BABYSHAMBLES

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Boys in the riot

Schon als die Zeit der LIBERTINES sich Ende 2004 so langsam, aber sicher dem Ende zu neigte, spielte Pete Doherty Shows mit den BABYSHAMBLES, oft auch als Support für die Libs. Als ich die berühmten BABYSHAMBLES-Sessions zum ersten Mal hörte, fragte ich mich, worauf das alles hinauslaufen würde. Und ob man sich überhaupt musikalisch in einer Art voneinander unterscheiden würde, die die Leute nicht dazu animieren würde, das Projekt als bloßen Abklatsch zu bezeichnen. Damals war es wohl berechtigt, da noch seine Zweifel zu hegen ... Mittlerweile hat die Band ihr Debüt veröffentlicht, bei Rough Trade freut man sich wie verrückt über die reizenden Worte der Presse ... Trotzdem weiß man nicht wirklich viel über die Band. Hier ein Gespräch, das ich mit Drummer Adam Ficek am Telefon führte.

Down in Albion“ ist fertig – wie waren die Sessions für dich, die Atmosphäre in der Band und die Zusammenarbeit mit Mick Jones?

Ich würde sagen, dass alle definitiv zufrieden sind mit dem Resultat, und die Arbeit, die investiert wurde, hat sich gelohnt. Ich selber bin zwar erst dazu gestoßen, als die meisten Schlagzeugparts bereits fertig waren, aber die Zeit im Studio war sehr amüsant und chaotisch, was es zu einer sehr aufregenden Session gemacht hat. Jetzt sind wir auf die Reaktionen gespannt. Während der Aufnahmen gab es ja immer wieder diese Geschichten in der Presse, die haben aber keinerlei negativen Einfluss genommen. Die Songs auf der Platte sind teilweise schon sehr alt und wurden zum größten Teil von Pete verfasst, noch während der LIBERTINES-Phase. Was nicht heißt, dass der Rest der Band nicht die Freiheit besaß, sich in sein Songwriting einzumischen und irgendwelche Diskussionen zu starten. Aber am Talent von Pete hat aber keiner von uns irgendeinen Zweifel, die Texte sprechen für sich und was die Leute sich nun für einen Reim draufmachen, sei ihnen überlassen. Mittlerweile haben Patrick und Pete wieder genug Stoff für zwei weitere Alben und ich denke, es wird nicht allzu lang dauern, bis wir wieder ins Studio gehen. Es macht eine Menge Spaß, man ist unter Freunden und das ist wohl auch, was die Band so stark verbindet. Wir wollen nicht als die umbenannten LIBERTINES gesehen werden, mit allem, was diese Band ausgezeichnet hat. Mit den BABYSHAMBLES ist es eine ganz andere Sache ... Mit Mick als Produzenten an der Seite kann man sich wirklich glücklich schätzen. Mick ist ein sehr bodenständiger und relaxter Mensch. Er hat ein fabelhaftes Gespür für Musik und hat uns bei jeder Session gepusht. Das hat uns vor allem mental sehr geholfen, da er aus seiner Zeit mit THE CLASH selbst gut genug weiß, wie chaotisch es zugehen kann und wie schwer es manchmal ist, sich aufzuraffen. Vor allem für Pete musste er Geduld aufbringen, wenn er nicht im Studio erschienen ist, aber er war immer sehr enthusiastisch – und mit so einem Menschen im Hintergrund ist die Atmosphäre perfekt und man neigt dazu, sich immer mehr selber in den Arsch zu treten, um sein Ding durchzuziehen.

Wie sehen die Einflüsse innerhalb der Band aus?

Die sind sehr individuell. Natürlich haben alle von den Eltern etwas von den BEATLES und anderen großen englischen Rock’n’Roll-Bands mitbekommen, aber sobald man anfing, seinen Musikgeschmack zu erweitern, landete der eine beim britischen Jazz, beim Blues, bei Bob Dylan, den SMITHS und schließlich auch bei THE CLASH, THE JAM und den SEX PISTOLS. Mittlerweile gibt es eine Menge Bands, an denen ich mich bestimmt orientieren würde, wenn ich jünger wäre. Die Zeiten haben sich wirklich sehr gewandelt in der Musikszene.

