AMERICAN NIGHTMARE aus Boston, MA sind nach weniger als zwei Jahren Bandgeschichte momentan die Hardcorekapelle der Stunde. Viel mehr Worte sind an dieser Stelle nicht nötig und würden den Amerikanern sowieso nicht gerecht werden. Auch auf die Gefahr hin mir herbe Kritik einzufangen, behaupte ich jetzt einfach mal, dass "Background Music", das neue Album der Bostoner, essentiell ist. Und zwar für jede Plattensammlung, die auch nur einen klitzekleinen Deut mit Hardcore zu tun hat. Punkt. Keine Diskussion. Ich sprach mit Sänger Wes und Gitarrist Brian vor ihrer zweiten europäischen Show in der Bremer Grünenstraße. This is Boston, not L.A.!
Wie lief denn gestern abend eure erste Show überhaupt hier in Europa?
Wes: "Das ist alles super gelaufen, wir sind in Boston gut zum Flughafen gekommen und hatten eine angenehme Reise. Wir wussten überhaupt nicht, was uns hier erwartet, aber es war phantastisch. 1000mal besser als gedacht."
Gut besucht?
Brian: "Ungefähr 200 Leute waren da. Es war schon recht voll."
Wes: "Für unsere erste Show hätte es nicht besser kommen können!"
Wie fühlt Ihr euch nach den Terroranschlägen vom 11. September?
Wes: "Das ist sehr erschreckend und es berührt natürlich jeden, nicht nur Amerikaner. Viele haben Freunde verloren und sind direkt betroffen. Meine Eltern arbeiten zum Beispiel im Pentagon und sind da gerade so rausgekommen. Wir fuhren drei Tage nach den Anschlägen direkt an New York vorbei und haben von der Straße aus nur dieses große Loch mitten in der City gesehen. Das sieht jetzt wie eine ganz andere Stadt aus."
Hardcore ist ja eigentlich eine positive Sache. Wie passen da eure düsteren, depressiven Texte rein?
Wes: "In einer positiven Band zu spielen bringt mir selbst nichts. Ich bin nicht der Typ, der herumläuft und positiv denkt. Von daher würde es auch nicht passen, wenn ich in einer solchen Band spielen würde und über Dinge sprechen würde, die nicht echt sind. Da bin ich lieber in einer Band, die direkt mit meinem Leben verbunden ist, somit für mich auch einen Sinn ergibt und gleichzeitig ein Ventil darstellt. Ich denke das sollte Hardcore auch sein: Ein Ventil. Ob nun negativ, positiv oder was auch immer. Wir wollen uns selbst weder als positive noch als negative Band klassifizieren. Wir sind lediglich eine Hardcore-Band."
Wie lange gibt es euch denn schon?
Wes: "Im Februar werden es Jahre. Wir haben bis jetzt zwei Singles und eine LP veröffentlicht. Und wir hatten ziemlich viele Wechsel in der Besetzung."
Was für Bands haben euch beeinflußt?
Wes: "Lokal waren das in der letzten Zeit sicherlich BANE, IN MY EYES oder auch FASTBREAK. RIGHT BRIGADE kamen auch aus Boston, haben aber nie so viel gespielt. Das war eher so eine Spaßband. An älteren Sachen sind da natürlich YOUTH OF TODAY, GORILLA BISCUITS und die CRO MAGS zu nennen."
Wie sieht es denn heute mit folgendem Zitat aus: "This is Boston, not L.A."?
Wes: "Also, ich denke, dass viele Bands aus Kalifornien eher so der Modegedanke treibt. In Boston geht es da etwas geradliniger zu. People don´t give a fuck about anything. It´s like fuck you and this is how we do it."
Brian: "Das ist genauso wie zwischen den beiden NBA-Teams, den Boston Celtics und den L.A. Lakers. Ich glaube sogar, dass daher der Titel der Compilation stammt."
Was wollt ihr mal in 10 Jahren machen? Immer noch AMERICAN NIGHTMARE?
Wes: "AMERICAN NIGHTMARE auf jeden Fall nicht mehr. Ich möchte das hier solange tun, wie es geht, aber ich möchte nicht in einer ausgelutschten und lustlosen Band spielen. Wenn die Band nicht mehr das tut, was sie tun sollte, ist für mich Schluss. Viele Bands gibt es viel zu lange, da verlieren die Leute irgendwann das Interesse dran. Das möchte ich auf gar keinen Fall."
Brian: "Man sollte schon sehen, dass man zu einem guten Ende findet."
Was macht ihr denn neben der Band?
Brian: "Neben der Band machen wir nichts anderes. Da fehlt die Zeit."
Wie sieht es mit dem Plattenvertrag bei Equal Vision aus? Eure ersten beiden Singles wurden ja auf Bridge 9 veröffentlicht. War das jetzt was grundlegend anderes?
Wes: "Wir wurden zu einer Vollzeitband und Chris von Bridge 9 ist mit seinem Label eben zu einem Vollzeitlabel geworden. Diese Entwicklung verlief eigentlich parallel. Der Unterschied zu Equal Vision ist aber nicht so riesig."
Brian: "Wir sind in gewisser Weise mit Bridge 9 zusammen gewachsen. Der einzige Unterschied ist, dass wir bei Equal Vision ein bisschen mehr Geld bekommen."
Könnt ihr von der Band leben?
Wes: "Das ist schon ziemlich schwierig. Wenn wir auf Tour sind rechnen wir mit $5 pro Person pro Tag für Essen. Das ist mehr oder weniger gar nichts. Das ist schon hart, aber das ist es wert."
Brian: "Man kann seine Miete bezahlen, viel mehr geht aber nicht."
Zukünftige Veröffentlichungen?
Wes: "Zum einen machen wir eine EP auf Equal Vision; wir werden wohl im Januar die Songs dafür aufnehmen. Dann sind da auch noch zwei Split-Singles, die aufgenommen werden müssen, eine mit KILL YOUR IDOLS und eine mit CONVERGE."
Noch ein paar letzte Worte?
Wes: "Wir sind ziemlich begeistert und froh, hier zu sein und eine tolle Zeit verbringen zu können. Jeder war mehr als freundlich. Wir hatten überhaupt keine Ahnung, was uns hier erwartet, aber es ist wirklich großartig."
Brian: "Ja, das ist einfach eine schöne Erfahrung, wenn man in Europa auf Tour gehen kann."
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