35 Jahre später: LOVE AND ROCKETS

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Earth • Sun • Moon (LP, Beggars Banquet, 1987)

Mit dem Branding als BAUHAUS-Nachfolgeband kamen die 1985 gegründeten LOVE AND ROCKETS ganz gut zurecht, immerhin waren hier, erstmalig nach deren Auflösung 1983, Daniel Ash (voc, gt, sax), David J (bs, voc) und Kevin Haskins (dr, synth) wieder gemeinsam in einer Band aktiv. BAUHAUS-Sänger Peter Murphy hingegen startete zusammen mit dem JAPAN-Bassisten Mick Karn das Bandprojekt DALIS CAR (1984 erschien das einzige Album „The Waking Hour“), danach folgte seine Solokarriere. Ash hatte außerdem bereits 1982 das Nebenprojekt TONES ON TAIL gegründet. Nach dem BAUHAUS-Split kam auch noch Haskins dazu und 1984 erschien das TONES ON TAIL-Album „Pop“. Musikalisch erweiterten LOVE AND ROCKETS mit jedem Album ihre Klangpalette. Neben den klassischen Bowie-, ROXY MUSIC-, Glam-, Psychedelic- und Post-Punk-Elementen gab es immer mehr Pop-Einflüsse. Die erste LOVE AND ROCKETS-Single enthielt 1985 eine Coverversion des Motown-Klassikers „Ball of confusion“ von TEMPTATIONS. Nach dem sieben Songs umfassenden Debütalbum „Seventh Dream Of Teenage Heaven“ (1985) und „Express“ (1986, mit acht Songs) folgte 1987 „Earth • Sun • Moon“, mit einem sehr großen Anteil an akustischen Instrumenten und insgesamt elf Tracks. Die düsteren Gothic-Anklänge bei „Mirror people“, den schon fast poppigen Ohrwurm „No new tale to tell“, das an XTC-erinnernde „Here on earth“ sowie den Glamrocker „Lazy“ einmal außer Acht gelassen, dominieren hier vor allem die ruhigeren und sanfteren Klänge. Synthesizer, Saxophon und Gitarre sind die prägenden Instrumente und drücken Balladen wie „Waiting for the flood“, „Rain bird“ oder „Everybody wants to go to heaven“ ihren Stempel auf. Fast schon könnte man sagen, LOVE AND ROCKETS schaffen es hier, in jedem Stück einen anderen Stil zu verwenden beziehungsweise eine andere Klangfarbe. Ein Kunstwerk gelang ihnen aber erst mit dem nächsten Album „Love And Rockets“ (1989) unter anderem mit dem Hit „So alive“ (Platz drei in den Billboard Charts). Nach einer mehrjährigen Bandpause habe ich LOVE AND ROCKETS dann auch aus den Augen und Ohren verloren, denn die Band orientierte sich immer mehr in Richtung elektronische Musik – mit den House-Klängen auf dem 1998 veröffentlichten Album „Lift“ konnte ich gar nichts mehr anfangen. So fasziniert, wie ich damals noch von verschiedenen Stimmungen auf „Earth • Sun • Moon“ war, bin ich heute, 35 Jahre später, nicht mehr. Es gibt Platten, die bleiben in ihrer Bedeutung gleich, andere wiederum bekommen, mit etwas Abstand, einen ganz neuen, zusätzlichen Aspekt und dann gibt es eben auch diese, die irgendwie weggerutscht sind und bei denen man sich rückblickend fragt, was hat einen damals nur so daran gefesselt?