Wie würdest du diesen Wandel beschreiben, speziell bezogen auf die Szene in London?


Die Musikszene hat sich in den letzten fünf Jahren stark verändert und ist viel reicher an Ideen und auch überzeugender in der Umsetzung geworden. Davor hatte man das Gefühl, die Leute, die stolzes Mitglied in einer Band waren, strebten einzig und allein danach, etwas Aufmerksamkeit zu bekommen. Ob die Musik nun totaler Dreck war, schien nicht im Mittelpunkt zu stehen. Klar gab es ab und zu ein paar Ausnahmen, aber diese Bands hatten im Gegensatz zu den Plastikbands keinen angemessenen Erfolg, weil sie entweder zu anspruchsvolle oder eben noch zu fremde Musik machten. Bezogen auf England sind es, meiner Meinung nach, die LIBERTINES gewesen, die dem Umschwung, wie er sich jetzt vollzogen hat, den entscheidenden Kick gegeben haben. Es ist unglaublich, was für einen Einfluss die Band auf die englische Musikszene ausübte und auf welche Art und Weise sie die Kids erreicht haben. Es gibt unzählige Leute, die nur wegen der Libs angefangen haben, sich einem Instrument zu widmen, und begannen, ein paar Reime aufs Papier zu schreiben. Genau wie wir hat Pete auch mit den Libs am liebsten in Wohnungen, bei sich zu Hause oder in Clubs gespielt, wo nicht mehr als hundert Leute reinpassen ... und das auch nur, wenn der eine oder andere sich bereit erklärte, auf Tischen zu stehen oder auf der Theke zu sitzen. Die Shows sind um vieles besser, als wenn man in der Brixton Academy spielt. Ich kenne kaum eine gute Londoner Band, die versucht sich weit vom Publikum zu distanzieren. Die Plattenfirmen scheinen das Image von Bands nicht mehr auf die große Rockstar-Schiene werfen zu wollen, sondern sie als eine Gruppe von Leuten vorzustellen, die bei einem im Wohnzimmer spielt. Und so ist es bei vielen auch, wer hat schon Lust vor Tausenden von Leuten zu spielen, von denen man noch nicht ein mal weiß, ob sie die Band mögen oder nur hingeschleppt wurden, wenn man auch daheim für die Fans aus der Stadt auftreten kann, die dann ihre Freunde mitbringen. Was sich noch verändert hat, sind die Unmengen an Kollaborationen mit verschiedenen Musikern aus dem Underground, man trifft sich einfach so aus Spaß, fing an, den Fokus wieder auf das Songwriting zu legen, und so sind einige große Poeten ans Tageslicht gekommen. Trotz des Erfolges von Bands wie den LIBERTINES, RAZORLIGHT und anderer in London gegründeter Bands, war man immer noch unter sich. Den Fans waren die Geschichten drum herum scheißegal, immerhin haben sich die LIBERTINES so präsentiert, wie sie eben waren. Es nützt doch eh nichts, sich großartig zu verstellen. Um es auf den Punkt zu bringen, die Musikszene ist zwar immer noch angefüllt mit viel Mist, den man im Fernsehen sehen kann, aber was den Rock’n’Roll angeht, hat sich viel gebessert.

Ja, das stimmt. In England hat man seit dem Erscheinen der LIBERTINES das Gefühl, der Ansporn sei viel größer, und das hat uns sehr viele großartige Platten beschert. Wie sieht’s aus mit Live-Auftritten? Die Europatour im September ist ja leider wieder ins Wasser gefallen, woran lag es?

Das ist diesmal wirklich sehr blöd gelaufen für uns, jemand ist einfach zu den verschiedenen Veranstaltern gegangen und hat erzählt, wir würden da und da auftreten. Keine von uns weiß, wer der Typ war und was er sich dabei gedacht hat, aber es war bestimmt nicht unser Booker. Das ist wirklich ärgerlich, weil alle wieder auf einen Skandal nach dem Motto „Die kaputten Typen kamen wieder nicht aus ihrem Loch raus“ als Begründung warten. Wir werden den Verantwortlichen ausfindig machen und versuchen, im Frühjahr 2006 die Konzerte nachzuholen.

Vielen Dank für das Gespräch, Adam.