BEHIND THE SCENES: Ox-Schreiber*innen im Porträt – Teil 8

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Das Ox wird seit jeher mit großem Engagement von vielen ehrenamtlichen Schreiber*innen zusammengestellt, die so unterschiedlich sind wie die Bands im Heft. Dieses Mal beantwortet mir Hannes Baral Fragen zum Schreiben.

Hannes, du schreibst seit 2007 für das Ox. Wie kam es dazu?


Ich habe damals in Freiburg gewohnt und hatte mit ein paar Freunden ein kleines Fanzine namens „Hähnchen“. Das haben wir für fünf oder sechs Ausgaben im DIY-Style im Copyshop einige Jahre lang in einer Auflage von fünfzig bis hundert Stück herausgebracht. Irgendwann hatte ich dann die Idee, auch noch was fürs Ox zu machen. Ich bin gelernter Journalist und schreibe einfach gern. Joachim habe ich dann mit der Idee angeschrieben, die Freiburger Punkband LOST AGAIN und THE RENDERINGS aus meiner Heimatstadt Tübingen zu interviewen. Seitdem mache ich ein paar Interviews im Jahr und gelegentlich auch mal eine Plattenbesprechung.

Hast du in dieser langen Zeit ein Interview gehabt, das dir in besonderer Erinnerung geblieben ist?

Ja, das mit J.J. Pearson, dem Drummer der TOXIC REASONS. Ich habe die Band 1995 auf ihrer bis heute letzten Europatour zusammen mit der Tübinger Punkband K.G.B. gesehen. Unfassbar, was die als Trio mit Gitarre, Bass und Schlagzeug für ein Punk-Inferno, für eine Energie losgetreten haben. Beide Bands haben mich sehr geprägt. TOXIC REASONS haben sich nach dieser Tour erst mal aufgelöst. J.J. kam dann aber Jahre später mit einer Soloplatte wieder zu uns. Nach dem Konzert im Tübinger Epplehaus habe ich mich länger mit ihm unterhalten und festgestellt, was für ein unglaublich netter Typ das ist, der auch viel zu erzählen hat. TOXIC REASONS waren ja jahrelang unter härtesten Bedingungen weltweit auf Tour. Die erzählen etwas andere Tourstorys als Bands, die schon früh in ihrer Karriere schön mit Hotel und Catering im Nightliner durch eine gepflegte Clublandschaft touren, haha. Das eigentliche Interview haben wir dann aber erst nach der Tour geführt, nachdem er wieder zu Hause in den USA war.

Was sind deine musikalischen Spezialitäten?

Punkrock und Instrumental-Surf. Ich höre sehr viele unterschiedliche Sachen – von TOXOPLASMA über CARCASS bis Duke Ellington. Aber schreiben kann ich am besten über die Sachen, die mich am meisten packen. Und das sind bis heute eben vor allem Achtziger- und Neunziger-Punk und Surf-Gitarren mit viel, viel Hall und sehr kitschigen Melodien. Aufgewachsen bin ich mit Deutschpunk und Skatepunk. Und das allermeiste davon mag und höre ich auch heute noch.

Was schätzt du am Ox?

Ich lese das Ox seit bald zwanzig Jahren. Ich lese außerdem noch das Trust, und damit bin ich musikmäßig über alles informiert, was ich wissen will. In „normalen“ Musikzeitschriften kriegst du oft nur sehr oberflächliche Promo-Bandinterviews mit den immer gleichen Fragen und Antworten. Da bist du nach dem Lesen genauso schlau wie vorher. Ich mag es, wenn man in Interviews so ein bisschen eine Idee davon bekommt, was das für „Wahnsinnige“ sind, die da eventuell eine deiner neuen Lieblingsscheiben eingespielt haben. Das Ox feiert außerdem alte Punkbands ab, die in anderen Zeitschriften einfach nicht vorkommen, entdeckt aber auch viel Neues. Abgesehen davon, dass gedruckte Fanzines ja ohnehin selten geworden sind, transportiert das Ox aber auch eine Wertschätzung von Musik, die mir sehr liegt. Hinter guter Musik ist ja noch etwas, das viel mehr ist als nur ein Datenstrom. Ich fühle mich wohl in Plattenläden, auf kleinen, lauten Punk-Konzerten und in Proberäumen – überall umringt von Menschen, die im besten Sinne irgendwie bekloppt sind, weil ihnen Musik und das Drumherum so wichtig sind. Und das erste Ox-Kochbuch liegt zu Hause auch immer in Greifweite herum.

Machst du auch selbst Musik?

Ja, ich spiele Gitarre bei THE SNACKS. Wir spielen so alle ein bis zwei Monate live irgendwo in der Region und nehmen alle paar Jahre einen Tonträger auf. Ganz relaxt also. Wir nennen unseren Stil „Punkfood“. Kurze, schnelle, schmackhafte Songs. Eigentlich habe ich, seit ich 15 bin, immer mindestens eine Band gehabt, womit schon wieder der gute Einfluss von TOXIC REASONS und vieler anderer toller Bands belegt wäre, haha.

Engagierst du dich über das Ox hinaus bei irgendwelchen Szeneaktivitäten?

Ganz selten veranstalte ich mal ein Konzert, das schaffe ich aber nicht oft. Auch wenn meine eigene Band eher regional unterwegs ist, stecke ich allein da schon viel Zeit rein. Damit da ein bisschen was geht und man nicht im Proberaum versauert, muss man schon einiges an Energie aufbringen. Und ein Ox-Interview will vorbereitet und getippt werden. Eine Platte muss angehört werden, bevor ich darüber schreibe. Da wäre ja auch noch der Fulltimejob. Ich mache dann in der übrigen Zeit gerne Dinge, die so gar nichts mit der Szene zu tun haben, aber höllisch Spaß machen. Zum Beispiel Minigolf spielen mit meinem Sohn.

Hast du eine*n Lieblingsschreiber*in?

Ollie Fröhlich. Keiner beschreibt mit so viel Herzblut und Genuss die akustische Zerstörungskraft einer Grindcore-Platte. Danach habe ich jedes Mal Appetit und will sofort in den Laden rennen, um die Platte zu kaufen.