40 Jahre später: WALL OF VOODOO

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Call Of The West (LP, I.R.S., 1982)

Der facettenreiche Sound der aus Los Angeles stammenden Formation WALL OF VOODOO um den charismatischen Sänger und Multi-Instrumentalisten Stan Ridgway ist schwer zu fassen: Italowestern-Soundscapes, New Wave, Film Noir, Psychedelic, Krautrock-Schnipsel und experimentell-elektronische Collagen finden Eingang in die Songs. Ridgway war Bewunderer der Produktionen von Phil Spector. Daher rührte auch der Bandname, denn als Ridgway etwas aufgenommen hatte, das als Referenz an Spectors Wall of Sound gedacht war, meinte ein Freund lapidar, dass ihn das bestenfalls an eine „wall of voodoo“ erinnere, womit der Bandname geboren war. Der bis heute bekannteste Song „Mexican radio“ von ihrem zweiten Album „Call Of The West“ ist untrennbar mit der Band verbunden. Gitarrist Marc Moreland (ex-THE SKULLS), der bereits 2002 verstarb, kam die Idee zu diesem Song, als er bei einer Autofahrt mit seinem 1967er Mustang einige mexikanische Radiostationen durchhörte und ihm der Refrain „I’m on a Mexican radio“ einfiel. Diese spezifische Art von Moreland, Gitarre zu spielen, wurde oft als „Twangy Spaghetti Western Style“ bezeichnet. Stan Ridgway nahm sich des Tracks an, fügte den Text hinzu und den markanten Gitarren-Lick, ebenso wie die „Mariachi“-Melodie im mittleren Teil. Der Song ist eine Reminiszenz an die Kultur mexikanischer Radiostationen so wie „Heard it on the X“ von ZZ TOP. Die elaborierten cineastischen Momente von WALL OF VOODOO, die damals für THE RESIDENTS und DEVO als Support spielten, manifestierten sich massiv in Ridgways Songwriting: „Music is more than just chords and notes to me, it has the ability to make pictures in the mind.“ Dabei mag es eine Rolle spielen, das Ridgway aus dem Hinterland von Los Angeles stammte und ihn die Weite des Landes faszinierte, so wie auch Regisseur Sergio Leone, dessen Spaghettiwestern aber überwiegend in Spanien entstanden. Mundharmonika und Westerngitarre waren bewusst gewählte Stilelemente. In der Welt von Stan Ridgway verschmolzen im Songwriting Film, Musik, Kunst und Literatur zu einem Gesamtkunstwerk. Der San Francisco Chronicle schrieb über ihn: „He conjures Burroughs, Bukowski and Brecht.“ Musik und Kunst waren gleichwertig für ihn. Seine Songs müssen für den Hörer visualisierbar sein, ein Film muss geistig im Kopfkino kreiert werden, aber mit dem Anspruch, Unterhaltungswert zu schaffen, oder in seinen Worten: „Mystery and irony are attractive to me but that said, I have no problem with entertainment. Orson Welles was a magician as well as a Shakespearean actor. There’s a certain brilliance to that.“