45 Jahre später: DEAD BOYS

Foto

Young Loud And Snotty (LP, Sire, 1977)

FRANKENSTEIN nannten sie sich in Cleveland. Stiv Bators (voc), Cheetah Chrome (gt), Jimmy Zero (gt), Johnny Blitz (dr) und Jeff Magnum (bs) kannten zu der Zeit schon Joey Ramone, und kein Geringerer stellte den Kontakt zum CBGB’s in New York her. Dort spielten sie, ohne Magnum, ihr erstes Konzert als DEAD BOYS, und der Szene in New York gefiel ihr harter und dreckiger Sound, welcher von Bators ordinärer Bühnenshow authentisch vervollständigt wurde. Eines dieser Konzerte ist bei YouTube zu finden: „DEAD BOYS – Live at CBGB’s 1977“. In dem Alter entsprechend guter Qualität ist spätestens hier ersichtlich, was unter dem Begriff „ordinär“ zu verstehen ist. Neben dem bekanntesten und am häufigsten gecoverten Song der Band, „Sonic reducer“ (ursprünglich von Chrome und David Thomas für ROCKET FROM THE TOMBS geschrieben), ist der Song „Caught with the meat in your mouth“ für mich das Highlight des Debüts. Die Mischung aus Spielerischen und Hartem in der Musik spiegelt für mich wider, was für eine Art Punkrock die DEAD BOYS machen. Hilly Kristal war seinerzeit sehr beeindruckt von ihrer Energie und dem Nihilismus, den die DEAD BOYS auf die Bühne gebracht haben, und hat sie eine Zeit lang gemanaget. Der Plattenvertrag bei Sire Records ließ danach nicht mehr lange auf sich warten und damit auch nicht die Veröffentlichung ihres Debütalbums „Young Loud And Snotty“ 1977, das von Genya Ravan produziert wurde und auf dem Bob Clearmountain Bass spielte. Für ihre Tournee war Magnum wieder am Bass dabei. Trotz eines guten Starts in New York brachte das Album nicht den gewünschten Erfolg, und auch ihr zweites Album „We Have Come For Your Children“ konnte die Erwartungen nicht erfüllen. Dazu kam, dass Blitz aufgrund einer Schlägerei in New York fast getötet wurde, weswegen auch sämtliche Konzerte abgesagt werden mussten. Die New Yorker Szene jedoch hielt zusammen und hat zugunsten von Blitz’ Arztkosten ein Benefizkonzert im CBGB’s veranstaltet. Ein Teil der DEAD BOYS-Geschichte ist im Film „CBGB“ (2013) zu sehen, in dem Cheetah Chrome von Rupert Grint und Hilly Kristal von Alan Rickman gespielt wird. Alles in allem ein gelungener Spielfilm mit gutem Soundtrack. Reinschauen lohnt sich, denn er gibt relativ gut wieder, wie die DEAD BOYS unterwegs waren. An dieser Stelle möchte ich aber nicht nur glorifizieren, was die DEAD BOYS so produzierten, zumindest ihre Texte zeigen teilweise eine fragwürdige Haltung zum Thema Sex wie bei Songs wie „All this and more“ oder „Caught with the meat in your mouth“. Zum vierzigjährigen Jubiläum des Debütalbums gab es eine Special Edition von „Young Loud And Snotty“. Das durfte Stiv Bators leider nicht mehr erleben, denn er verstarb 1990 an den Folgen eines Autounfalls in Paris.