30 Jahre später: SHORTY

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Thumb Days (LP/CD, Gasoline Boost, 1993)

Die Anfänge von SHORTY – bestehend aus Al Johnson (voc), Mark Shippy (gt), Luke Frantom (bs), Todd Lamparelli (dr) – lassen sich ins Jahr 1986 ins ländliche Illinois zurückverfolgen, bis sie sich schließlich nach zig Umbesetzungen und Namenswechseln in genau dieser Besetzung in einem Chicagoer Studio mit Steve Albini als Produzenten und auf einer Europatour mit TAR (mit deren Gitarristen John Mohr sie befreundet waren) wiederfanden. Hierzulande wurde dann René Herbst auf sie aufmerksam, der beschloss, ihr Debütalbum auf seinem Label Gasoline Boost zu veröffentlichen, woraufhin dann Mark Fischer von Skin Graft die Band auch in den USA herausbrachte. All diese trockenen Fakten könnten auch nicht weniger trocken nur annähernd den galoppierenden Irrsinn wiedergeben, der hier auf Platte gepresst vorliegt. Der Opener „Skirts and heels“ lässt mit seinem leiernden Gitarrenriff, das in einen eigenartig zwingenden Groove übergeht, und Johnsons prägnantem „Gesang“, der auf einer Hundestimmenskala zwischen „wütendem Geknurre“ und „Bernhardiner, der den Mond anheult“ oszilliert, gleich mal erahnen, dass dies eher was für Menschen mit speziellem Musikgeschmack ist. Es gibt schräg klingendes jazziges Gefrickel mit abrupten Rhythmuswechseln und genauso seltsamen Pogoparts, so dass das halbwegs geradlinige „Rocket man, rocket man“ – der „Hit“ der Platte – in diesem Umfeld fast schon deplatziert wirkt. Da Anfang der Neunziger gerne mal politisch unkorrekt provoziert wurde, soll auch nicht verschwiegen werden, dass einer der Songs auch das N-Wort im Titel trägt („N*****hat“); da mir die Hintergründe hierzu nicht bekannt sind, ich mir aber sicher bin, dass Albini keine Rassisten produzieren würde, muss man das mal so hinnehmen. Die Texte bestehen fast alle nur aus wenigen Worten oder drei bis vier Zeilen, die als Stilmittel ständig wiederholt und stimmlich variiert werden, wobei die Aussagen zumeist, gelinde gesagt, rätselhaft bleiben („My dung is presto, my dung is a bad, bad dog“). Angeblich beziehen sie sich allerdings auf Comicfiguren aus dem Skin Graft-Universum; so ist Coopie von der Single „Coopie and me“ (mit einem unfassbar durchgeknallten Dachschadenvideo dazu) wohl die freundliche Küchenschabe von der Innenhülle. SHORTY lösten sich leider schon nach zwei Alben wieder auf, (die Nachfolgeband US MAPLE ist komplett unhörbarer Weirdokram und mir zu langweilig), so dass man nach „Thumb Days“ auf Platte mittlerweile schon eine Weile suchen muss; zum Glück gibt es aber eine wundervolle Erfindung namens „Internet“, wo man zumindest mal reinhören kann. Oder man wendet sich an Armin von X-Mist, der die LP 2012 neu aufgelegt hat.