Jungs hier den Sound weiter nach vorne treiben. Auf dieser Platte hat es meiner Meinung nach richtig hingehauen, und ich bin sehr zufrieden damit. Außerdem hat diese Platte das coolste Cover, das ich je gesehen habe ...
Wann können wir euch hier noch mal sehen?
[b]Aram: Wahrscheinlich nächstes Jahr. Wir machen erst einmal ein paar US-Touren, und wir haben ja auch alle Jobs, oder gehen zur Uni. Das Ziel dieser Band ist nicht, eine Platte zu machen, dann viel zu touren, und sich dann aufzulösen. Ein Ziel dieser Band ist es eben, eine langlebige Band zu sein, und dann mehrere Platten zu machen.
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© by Ox-Fanzine - Ausgabe #68 Oktober/November 2006 und Fabian Dünkelmann
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